Zugewinnausgleich - Schenkungen der Eltern an Schwiegerkinder - Neue Rechtsprechung des BGH

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Der BGH hat entschieden, dass im Falle der Scheidung Schwiegereltern, die an den Ehegatten ihres Kindes, das sogenannte „Schwiegerkind", größere Geldzahlungen geleistet haben, zum Beispiel zum Hausbau die Zahlungen vom Schwiegerkind ganz oder in manchen Fällen auch teilweise nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückfordern können.

Bisher wurde dies im Rahmen des Zugewinnausgleichs zwischen den Ehegatten berücksichtigt.

Die Höhe des Rückforderungsanspruchs der Schwiegereltern wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage dürfte in vielen Fällen jedoch niedriger sein als die Zuwendung selbst.

Nach der neuen Rechtsprechung wird die Schenkung an das Schwiegerkind anders als bisher jetzt bei der Berechnung des Zugewinns in dessen Anfangsvermögen eingestellt. Zugleich wird jedoch die Verpflichtung zur Rückzahlung in der jeweiligen Höhe bereits vom Anfangsvermögen abgezogen! Die schwiegerelterliche Schenkung wird also lediglich „in einer um den Rückforderungsanspruch verminderten Höhe" (so BGH) in das Anfangsvermögen des Schwiegerkindes eingestellt.

Die Verpflichtung des Schwiegerkinds zur Rückzahlung stellt zugleich eine Verbindlichkeit dar, die als Passivposten ins Endvermögen des Schwiegerkindes einzustellen ist.

In vielen Fällen dürfte jetzt der Streit darüber, ob die Eltern die Zahlung nur an das eigene Kind oder hälftig an Kind und Schwiegerkind geleistet haben, überflüssig sein jedenfalls dann, wenn beide Ehegatten einen Zugewinn haben. Die nachstehenden Berechnungsbeispiele sollen eine Vorstellung vermitteln, wie sich die neue Rechtslage in der Praxis auswirkt:

I. Beide Ehegatten haben einen Zugewinn

sonstiges Endvermögen je Ehegatte € 200.000,00

Schenkung Eltern € 100.000,00

1. Schenkung ging an beide, an eigenes und Schwiegerkind je € 50.000,00

1.1. Alte Rechtsprechung

Zugewinn eigenes Kind

Endvermögen./. Schenkung

Zugewinn


€ 200.000,00
€ 50.000,00
€ 150.000,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen./. Schenkung

Zugewinn


€ 200.000,00
€ 0,00
€ 200.000,00

Ergebnis: Das eigene Kind hat einen Zugewinnausgleichsanspruch von (€ 200.000,00 ./. € 150.000,00) = € 50.000,00 : 2 = € 25.000,00

1.2. Neue Rechtsprechung

a) Schenkung muss voll zurückbezahlt werden.

Dies dürfte der Normalfall sein, wenn die Eltern beispielsweise Geld zum Hauskauf beigesteuert haben.

Zugewinn eigenes Kind

Endvermögen./.Schenkung

Zugewinn



€ 200.000,00
€ 50.000,00
€ 150.000,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen./. Verpflichtung zurRückzahlung an Eltern maximal Nettoendvermögen

Hiervon ist abzuziehen Anfangsvermögen

Schenkung./. Belastung mit Rückzahlungspflicht Anfangsvermögen

Zugewinn wie Endvermögen



€ 200.000,00
€ 50.000,00
€ 150.000,00

€ 50.000,00

€ 50.000,00
€ 0,00

€ 150.000,00

Ergebnis: Kein Zugewinnausgleichsanspruch des Kindes, da Schwiegerkind an Schwiegereltern € 50.000,00 zurückzahlen muss.

