Wie sollte ich mich nach Erhalt eines Strafbefehls verhalten? – Fachanwalt für Strafrecht informiert

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Zunächst mag sich wundern, wer einen Brief im gelben Umschlag in seinem Postkasten entdeckt. Der Aufdruck „Förmliche Zustellung“ mag mitunter schon verunsichern. Spätestens aber der Begriff „Strafbefehl“ auf dem innenliegenden Papier sorgt für Erschrecken. Durch einen Strafbefehl kann eine Strafe verhängt werden, die – wenn kein Einspruch eingelegt wird – genauso rechtskräftig ist wie ein Urteil.

Was ist ein Strafbefehl? Ablauf des Strafbefehlsverfahren

Der Höhepunkt eines Strafverfahrens ist in der Regel die mündliche Hauptverhandlung. Hier treffen Gericht, Staatsanwaltschaft, Angeklagter und dessen Verteidigung im Gerichtssaal aufeinander und verhandeln mündlich die Strafsache. Dieser typische, auch allgemein bekannte Ablauf ist jedoch nicht zwingend.

Eine Strafe kann auch im Rahmen des sog. Strafbefehlsverfahrens ergehen. Das bedeutet aus Sicht des Angeklagten: Er erhält nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens einen Brief zugestellt, in dem neben Tatvorwurf, Beweismitteln und dergleichen auch die deshalb festgesetzte Strafe mitgeteilt wird. Zu einer mündlichen Hauptverhandlung ist es dann nicht gekommen und wird es grundsätzlich auch nicht mehr. Diese Art des Verfahrens kommt vor allem bei kleinerer Kriminalität („Schwarzfahren“, Beleidigung, …) zur Anwendung. Auf der Hand liegt: Das Verfahren brilliert durch seine hohe Verfahrensökonomie. Vorbereitung und Durchführung einer Hauptverhandlung sind nicht nur für das Gericht und die Staatsanwaltschaft, sondern auch für Beschuldigten und dessen Verteidigung zeit- und kostspielig. Mitunter ist es auch im Sinne des Beschuldigten, eine (zumeist öffentliche) Hauptverhandlung zu vermeiden und die Strafe zu akzeptieren, um die Sache zügig „vom Tisch zu haben“.

Der Betroffene kann sich binnen einer (recht kurz bemessenen) Frist gegen den Strafbefehl wehren und damit eine mündliche Hauptverhandlung herbeiführen (dazu sogleich) oder untätig bleiben. In letzterem Fall erlangt der Strafbefehl Rechtskraft.

Welche Strafe kann durch einen Strafbefehl erlassen werden?

Durch Strafbefehl kann nicht jede denkbare Strafe erlassen werden. Es widerspräche schon dem zutreffenden Rechtsgefühl der Allgemeinheit, wenn so beispielsweise eine mehrjährige Haftstrafe mal eben ohne Verhandlung zu Gericht entschieden und per Post dem vorher nie angehörten Angeklagten mitgeteilt würde.


Nur folgende Strafen können durch Strafbefehl erlassen werden:

  • Geldstrafe mit bis zu 360 Tagessätzen,
  • Fahrverbot,
  • Einziehung der Fahrerlaubnis, wobei die Sperre nicht mehr als zwei Jahre dauert,
  • Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, wenn deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird und der Betroffene anwaltlich vertreten ist.


In der Praxis kommen am häufigsten Geldstrafen durch Strafbefehl vor.

Wie kommt es zum Strafbefehl?

Ausgangspunkt ist der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls beim Amtsgericht. Dazu hat die Staatsanwaltschaft vorher Ermittlungen durchgeführt und hält eine mündliche Hauptverhandlung für nicht erforderlich. Der zuständige Richter nimmt neben dem Antrag die Akte zur Kenntnis und verschafft sich über ihren Inhalt ein eigenes Bild. Hält der Richter den Angeklagten nicht für hinreichend verdächtig, so lehnt der den Antrag ab und erlässt keinen Strafbefehl. Hat er Bedenken, ohne eine mündliche Hauptverhandlung den Fall zu entscheiden, beraumt er eine solche an. Kommt er jedoch dazu, dem Antrag zu entsprechen, erlässt der den Strafbefehl und veranlasst die Zustellung an den Betroffenen.

Wie kann man sich gegen einen Strafbefehl wehren?

Mit Erhalt des Strafbefehls muss der Betroffene für sich entscheiden, ob er den Strafbefehl „akzeptiert“ und untätig bleibt oder Einspruch einlegt und damit grundsätzlich eine mündliche Verhandlung herbeiführt. Dabei ist zu beachten, dass das Gericht den Beschuldigten nicht für schuldig halten muss, um einen Strafbefehl auszustellen. Es genügt, wenn das Gericht es nach Aktenlage für wahrscheinlich hält, der Beschuldigte sei schuldig. Deshalb kann ein Einspruch gegen einen Strafbefehl auch sinnvoll sein und oft gute Erfolgsaussichten haben.


