Widerruf von Immobiliendarlehen - BGH schafft Klarheit

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Derzeit sind die Zinsen niedrig. Wer sich also derzeit verschulden möchte, erwischt den richtigen Zeitpunkt.

Wer allerdings bereits ein Immobiliardarlehen in den letzten Jahren zu höheren Zinsen aufgenommen hat, kann von den aktuell günstigen Zinsen nicht profitieren, da sein Vertrag in der Regel noch einige Zeit läuft. Natürlich kann ein „Häuslebauer“ sein Darlehen kündigen, um anschließend sein Darlehen zu einem aktuell, niedrigeren Zinssatz umzuschulden. Allerdings wird die Bank, die das Darlehen vergeben hat, diese Kündigung nur akzeptieren, wenn der Darlehensnehmer sie für den entgangenen Zinsgewinn entschädigt. Und dann macht diese vom Verbraucher zu zahlende sog. Vorfälligkeitsentschädigung den Zinsvorteil zunichte.

70-80% aller Widerrufsbelehrungen von privaten Baufinanzierungsverträgen aus den Jahren 2002-2010 sind rechtsfehlerhaft“

„Aber es gibt eine Möglichkeit, seinen alten Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden, um ein neues Darlehen zu den aktuell günstigen Zinskonditionen abzuschließen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung an seine alte Bank zahlen zu müssen“, so Rechtsanwalt Christian-Albrecht Kurdum, spezialisiert u.a. auf bank- und immobilienrechtliche Fragestellungen bei der Kanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte in Berlin. Dieser Weg kommt vor allem für Darlehensnehmer in Frage, die zwischen Ende 2002 und Mitte 2010 ein Immobiliendarlehen aufgenommen haben.

„Hintergrund dieser Überlegung ist“, so Rechtsanwalt Kurdum weiter, „dass zu jedem Verbraucherkreditvertrag eine Widerrufsbelehrung gehört. Darin wird einem Darlehensnehmer erklärt, dass er seine Unterschrift unter den Darlehensvertrag binnen zwei Wochen widerrufen kann. Die Widerrufsbelehrung muss eine bestimmte Form haben, um wirksam zu sein. 2002 traten gesetzliche Neuerungen in Kraft, die auch das Widerrufsrecht geändert haben. Daraufhin haben die Banken ihre Widerrufsbelehrungen angepasst und dabei fast immer formelle Fehler gemacht. Und wegen dieser Fehler endet die Frist zum Widerruf bis heute nicht, so dass viele Verbraucher noch viele Jahre nach Vertragsschluss einen Kredit widerrufen und damit ihr Darlehen vorzeitig auflösen können. Der Widerruf des Darlehensvertrags kann dabei jederzeit erklärt werden.

Mit einem wirksamen Widerruf ersparen Sie sich die Vorfälligkeitsentschädigung“

Ein betroffener Verbraucher muss also seinen laufenden Vertrag nicht kündigen, er kann ihn einfach widerrufen. Dann wird das Geschäft rückabgewickelt. In der Praxis rechnet die Bank das Darlehen auf den aktuellen Zeitpunkt hin ab. Dieser errechnete Betrag ist dann die Umschuldungssumme.

Rechtsanwalt Kurdum weiter: „Der Bundesgerichtshof hat zudem jüngst in einem Beschluss vom 22. 09.2015 Klarheit über die genaue Rückrechnung eines solchen widerrufenen Darlehens geschaffen.

So muss zunächst keine Vorfälligkeitsentschädigung bei Ablösung bezahlt werden, was einen Zinsvorteil für den Darlehensnehmer mit sich bringt.

Weiterhin sind die beiderseits erbrachten Leistungen zurückzugewähren und gegenseitig gezogene Nutzungen herauszugeben.

Der Darlehensgeber, also die Bank, kann also die Rückzahlung der gesamten Valuta (ohne Abzug von Tilgungsleistungen) zuzüglich Zinsen auf den jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil fordern. Der Zinssatz entspricht hierbei in der Regel dem vertraglichen Sollzinssatz.7

Der Darlehensnehmer kann alle geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordern. Hierbei kann der Darlehensnehmer zusätzlich von der Bank gezogene Nutzungen (auf die gesamten Zins- und Tilgungsleistungen) im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechnet ab dem jeweiligen Zahlungsdatum fordern.

Diese wechselseitigen Verpflichtungen werden im Ergebnis wirtschaftlich miteinander verrechnet.

Der mathematische Vorteil wird hierbei deutlich: Ein wirksamer Widerruf hat daher – insbesondere bei älteren Darlehen mit hoch vereinbartem Vertragszins – zur Folge, dass ein Zinsvorteil bei der Aufrechnung sowie ein Zinsvorteil bei der Ablösung über eine Refinanzierung zu günstigeren Zinsen möglich sind.