Die Eltern erhalten jedoch € 50.000,00. Diese Forderung kann auch an das eigene Kind abgetreten werden. Der Anspruch ist bereits fällig, wenn die Ehe gescheitert ist, also bei Stellung des Scheidungsantrages. Dies sind für das eigene Kind oder die Eltern € 50.000,00 statt wie bisher 25.000,00 €, also ein Betrag, der um ¼ der gesamten Zuwendung höher ist als nach der alten Rechtsprechung.

b) Schenkung muss nur teilweise zurückbezahlt werden

Zur Bemessung der Höhe des Rückforderungsanspruches wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gibt es eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. BGH FamRZ 2006, S. 394 ff.; 199, S. 365; 1998, S. 669). In manchen Fällen kann die Schenkung nur zum Teil zurückgefordert werden. Angenommen, der Rückforderungsanspruch beträgt € 25.000,00:

Zugewinn eigenes Kind

Zugewinn wie oben



€ 150.000,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen./. Rückzahlungsverpflichtung

Nettoendvermögen

Anfangsvermögen Schenkung./. Belastung mit Rückzahlungspflicht

Nettoschenkung

Berechnung des Zugewinns

Endvermögen./. Anfangsvermögen

Zugewinn



€ 200.000,00
€ 25.000,00
€ 175.000,00

€ 50.000,00

€ 25.000,00
€ 25.000,00

€ 175.000,00
€ 25.000,00
€ 150.000,00

Ergebnis: Auch in diesem Fall kein Zugewinnausgleichsanspruch, aber Verpflichtung zur Rückzahlung an die Eltern von € 25.000,00

2. Schenkung ging nur an das eigene Kind

Zugewinn eigenes Kind

Endvermögen./. Schenkung

Zugewinn



€ 200.000,00
€ 100.000,00
€ 100.000,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen./. Anfangsvermögen

Zugewinn



€ 200.000,00
€ 0,00
€ 200.000,00

Ergebnis: Zugewinnausgleichsanspruch von € 50.000,00

Fazit: Wenn beide Ehegatten einen Zugewinn haben, ist der Streit darüber, ob die Schenkung an beide Ehegatten oder nur an das eigene Kind geleistet wurde, aus der Sicht des Schwiegerkindes dann überflüssig, wenn das Schwiegerkind die volle Schenkung zurückzahlen muss. Die Belastung für das Schwiegerkind ist dann die gleiche, wenn an den Ehegatten oder die Schwiegereltern zu zahlen ist.

Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings darin, dass der Anspruch der Schwiegereltern bereits fällig ist wenn die Ehe gescheitert ist, und nicht wie der Zugewinnausgleichsanspruch erst mit Rechtskraft der Scheidung.

Unterschiede für das Schwiegerkind ergeben sich allerdings dann, wenn nur ein Teil der Schenkung an die Schwiegereltern zurückzuleisten ist. Dann wird das Schwiegerkind geltend machen, dass die Schenkung an beide Ehegatten ging.

II. Beide Ehegatten haben keinen Zugewinn

1. Schenkung ging nur an das eigene Kind

Zugewinn eigenes Kind

Endvermögen./. Schenkung

Zugewinn


€ 100.00,00
€ 100.00,00
€ 0,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen z.B../. Anfangsvermögen Schenkung

Zugewinn


€ 50.000,00
€ 50.000,00
€ 0,00

€ 0,00

Ergebnis: Kein Zugewinnausgleichsanspruch, da kein Zugewinn!

2. Schenkung ging an beide Ehegatten

Zugewinn eigenes Kind

Endvermögen z.B../. Schenkung hälftig Zugewinn



€ 50.000,00
€ 50.000,00
€ 0,00


Zugewinn Schwiegerkind

Endvermögen./. Rückzahlungsverpflichtung

Zugewinn



€ 50.000,00
€ 50.000,00
€ 0,00

Ergebnis: Kein Zugewinnausgleichsanspruch, aber Verpflichtung zur Rückzahlung der Schenkung in Höhe von € 50.000,00 an die Schwiegereltern.

In diesem Fall ist es für das Kind sogar ein Vorteil und für das Schwiegerkind von Nachteil, wenn die Schenkung an beide Ehegatten gegangen ist! Das Schwiegerkind muss an die Eltern die Schenkung zurückzahlen, ohne dass dies beim Zugewinnausgleich berücksichtigt wird.

In allen Fällen der Schenkung von Schwiegereltern ist daher dringend anwaltliche Beratung notwendig. Voreilige Erklärungen darüber, ob die Schenkung an beide Ehegatten ging oder nur an das eigene Kind, sollten unbedingt vermieden werden. Abzuklären ist auch, ob die Schenkung nur ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist.

Durch diese Änderung der Rechtsprechung ergeben sich für viele Zugewinnausgleichsverfahren gravierende Veränderungen, aber auch Risiken und Haftungsfallen für die beteiligten Rechtsanwälte.


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