Erwägungen zur Frage, ob ein Einspruch sinnvoll ist, können beispielhaft sein:

  • Wenn die vorgeworfene Tat begangen und bewiesen wurde: Ist die Strafe mild und verschlimmert sich möglicherweise durch eine Hauptverhandlung?
  • Soll die zumeist öffentliche Hauptverhandlung und damit ggf. einhergehende Aufregung oder Medienwirksamkeit vermieden werden?
  • Was folgen für berufsrechtliche Konsequenzen aus der Strafe (Entfall der Zulassung für Ärzte/Anwälte, Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis oder das BZRG, Einfluss auf das Beamtenverhältnis und Pensionsansprüche, …)?
  • Können durch Beweismittelanträge/ zu befragende Zeugen entlastende Tatsachen vorgetragen werden?


Im Endeffekt kann hier aber keine pauschale Antwort und erst Recht keine „Checkliste“ dargelegt werden, wann Sie Einspruch einlegen sollten und wann nicht. Das ist höchst individuell. Daher empfiehlt es sich, sich an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden, wenn man einen Strafbefehl erhalten hat. Der Strafverteidiger wird dann nach Analyse der Ermittlungsakten mit Ihnen besprechen, ob es in Ihrem Fall sinnvoll wäre, einen Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen.

Wie lange kann man gegen einen Strafbefehl Einspruch einlegen?

Nur in einem engen Zeitfenster kann man Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegen. Dieser kann bis spätestens zwei Wochen ab Zustellung des Strafbefehls schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts eingelegt werden (§ 410 Abs.2 StPO). Nach diesem Zeitraum ist das grundsätzlich nicht mehr möglich. Daher ist es auch zu empfehlen, den gelben Umschlag, in dem der Strafbefehl zugestellt wird, gut aufzubewahren. Auf ihm verzeichnet der Bote, wann er den Brief eingeworfen hat. Dieser Zeitpunkt ist für die Fristberechnung maßgeblich.


Auch ist es möglich, den Einspruch zu beschränken (§ 410 Abs.2 StPO). Das kann sinnvoll sein, wenn zB nur die Höhe der Tagessätze einer Geldstrafe angegriffen werden soll.

Dem liegt zugrunde: Geldstrafen werden nach einer bestimmten Anzahl an Tagessätzen erlassen, wobei ein Tagessatz das Dreißigstel des Monatseinkommens des Bestraften ist. Den Tagessatz setzt das Gericht fest, nicht selten aufgrund von Schätzungen. Die Summe der Geldstrafe ergibt sich dann durch Multiplikation von Tagessätzen und festgesetzter Tagessatzhöhe.

Beispiel: Der Täter verdient monatlich 2.000 € und gegen ihn wird eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je (2.000/30 =) 66,66 € verhängt; die Gesamtstrafe beträgt nun (90 x 66,66 € =) 6.000 €. Ist nun der gemachte Tatvorwurf nachweislich zutreffend und wurde den Tagessätzen nach eine milde Strafe verhängt, kann es sich empfehlen, den Einspruch isoliert auf die Höhe der Tagessätze einzulegen, wenn zB durch Verdienstabrechnungen ein niedrigeres Einkommen belegt werden kann. Würde der Einspruch in diesem Fall nicht auf die Tagessatzhöhe beschränkt, „läge wieder alles auf dem Tisch“. Der über den Einspruch entscheidende Richter ist nämlich nicht an die „Vorgaben“ des Strafbefehls gebunden (§ 411 Abs.4 StPO). Das Urteil kann also auch für den Beschuldigten schlechter ausfallen als es im Strafbefehl zunächst festgesetzt war. Gerade im Hinblick auf diesen Aspekt kann es Sinn machen, den Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte zu beschränken. Die Bindung an die Festsetzungen im Strafbefehl tritt nämlich für diejenigen Beschwerdepunkte ein, auf die sich der Einspruch nicht bezieht.



Es zeigt sich: Das Verfahren bis zu einem Strafbefehl ist ungewohnt. Man kann entweder gar nicht, voll oder nur beschränkt gegen die Maßnahme vorgehen. Erneut sei auf die Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Strafbefehls hingewiesen, danach ist grundsätzlich kein Einspruch mehr möglich. Es empfiehlt sich daher, einen erfahrenen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Angelegenheit zu betrauen. Sein geschultes Auge kann die Lage rasch erfassen und er kann Sie bestmöglich im Umgang mit dem Strafbefehl beraten.

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