Wie viel Schadensersatz steht den Betroffenen eines Behandlungsfehlers zu?

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Nicht immer bringt eine Operation oder eine ärztliche Behandlung den gewünschten Heilungserfolg. In Situationen, in denen eine medizinische Maßnahme nicht den erhofften Genesungseffekt herbeiführt, stellt sich oftmals die Frage nach der Zurechenbarkeit eines Behandlungsfehlers. Betroffene stehen vor der Herausforderung, zu ermitteln, ob ihr unveränderter oder verschlechterter Gesundheitszustand die Folge eines fehlerhaften ärztlichen Vorgehens ist. 

Ist das gelungen, bleibt die schwierige Frage, wie sich das erlittene und häufig auch künftige Leid durch eine Schadensersatzzahlung "kompensieren" lässt. Dabei spielt neben dem Zeitpunkt der Zahlung insbesondere die Höhe eine maßgebliche Rolle.

Die Quantifizierung des Schmerzensgeldes in Fällen von Behandlungsfehlern ist gesetzlich nicht exakt festgelegt. Stattdessen erfolgt die Bemessung individuell, basierend auf diversen Parametern wie der Schwere des körperlichen oder seelischen Leids, der Dauer der medizinischen Intervention, dem Auftreten chronischer Schmerzsymptomatik, der Tragweite eventueller Langzeitfolgen sowie der Häufigkeit erforderlicher Krankenhausaufenthalte. Rechtsprechungen können dabei als Richtlinien für die Einschätzung der Schmerzensgeldhöhe herangezogen werden.

Beispielsweise sprach das Landgericht Limburg in einem Fall (Az. 1 O 45/15) einem einjährigen Kind eine Million Euro als Entschädigung für einen Behandlungsfehler zu. Das Kind hatte sich an Apfelstücken, die es unter Aufsicht des medizinischen Personals konsumiert hatte, verschluckt und erlitt infolge einer unzureichenden Sauerstoffversorgung gravierende Hirnschäden. Der Gerichtshof bemängelte, dass die Einsetzung eines Venenkatheters hätte bis nach der Nahrungsaufnahme verschoben werden sollen.

In einem anderen Fall (Az. 5 U 196/18) entschied das Oberlandesgericht Oldenburg, einem fünfjährigen Kind, bei dem eine schwerwiegende Sepsis unerkannt blieb, 800.000 Euro als Schadensersatz zuzusprechen. Als Folge dessen musste bei dem Kind eine bilaterale Unterschenkelamputation vorgenommen werden.

Ein ähnlicher Betrag wurde einer 17-jährigen Patientin vom Landgericht Gießen (Az. 5 O 376/18) zugesprochen, bei der während einer Vollnarkose eine Sauerstoffunterversorgung auftrat.

Ein weiteres Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 26 U 88/16) sprach einem Säugling, bei dem eine Kaiserschnitt-Operation zu spät durchgeführt wurde, 250.000 Euro Schadensersatz zu, da das Kind Hirnschäden erlitt.

Das OLG Hamm entschied in einem weiteren Fall (Az. 26 U 107/15), dass eine Patientin 80.000 Euro Schmerzensgeld erhält, da sie infolge eines Behandlungsfehlers erhebliche Sehbeeinträchtigungen erlitt. Ihr Augenarzt hatte es versäumt, notwendige Augenuntersuchungen durchzuführen.

Des Weiteren wurde einer Patientin, deren Arzt trotz starken Blutungen lediglich Hämorrhoiden diagnostizierte und keine Darmspiegelung durchführte, ein Schmerzensgeld von 70.000 Euro sowie Schadensersatz vom OLG Braunschweig (Az. 9 U 129/15) zugesprochen.

In Fällen, in denen die Erben der Verstorbenen Anspruch auf Schmerzensgeld stellen, wie beispielsweise bei einer zu spät erkannten Krebserkrankung, entschied das OLG Frankfurt/Main (Az. 8 U 142/18) auf die Auszahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 Euro.

Weitere Beispiele für zugesprochene Schmerzensgeldbeträge reichen von 20.000 Euro für versäumte Mammographie-Screenings bis hin zu 15.000 Euro für nicht ordnungsgemäß durchgeführte medizinische Untersuchungen und Behandlungen, wie es mehrere Entscheidungen des OLG Hamm zeigen.

Um ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen, haben Patienten verschiedene Optionen, die von der juristischen Beratung bis zur gerichtlichen Auseinandersetzung reichen. Unerlässlich ist, sich an eine im Arzthaftungsrecht versierte Kanzlei zu wenden.

 



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