Welche Rechtsgrundlagen muss das Hinweisschild einer Videoüberwachung enthalten?

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Viele Personen und Unternehmen greifen zum Schutz Ihrer Grundstücke und Anlagen auf eine Videoüberwachung zurück.


Spätestens seit Inkraftreten der DSGVO im Mai 2018 finden sich daher an zahlreichen Zufahrtstoren, Eingangstüren und Zuwegungen solche oder ähnliche Hinweisschilder auf eingesetzte Videoüberwachungen:


Im Feld zu den Zwecken der Datenverarbeitung werden häufig Angaben gemacht wie z.B.:

  • Wahrnehmung des Hausrechts,
  • Prävention und Verhinderung sowie Aufklärung von Straftaten,
  • Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen,
  • Diebstahl- und Einbruchsprävention.

Als Rechtsgrundlage der Videoüberwachung wird dann Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO angeführt. Die Videoüberwachung erfolgt in der Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen. Diese Interessen überwiegen mit Blick auf die angeführten Zwecke grundsätzlich auch das Recht des Überwachten daran, nicht gefilmt zu werden (im Einzelfall kommt es hier zusätzlich auf die weiteren Details der Überwachung, z.B. auf die Speicherdauer der Überwachung an). 

Weitere Rechtsgrundlagen werden regelmäßig nicht angeführt. Zutreffend ist dies mit Blick auf § 4 BDSG oder landesrechtliche Vorschriften, die öffentliche Räume oder Behörden betreffen. Für (Betriebs-)Grundstücke, die Eigentum eines Unternehmens oder einer Privatperson sind, gelangt § 4 BDSG nicht zur Anwendung.

Allerdings fehlt in nahezu allen Hinweisschilden einer Videoüberwachung die Rechtsgrundlage des Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO.

Art. 9 Abs. 1 DSGVO definiert Daten, aus denen die rassistische, ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse oder weltanschauliche Überzeugung oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen sowie biometrische und genetische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung als besondere Kategorien personenbezogener Daten. Zugleich untersagt Art. 9 Abs. 1 DSGVO deren Verarbeitung, außer es greift eine der in Art. 9 Abs. 2 DSGVO normierten Rechtsgrundlagen.

Warum ist nun die Angabe von Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO als Rechtsgrundlage bei der Videoüberwachung erforderlich?

Im Zuge der Videoüberwachung ist nicht auszuschließen, sondern eher sehr wahrscheinlich, dass im Laufe der Zeit z.B. Brillenträger, Menschen im Rollstuhl oder Menschen mit offensichtlichen Behinderungen oder Einschränkungen sowie Menschen mit Kopftüchern von der Videoüberwachung erfasst werden.

Zudem ist es ebenso möglich, dass die Videoüberwachung eine Demonstration oder einen Streik aufzeichnet, bei dem die Gewerkschaftszugehörigkeit oder politische Überzeugung der gefilmten Teilnehmer aufgezeichnet wird.

Nicht auszuschließen ist ferner, dass Personen gefilmt werden, die an ihrer Kleidung oder an Taschen/Rucksäcken etc. Aufnäher angebracht haben, aus denen ihre politische oder religiöse bzw. weltanschauliche Meinung/Haltung hervorgeht.

Natürlich ist es durchaus spitzfindig zu behaupten, es läge eine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten vor, wenn ein Brillenträger beim Betreten eines Betriebsgrundstücks gefilmt wird. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner sog. „Meta Platforms“-Entscheidung vom 04.07.2023, Az.: C-252/21 genau dies anklingen lassen.

Nach Ansicht des EuGH ist Art. 9 DSGVO nämlich immer dann anzuwenden, wenn demjeningen, der die Videoüberwachung zu verantworten hat, die Möglichkeit eröffnet wird, besondere Kategorien personenbezogener Daten zu verarbeiten - also selbst dann, wenn die Videoüberwachung gar nicht erfolgt, um besondere Kategorien personenbezogener Daten zu verarbeiten, sondern nur, weil zufällig ein Brillenträger oder ein Demonstrationszug vorbeikam.

Zwar wird in der juristischen Literatur und unter den datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden durchaus auch das Gegenteil vertreten und davon ausgegangen, bei Videoüberwachung eines Brillenträger läge grds. keine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten vor. Denn es gehe dem Unternehmen mit der Videoüberwachung um den eigenen Schutz und Prävention. Dennoch ist allen Personen / Unternehmen, welche eine Videoüberwachung im Einsatz haben aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit zu empfehlen, Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO als Rechtsgrundlage in das Hinweisschild zur Videoüberwachung aufzunehmen. 

Handlungsempfehlung:

Unternehmen / Personen, die eine Videoüberwachung einsetzen, sollten die Angaben der Zwecke und Rechtsgrundlagen im Hinweisschild überprüfen. Soweit die Videoüberwachung dem Zweck der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen (z.B. Hausrecht/Diebstahl- und Einbruchsprävention) dient ist zu empfehlen, neben Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO ergänzent auch Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO anzuführen.

Da allerdings nicht hauptsächlich besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden - es werden schließlich nicht ausschließlich Brillenträger gefilmt - empfehle ich eine einschränkende Formulierung, z.B.:

"Rechtsgrundlage ist außerdem Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO soweit besondere kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden."


In allen Fragen und zu Details einer geplanten/eingesetzten Videoüberwachung können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden.

www.rechtsanwalt-luers.de


Foto(s): https://www.lda.bayern.de/media/muster/video_hinweis.pdf

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