In Kürze – folgende Vorteile kann daher ein wirksamer Widerruf mit sich bringen:

  • Keine Vorfälligkeitsentschädigung
  • Die Darlehenssumme wird gegebenenfalls mit dem marktüblichen Zinssatz verzinst, begrenzt durch den vereinbarten Sollzins. Dadurch ergibt sich regelmäßig eine geringere Restschuld.
  • Verzinsung der eigenen Tilgungs– und Zinszahlungen an die Bank.
  • Niedrigerer Zinssatz für ein gegebenenfalls notwendiges Folgedarlehen, sofern der Zins­satz des Darlehens höher war, als das aktuelle Zinsniveau.
  • Sofortiger Ausstieg aus dem Darlehensvertrag.“

Bei einem wirksamen Widerruf müssen Sie auch rückwirkend nur die (niedrigeren) Marktzinsen zahlen – eine weitere Ersparnis teilweise nochmals in Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung“

Rechtsanwalt Kurdum zudem: „Wir beobachten bei den Anfragen an unsere Kanzlei, dass die Ratsuchenden von der Thematik „Ersparnis der Vorfälligkeitsentschädigung bei Widerruf“ bereits gehört haben. Ein Verbraucher sollte bei seinen Überlegungen wissen, dass es bereits viele einschlägige positive Gerichtsentscheidungen zugunsten von Verbrauchern gibt. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits aufgezeigt, dass rein formale Fehler genügen, um einen Vertrag zu widerrufen. Insbesondere muss ein Verbraucher keinen kausalen Zusammenhang zwischen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und dem Abschluss eines Kreditvertrags nachweisen.“

Rechtsanwalt Kurdum schätzt, dass 70-80% aller Banken und Sparkassen in den Jahren 2002 bis 2010 falsch formulierte Widerrufsbelehrungen verwendet haben. Zwar könnten die Banken die Schwachpunkte in ihren älteren Widerrufsbelehrungen beseitigen, wenn sie ihren Kunden nachbelehren. Wenn also eine Bank einem Kunden eine neue, korrekt formulierte Widerrufsbelehrung vorlegt und der Kunde binnen eines Monats nicht widerruft, ist der Vertrag später nicht mehr angreifbar. „Dies tun die Banken allerdings in der Praxis nicht“, so Rechtsanwalt Kurdum weiter, „wohl um nicht die Pferde scheu zu machen.“

Wer aus einem solchen Immobiliardarlehen aussteigen möchte, sollte anwaltlichen Rat zu Hilfe nehmen. Denn in der Praxis muß man jeden Darlehensvertrag und jede Widerrufsbelehrung individuell prüfen, ob da tatsächlich Fehler drin stecken. Diese Aufgabe kann nur ein spezialisierter Rechtsanwalt für den Mandanten übernehmen, zumal Banken auf einfache Kundenbriefe erfahrungsgemäß nicht reagieren. Bei anwaltlicher Unterstützung allerdings schrecken viele Banken in der Regel vor einem Prozess zurück und stimmen einer außergerichtlichen Einigung zu. „Und bei Darlehenssummen von 250.000 Euro kommt schon ein fünfstelliger Betrag zusammen“.

Wichtig: Ein Darlehensnehmer muss außerdem eine Anschlussfinanzierung in der Hinterhand haben, wenn er einen Darlehensvertrag widerrufen möchte. Stimmt die Bank nämlich der Auflösung des Vertrags zu, hat sie Anspruch darauf, binnen 30 Tagen die ausstehende Darlehenssumme zu erhalten. Die wenigsten Institute wollen nämlich einen solchen Kunden behalten. „Insofern sollte es sich schon um größere Summen handeln, andernfalls lohnt sich der Kampf nicht“, so Rechtsanwalt Kurdum.

Betroffene einer bankseitig ausgesprochenen Kündigung der Baufinanzierung sollten ihre rechtlichen Möglichkeiten durch eine spezialisierte Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen lassen, Dr. Späth & Partner beraten Sie gerne.

Seit dem Jahr 2002 und somit seit über 13 Jahren betreuen Dr. Späth & Partner erfolgreich geschädigte Kapitalanleger.

Wenn Sie mehr über Ihre Rechte als Geschädigter erfahren möchten, so senden Sie uns bitte eine E-Mail an kurdum@dr-spaeth.com mit der Angabe Ihres Namens, Anschrift, E-Mail, Telefonnummer und der von Ihnen gehaltenen Investition. Gerne können Sie uns auch postalisch, per Telefon oder per Fax kontaktieren. Wir versichern anwaltlich, dass wir Ihre Informationen vertraulich behandeln werden.

Kontakt:

Rechtsanwalt Christian-Albrecht Kurdum, CEFA


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