Wirecard AG: Keine übertriebenen Anforderungen bei den Forderungsanmeldungen

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An die Forderungsanmeldungen zur Insolvenztabelle dürfen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. Juli 2020 – IX ZR 47/19 – keine übertriebenen Anforderungen mehr gestellt werden. Die bisherigen drei rechtlichen Positionen wurden in dem vorstehenden Urteil des Bundesgerichtshofes wie folgt beschrieben:

aa) Das Schrifttum nimmt an, dass keine schlüssige Darlegung der Forderung erforderlich ist (Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 174 Rn. 49; BeckOK-InsO/Zenker, 2020, § 174 Rn. 26; Jaeger/Gerhardt, InsO, § 174 Rn. 24; Eckardt in Kölner Schrift zur InsO, 3. Aufl., Kapitel 17 Rn. 14). Teilweise wird eine schlüssige Darstellung verlangt, bei der eine rechtliche Würdigung nicht notwendig sei (Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 174 Rn. 29; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 174 Rn. 24; wohl auch MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 174 Rn. 26 ff), teilweise eine schlüssige Darlegung nach den für den Zivilprozess geltenden Substantiierungserfordernissen (HmbKommInsO/Preß/Henningsmeier, 7. Aufl., § 174 Rn. 18; FK-InsO/Kießner, 9. Aufl., § 174 Rn. 15), BGH-Urteil vom 25. Juli 2020 – IX ZR 47/19, Rdnr. 17.

Weiter wurde ausgeführt: Der Bundesgerichtshof hätte diese Frage bislang nicht endgültig entschieden. Soweit im Urteil vom 22. Januar 2009 (IX ZR 3/08 , WM 2009, 468 Rn. 10) ausgeführt worden sei, der Gläubiger habe bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt schlüssig darzulegen, sei dies nicht tragend gewesen. Ausdrücklich entschieden hätte der Bundesgerichtshof, dass eine der Höhe nach unschlüssige Forderungsanmeldung in vollem Umfang wirksam ist ( BGH, Urteil vom 11. Februar 2016 - III ZR 383/12 , NZI 2016, 301 Rn. 18). Für die Anmeldung einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung hätte der Bundesgerichtshof ebenfalls angenommen, dass es keiner schlüssigen Darlegung des (objektiven und subjektiven) Deliktstatbestands bedürfe ( BGH, Urteil vom 9. Januar 2014 - IX ZR 103/13 , WM 2014, 270 Rn. 8 ff).

Richtigerweise sei zwischen der hinreichenden Individualisierung der Forderung und der Schlüssigkeit der Forderungsanmeldung zu unterscheiden. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 2 InsO seien erfüllt, wenn die Forderung ausreichend individualisiert ist, mithin der Streitgegenstand bestimmt ist. Es sei nicht erforderlich, dass die Forderung auch schlüssig begründet ist. Soweit sich aus dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Forderung nach einer schlüssigen Darlegung des Anspruchs ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.

Fazit: Vor dieser Entscheidung vom 25. Juli 2020 konnte davon ausgegangen werden, dass eine Forderung zur Insolvenztabelle wie eine Klage angemeldet werden müsse. Mit der BGH-Entscheidung vom 25. Juli 2020 wird klargestellt, dass die angemeldete Forderung nur identifizierbar sein müsse. Die Interessen des Insolvenzverwalters und der übrigen Insolvenzgläubiger sind durch eine hinreichende Individualisierung der angemeldeten Forderung ausreichend geschützt.


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