Widerrufsfrist muss bei Verbraucherkreditverträgen klar und prägnant sein

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Von Rechtsanwältin & Steuerberaterin Elisa Roggendorff und Dr. Marc Laukemann

Ist es Verbrauchern zumutbar die Modalitäten der Berechnung der Widerrufsfrist aus mehreren Vorschriften in verschiedenen Gesetzen zu ermitteln?

Nein, hat der EuGH, von der Corona Krise fast überschattet, festgestellt. Der BGH hatte noch 2016 entschieden, dass der sogenannte „Kaskadenverweis“ zulässig ist. Mit Kaskadenverweis wird der Verweisung gemäß § 492 Abs. 2 BGB auf Artikel 247 §§ 6- 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetz und von dort zurück in das Bürgerliche Gesetzbuch bezeichnet. Viele Verbraucherkreditverträge verweisen auf § 492 Abs. 2 BGB: Nach Schätzungen sind Autokredit- und Leasingverträge mit einem immensen Kreditvolumen von Euro 3,5 Milliarden betroffen.

Grundsätzlich steht Darlehensnehmern bei einem Verbraucherkreditvertrag ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB nur innerhalb von 14 Tagen zu. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verbraucher die vollständigen Pflichtangaben gemäß VerbraucherKreditRichtlinie erhält. Im oben genannten Fall, den der EuGH zu entscheiden hatte, wurden hinsichtlich der Pflichtangaben auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen, der seinerseits auf Vorschriften des EGBGB verweist. Seit dem Juni 2010 findet sich die Formulierung, die der EuGH nun als nicht klar und prägnant eingestuft hat, um die 14 tägige Widerrufsfrist beginnen zu lassen in Musterverträge: Bei Allgemeinen Verbraucherdarlehensverträgen finden sich die Kaskadenverweisung bis heute in Musterverträgen.

Checkliste: Voraussetzungen der Widerrufsmöglichkeit

1.  Zeitlich

Vertragsschluss nach dem 11.06.2010.

2. Inhaltlich

Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsbelehrung mit der Formulierung, dass die Widerrufsfrist "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach §492 Abs. 2 BGB erhalten hat" zu laufen beginnt.

3. Finanziell

Bei Verbraucherkrediten: Beachtliche Restlaufzeit

Bei Immobilienkrediten: hohe Vorfälligkeitsentschädigung oder Ausstiegswunsch aus zu teurerem Kreditvertrag

4. Funktionell

Kein Verbrauch durch bereits erklärten Widerspruch

5. Chancen

Der Widerruf ermöglicht es den betroffenen Verbrauchern sich von einem ungeliebten Kreditvertrag zu trennen, beispielsweise, weil ein Dieselfahrzeug oder ein „Montagswagen“ zurückgegeben werden kann.

6. Risiken

  • Zinsen sind der Bank trotzdem zu zahlen, soweit das vertraglich vereinbart ist
  • Auch ist wohl nach überwiegenden Rechtsprechung Wertersatz für die gefahrenen Kilometer zu zahlen. Die Berechnung ist kompliziert: Die gefahrenen Kilometer jedoch werden mit dem Bruttokaufpreis des Fahrzeugs multipliziert und durch die zu erwartende Restlaufleistung des Fahrzeuges (zum Zeitpunkt des Kaufes) dividiert. Sind Sie also bis zum Widerruf 50.000 Kilometer mit dem Auto gefahren und hat das Auto 10.000 Euro gekostet, müssten Sie nach Berechnungen der Verbraucherschutzzentrale bei einer anfangs erwarteten Restlaufleistung von 100.000 Kilometern 5000 Euro Wertersatz für die Nutzung zahlen
  • Hohe Prozesskosten, da die Rechtslage unklar ist und hoher Zeitaufwand

Gerne prüfen wir für Sie in einem Schnellcheck, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist und Sie auf der Basis der EuGH-Rechtsprechung den Darlehensvertrag widerrufen können.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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