Werben mit "Vorher-Nachher-Bildern" – Erlaubt?

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Das OLG Koblenz hatte zu entscheiden, ob die obenstehende Illustration gegen das Heilmittelwerbegesetz verstößt.


Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern ist in der ästhetisch-plastischen Chirurgie ein heiß diskutiertes Thema. Diese vergleichenden Darstellungen des Körperzustandes vor und nach einem Eingriff sind nach § 11 HWG grundsätzlich verboten - Doch was genau ist erlaubt und was nicht? Ein aktuelles Urteil des OLG Koblenz hat klargestellt, dass sogar Avatare unter dieses Verbot fallen. Erfahren Sie, welche Fallstricke und Möglichkeiten es gibt.


Worum geht es?

Als „Vorher-Nachher-Bilder“ werden „vergleichende Darstellungen des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff“ bezeichnet, § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG).

Konkret heißt es in § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG auszugsweise:

„Ferner darf für die (…) genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht wie folgt geworben werden:

           1. mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des                           Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff (…).“


Das ist eine sog. Marktverhaltensregelung.


Zweck der Vorschrift?

Wozu dient dieses Werbeverbot? Die Rechtsprechung zeigt, dass das Werbeverbot vor allem dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient.

Die konkreten Gründe sind unter anderem:

  1. Es soll kein Anreiz durch vergleichende Darstellungen geschaffen werden, einen medizinisch nicht notwendigen (schönheitschirurgischen) Eingriff vorzunehmen.
  2. Es soll einer unsachlichen Beeinflussung entgegengewirkt werden – die dargestellten                   Ergebnisse können irreführend sein und unrealistische Erwartungen wecken.


Wann gilt das Verbot?

  1. Es muss sich um einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff zur Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit handeln.
  2. Es muss eine „Darstellung“ vorliegen.


Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem Urteil vom 23. April 2024 (Az. 9 U 1097/23) entschieden, dass auch Darstellungen mittels Avataren in den Anwendungsbereich der Verbotsnorm fallen. In diesem Fall wurde mittels eines Avatars für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure geworben, wobei die Avatar-Darstellung- siehe Titelbild - zeigte, wie die Lippen gleichmäßig vergrößert werden.


Das Gericht stellte fest:

  • Bei einer Lippenunterspritzung handelt es sich um einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff, da dieser eine gestaltverändernde Wirkung hat – die Nutzung eines Skalpells o.Ä. ist keine Voraussetzung für einen „Eingriff“ im Sinne des HWG.
  • Der Begriff der „Darstellungen“ umfasst auch Avatare als schematische Darstellungen, da darunter sämtliche visuell wahrnehmbaren Abbildungen fallen. Eine Einschränkung etwa auf Fotos ergibt sich aus dem Wortlaut nicht.
  • Der Zweck der Verbotsnorm erfordert ebenfalls keine einschränkende Auslegung, da auch ein Avatar einen Anreiz schaffen könnte, sich einem solchen Eingriff zu unterziehen.


Gibt es Ausnahmen?

Wenig bekannt, aber aus dem Gesetz ableitbar: Das Werben mit Vorher-Nachher-Bildern ist grundsätzlich verboten, jedoch nicht die Beratung damit. Das bedeutet: Im Rahmen eines präoperativen persönlichen Beratungsgespräches ist es erlaubt, die Wirkungen der Behandlung durch die Vorlage vergleichender Bilder zu verdeutlichen!


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Foto(s): Frank Beer

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