Wohnmobil Abgasskandal: Erste Klagen und Anzeigen gegen Fiat wegen Ducato-Manipulationen

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Nun ist der Abgasskandal auch in der Wohnmobil-Szene angekommen. Seit einer Razzia bei Fiat und IVECO existiert offensichtlich eine Liste von Motoren, die regelmäßig bis überwiegend in Wohnmobilen zum Einsatz kamen. Dabei geht es um den „Ducato“, also einen Motor, der ursprünglich für die Nutzfahrzeuge der Italiener genutzt wurde, sowie um größere IVECO-Motoren (Basisfahrzeuge Daily Hi-Matic, Daily 4x4, Eurocargo) , die vornehmlich in Kleinlastwagen oder belastbare Transporter sowie in High-End-Wohnmobilen eingesetzt wurden. Endgültig ins Rollen gebrachte hatte den Stein eine Razzia der Staatsanwaltschaft Frankfurt an mehreren deutschen Standorten von Fiat und Iveco. Bis dahin hatte es immer mal wieder Hinweise auf Betroffenheiten italienischer Motoren gegeben, das Tor zum Wohnmobilmarkt wurde dabei aber nicht wirklich geöffnet. Ganz neu sind die aktuellen Vorwürfe aber ganz und gar nicht: Unter anderem waren 2016 schon Hinweise des Autoelektronik-Entwicklers Bosch verfolgt worden, nach denen von Manipulationen bei Fiat und Iveco ausgegangen werden konnte.

Von den aktuellen Untersuchungen sind die Unternehmen FIAT, Jeep, ALFA ROMEO und IVECO mit Motoren der Schadstoffklassen 5 und 6 betroffen. Im einzelnen handelt es sich  Multijet-Motoren mit 1,3 und 1,6 Liter Hubraums sowie die in Wohnmobilkreisen sehr beliebten Ducato-Multijet-Aggregate mit 2  und 2,3 Liter Hubraum .

Das Kraftfahrtbundesamt untersucht bereits den Fiat 500x  mit 1956 ccm und 103 kW  Leistung (Euro 6), den Ducato  mit 2999 ccm  und 130 kW  (Euro 5), sowie den Jeep Cherokee  mit  1956 ccm Hubraum und 125 kW Leistung (Euro 5) auf konkrete Verdachtsmomente. Ebenfalls im Visier der Behörden dürfte bereits das Basismodell  Daily Hi-Matic mit dem Motor F1A, 2.3 Liter, 136 oder 156 PS oder F1C 3.0 Liter, 180 oder 210 PS sein.  Problematisch in der Aufarbeitung des Skandals dürfte die Fülle unterschiedlichster Modelle und Motoren sein. Heute fährt ein sehr großer Anteil von Wohnmobilen aller Klassen mit Motoren von FIAT und IVECO herum, die unter Umständen über eine Abschaltvorrichtung verfügen.  Diese sorgt dafür, das Grenzwerte für NOx nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, in Wirklichkeit aber nicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Liste betroffener Fahrzeuge noch erheblich erweitert.

Aber: Der Wohnmobil-Dieselskandal unterschiedet sich ziemlich von den bislang in Deutschland behördlich verfolgten Manipulationen. Zum einen dürfte es schwer werden,  den Wohnmobil-Ausrüstern einer Beteiligung am Skandal nachzuweisen, zum anderen sind viele der betroffenen Autos innerhalb der vergangenen zwei Jahre ausgeliefert worden – neu und gebraucht.  Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser. „Nach der Analyse der bisherigen Anfragen ist festzustellen, dass bei vielen Abgasskandal-Opfern noch ein gewährleistungsrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht, also ein Anspruch, der sich direkt gegen den Verkäufer/Händler richtet zwei Jahre nach Kauf noch durchgesetzt werden kann!“

Vor dem Landgericht Freiburg wurde eine erste Klage auf Rückgabe und Schadenersatz eingereicht. Die Klage bezieht sich zur legitimation auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH), der im Verfahren zum Aktenzeichen C-343/19 entschieden hatte, dass Hersteller grundsätzlich im Land angeklagt werden können, in dem das Fahrzeug aucg verkauft wurde. In Freiburg wird ein Wohnmobil Adria Twin mit einer 2,3-Liter-Maschine verhandelt, dabei handelt es sich um einen sogenannten Kastenwagen. Hier kommt Motor, Chassis und Aufbau von Fiat, der Aurüster "Adria" übernimmt ledigich den Innenausbau.

Es geht um die Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 47.000 Euro abzüglich der Nutzungsentschädigung: 

Hinweise auf die Betroffenheit entsprechender Fahrzeuge gab es in den letzten Jahren genug. Beim KBA wird der Ducato-Motor schon länger als Verdachtsfall geführt. Die Organisation Deutsche Umwelthilfe hatte mit eiugenen Messungen berewits 2016 nachgewiesen, dass das Emissions-Management beim Ducato nicht den Zulassungsnormen entpricht. Der Motor schaltet die Abgasreinigung den DUH-UNtersuchungen nacher 22 Minuten nach dem Start komplett ab. Auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt sieht einen Anfangsverdacht gegen Fiat als gerechtfertigt an.

Bei älteren Wohnmobilen zeichnet sich ab, dass sich Klagen eher gehen Fiat oder Iveco richten werden. Dr. Gasser, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal: „Auf die subjektiven Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs gemäß § 826 BGB (Vorsatz, Sittenwidrigkeit), die beim Händler regelmäßig nicht vorliegen dürften (Ausnahme Kauf bei Hersteller-Niederlassung) kommt es bei kaufrechtlicher Gewährleistung nicht an. Deswegen sollten Käufer mit Kaufdatum 11/2018 und jünger jetzt tätig werden. Fixer Termin ist das Datum der Übergabe des Fahrzeugs.“

Derzeit gehen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt regelmäßig Anzeigen von geschädigten Wohnmobilisten ein. Oberstaatsanwältin Nadja Niesen zählte bis Ende Oktober 2020 Anzeigen von  rund 300 Fahrzeugkäufern, die meisten von Wohnmobilen. Grund dafür ist ein öffentlicher Aufruf von Polizei und Staatsanwaltschaft: „Das Polizeipräsidium Frankfurt ermittelt aktuell wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges (Einbau nicht gesetzeskonformer Abschalteinrichtungen im Emissionssystem in Dieselfahrzeuge) gegen namentlich bekannte Personen sowie weitere bislang nicht identifizierte Verantwortliche der Autokonzerne Fiat Chrysler Automobiles N.V., Case New Holland Industrial N.V. nebst deren Tochter- und Enkelgesellschaften sowie IVECO Magirus AG. Dabei sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Im Kontext der Ermittlungsverfahren gegen die genannten Fahrzeughersteller bitten wir Neuwagenkäufer und Tageszulassungskäufer unten aufgeführter Dieselfahrzeuge, ihre örtlichen Polizeidienststelle aufzusuchen, um Hinweise mitzuteilen.“  Eine Liste der angefragten Fahrzeuge und Motoren senden wir Ihnen auf Anfrage!

Dr. Gasser: „Rein rechtlich kann in Deutschland gegen italienische Hersteller geklagt werden!“ Der erfahrene Jurist prüft Ihre Anspruche und stelle auf www.ist-mein-auto-betroffen.de diverse Online-Services und eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung.


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