Zur Clearingpflicht bei OTC-Derivaten nach EMIR

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Nach einer Pressemitteilung der BIS (Bank für International Settlements), Schweiz, der Zentralbank der Zentralbanken, vom 13. November 2012 belief sich das Volumen im nichtregulierten OTC-Derivate-Markt im ersten Halbjahr 2012 auf ca. 494 Billionen US-Dollar (http://www.bis.org/publ/otc_hy1211.htm).

Nach der EMIR (European Markets Infrastructure Regulation) sollen künftig standardisierte OTC-Derivate über zentrale Gegenparteien (= zentraler Kontrahent, engl.: Central Counterparties = CCP) abgewickelt werden. Der zentrale Kontrahent (CCP) ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das von einer Aufsichtsbehörde, in Deutschland ist das die BaFin, zugelassen und überwacht werden soll.

Das Bundeskabinett hatte am 10. Oktober 2012 den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (EMIR-Ausführungsgesetz) zur sogenannten EMIR-Verordnung der Europäischen Union beschlossen, siehe auch Pressemitteilung des BMF Nr. 62 vom 10.10.2012, www.bundesfinanzministerium.de.

Das Clearingsmitglied (CM, zum Beispiel ein Bankinstitut) schließt im gedachten Beispielsfall einen Derivatenvertrag mit einem anderen Clearingmitglied (CM) ab. Anschließend tritt der zentrale Kontrahent (CCP) als Abwickler in diesen Vertrag ein. Es gilt also die Kette CM - CCP - CM. Geschäfte mit CCPs in den USA müssen den Frank-Dodd-Doktrinen genügen.

Die ESMA (European Securities and Markets Authority, europäische Wertpapieraufsicht in London) soll eine Liste der clearingspflichtigen Derivateklassen sowie der für das Clearing dieser Klassen zugelassenen bzw. registrierten CCPs veröffentlichen. Die technischen Entwurfstandards sollen bis zum Februar 2013 finalisiert werden.

„Segregation" (Trennung) und "Portability" (Übertragbarkeit)

Die wichtigste Aufgabe des zentralen Kontrahenten soll in der Erfüllung der Vorgaben zur Trennung und Übertragbarkeit zwecks Abschirmung gegen den Ausfall eines Clearingsmitglieds, etwa für den Fall der Insolvenz, bestehen. Diese Vorgaben sind zusammengefasst unter den Begriffen „Segregation" (Trennung) und "Portability" (Übertragbarkeit). Verarbeitet werden sollen damit die Erfahrungen aus der Lehman-Pleite wegen der fehlenden Kundensicherungen in der Insolvenz.

Insolvenzfeste Sicherungsmodelle sollen von den zentralen Kontrahenten angeboten werden

Gedacht ist an die Stellung von Sicherheiten, Treuhandregelungen, Verpfändungen und Abtretungen et cetera. Die zentralen Kontrahenten sollen den Kunden Modelle anbieten gegen den Ausfall in Gestalt der Insolvenz eines Clearingsmitglieds. Die zentralen Kontrahenten müssen einen Zulassungsantrag stellen. In diesem Zusammenhang müssen sie ein Segregationsmodell anbieten.

Ausnahmen von der Clearingspflicht - Schwellenwert mindestens 1 Mrd. $

Da die Clearingspflicht zunächst dem Erkennen von systemischen Risiken dient, soll die Schwelle sehr hoch liegen, bei Kreditderivatekontrakten bei 1 Milliarde $ und bei Warenderivaten etwa bei 3 Milliarden $.

Unter den Schwellenwerten liegende Kontrakte müssen an ein zentrales Transaktionsregister gemeldet werden.

Zur Gewährleistung der Aussonderbarkeit, Absonderbakeit und Übertragbarkeit und Trennung von OTC-Kontrakten im Insolvenzfall sollen Omnibuskonten geführt werden oder Einzelkonten.

Ziel der Sicherungen durch Verträge und Modelle ist es, die Position und Sicherheiten (etwa Wertpapiersicherheiten durch Eigentumsübertragung) aus dem Verhältnis zentraler Kontrahent und Clearingsmitglied deckungssynchron bzw. "gespiegelt" zu halten. Und zwar insolvenzfest.

Änderung zur Insolvenzordnung

Mit der Änderung zur Insolvenzordnung ist nach dem Entwurf des Ausführungsgesetzes vom 10. Oktober 2012 vorgesehen, dass die Maßnahmen zur Verwaltung, Glattstellung und Abwicklung von Positionen und Sicherheiten eines Clearingsmitglieds insolvenzrechtlich grundsätzlich nicht anfechtbar sind.

Zulassung für die zentralen Kontrahenten

Die Zulassung für die zentralen Kontrahenten wird durch die nationale Aufsichtsbehörde vorgenommen (in Deutschland die BaFin). Diese erfolgt für jede Derivatenklasse. Die zentralen Kontrahenten müssen einen Zugang zum Zentralbankgeld haben, ebenso ein ständig verfügbares Anfangskapital in Höhe von 5 Millionen € et cetera. Die BaFin soll nach dem Gesetzesentwurf im Einzelfall Anordnungen zur Minderung von finanziellen Risiken bei den zentralen Kontrahenten treffen können, z.B. durch das Verbot von Gewinnausschüttungen oder durch das Verbot von bilanziellen Maßnahmen.

Meldepflicht gegenüber dem Transaktionsregister

Die Meldepflicht gegenüber dem Transaktionsregister erfasst alle OTC-Derivate unabhängig von dem Schwellenwert von mindestens 1 Milliarde $. Die Struktur zur Datenerfassung soll bis Mitte 2013 geschaffen sein.

Nicht clearingpflichtige OTC-Derivate

Für nichtclearingpflichtige OTC-Derivate besteht die Pflicht, das Ausfallrisiko mit angemessenen Verfahren und Vorkehrungen zu messen und zu mindern. Der Wert der Kontrakte muss täglich ermittelt werden. Es müssen angemessene Sicherheitsleistungen erbracht werden. Mit EMIR sollen die Risiken im OTC-Verkehr also nicht legalisiert, sondern beseitigt werden. Das Risiko soll vom Markt genommen werden.


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