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Wiederverheiratungsklausel im Berliner Testament

  • 2 Minuten Lesezeit

Wiederverheiratungsklauseln können erhebliche Tücken haben:

Eheleute (und Lebenspartner) dürfen in Deutschland ein gemeinschaftliches Testament errichten. Das Grundmodell ist einfach. Die Eheleute setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein (erster Erbfall). Zu Erben des Zweitversterbenden (zweiter Erbfall) setzen sie die Kinder zu gleichen Teilen ein. Bei der Einheitslösung (Vollerbschaft) verschmilzt das Vermögen des erstversterbenden mit dem des überlebenden Ehegatten.

Durch die Wiederverheiratungsklausel soll diese Verschmelzung (wenigstens teilweise) verhindert und erreicht werden, dass in diesem Fall die Kinder den Nachlass des Erstversterbenden erhalten.

Im Testament wird das mit folgender Regelung erreicht:

Bei einer erneuten Eheschließung oder Verpartnerung wird der Überlebende nur Vorerbe. Der Nacherbfall tritt ein mit dem Tod des Vorerben.

Eine solche Regelung wird für wirksam gehalten. Die Wiederverheiratungsklausel kann jedoch die durch Art. 6 Grundgesetz geschützte Eheschließungsfreiheit beeinträchtigen und daher unwirksam sein, wenn sie einen unzumutbaren Druck auf die Entscheidungsfreiheit des Letztversterbenden ausübt. Eine Klausel, die für den Fall der Wiederverheiratung den ersatzlosen Verlust der Erbschaft anordnet, könnte sittenwidrig sein. Der Verlust der Vollerbenstellung ist dann aber unbedenklich, wenn sie durch den Erwerb der Vorerbenstellung kompensiert wird und er Nacherbfall, wie hier, erst beim Tod des zweitversterbenden Ehegatten eintritt.

Die Wiederverheiratungsklausel begründet eine Vor- und Nacherbenstellung. Der überlebende Ehegatte ist zugleich auflösend bedingter Vollerbe und aufschiebend bedingter Vorerbe. Damit ist seine rechtliche Lage wesentlich schlechter als diejenige bei der schlichten Vollerbschaft – selbst dann, wenn die Bedingung (Eheschließung) nie eintritt. Er unterliegt von vornherein den Beschränkungen nach §§ 2113 ff. BGB. Selbst als befreiter Vorerbe kann er nicht vollständig von diesen Beschränkungen befreit werden, § 2136 BGB. Die bedingte Nacherbfolge muss im Grundbuch eingetragen und in den Erbschein aufgenommen werden.

Diese – oft nicht vorhergesehenen – Folgen können dazu führen, dass der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen muss mit der Folge, dass er den Pflichtteil gegen die Nacherben geltend macht. Damit wäre der von den Eheleuten gemeinsam verfolgte Plan komplett zerstört.

Wiederverheiratungsklauseln sind wegen ihrer nachteiligen Folgen problematisch. Wenn irgend möglich, sollten die Eheleute von ihrer Verwendung absehen – oder sich zumindest fachanwaltlich beraten lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet Erbrecht

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