Zwangsversteigerungsverfahren trotz eingetragener Arresthypothek nach § 30a ZVG eingestellt

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In einem schier aussichtslos erscheinenden Fall erreichte die Bankrechtsexpertin Dr. Becker, dass das beim Amtsgericht Hamburg, Aktenzeichen 71 K 86/19, geführte Zwangsversteigerungsverfahren über eine zwangsverwaltete Immobilie per Beschluss unter Auflagen einstweilen gemäß § 30a ZVG eingestellt wurde.

Der Praxisfall

Die ohnehin schwer zu nehmenden Hürden einer einstweiligen Verfahrenseinstellung waren hier psychologisch sogar noch höher, da in der dritten Abteilung des Grundbuches eine Höchstbetragssicherungshypothek mit rund 213.000,00 Euro zu Gunsten des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch die Staatsanwaltschaft, eingetragen war. Rechtsanwältin Dr. Becker wirkte auch dabei mit, die Arresthypothek der Höhe nach entsprechend eines rechtskräftigen strafrechtlichen Berufungsurteils auf rund 64.000,00 Euro korrigieren zu lassen. 

„Um einen Schuldner erfolgreich zu vertreten, sind neben Verhandlungsgeschick interdisziplinäre Rechtskenntnisse erforderlich. Zum einen geht es um Zwangsversteigerungsrecht, zum anderen um Zwangsverwaltungsrecht, wenn parallel ein solches Verfahren gerichtlich angeordnet wurde, um z. B. Mieteinnahmen zu generieren“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Ina Becker. „Kommt, wie hier, eine Arresthypothek zur Sicherung von Ansprüchen im Rahmen strafprozessualer Rückgewinnungshilfe dazu, kennt sich der Anwalt idealerweise auch mit strafprozessualen Vorschriften aus. Auf der zwischenmenschlichen Ebene muss der Schuldner klar und motivierend angeleitet werden, damit eine Immobilienrettung samt Resozialisierung des Mandanten erfolgreich gelingt“, sagt Dr. Becker. "Außerdem ist so frühzeitig wie möglich Kontakt zu allen Gläubigern aufzunehmen, Forderungen sind auf ihre Richtigkeit zu prüfen und ggf. konkrete Tilgungsvorschläge zu unterbreiten."

Die gesetzliche Regelung

Gemäß der gesetzlichen Regelung in § 30a  Abs. 1 ZVG kann ein Zwangsversteigerungsverfahren auf längstens sechs Monate eingestellt werden, wenn zum einen die Aussicht besteht, dass durch diese Einstellung die Zwangsversteigerung vermieden wird, und zum anderen die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. Der Antrag ist jedoch abzulehnen, wenn die Einstellung dem betreibenden Gläubiger nicht zuzumuten ist, § 30a Abs. 2 ZVG. Die Vermeidbarkeit der Zwangsversteigerung ist nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Hierzu schätzt das Gericht die sogenannte Sanierungsfähigkeit des Schuldners ein, zu der anwaltlich überzeugend vorzutragen ist.

Der Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 30a ZVG ist in praxi nicht leicht erfolgreich umzusetzen. Eine Verfahrenseinstellung ist nur realistisch, wenn glaubhaft dargelegt wird, dass der Schuldner im Einstellungszeitraum entweder die komplette Schuld begleichen, ein neues Darlehen zur Umschuldung erhalten oder eine Vereinbarung mit der Bank treffen kann, so dass diese ihren Versteigerungsantrag zurückzieht. In Corona-Zeiten sind spezielle gesetzliche Regelungen zu beachten.

Eingriff in das Grundrecht des Schuldners auf Eigentum, Art. 14 GG

Immer dann, wenn eine Bank mit Hilfe staatlicher Stellen die Zwangsversteigerung einer Immobilie betreibt, greift dies schwerwiegend in das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht des Schuldners auf Eigentum gemäß Art. 14 des Grundgesetzes ein. Um dessen und die Interessen der Gläubigerbank angemessen auszugleichen, hat der Gesetzgeber komplexe Regelungen geschaffen. Diese sollen ein faires Verfahren gewährleisten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört der Anspruch auf eine faire Verfahrensführung zu den wesentlichen Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips.

Weitere Praxisbeispiele zu erzielten Verfahrenseinstellungen & Verhaltenstipps

Bankrechtsspezialistin Dr. Ina Becker erreichte bereits mehrfach, dass hoheitliche Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen nach § 30a ZVG eingestellt wurden. Sie rettete in einem Fall eine Gewerbeimmobilie, die gleichzeitig privat von der Familie ihres Mandanten genutzt wurde. Dr. Becker drückte die zugrund liegende Bankforderung hier um rund 99.700,00 Euro. In einer weiteren Angelegenheit ging es um ein wertvolles Hamburger Familienwohnheim, über das die Hamburger Sparkasse die Zwangsversteigerung betrieb. Durch erfolgreiches Verhandeln konnte die Kanzlei Dr. Becker auch in diesem Fall eine einstweilige Verfahrenseinstellung gegen Auflagen erreichen.

"Ein Schuldner sollte sich stets anwaltlich beraten lassen, wenn eine Zwangsversteigerung seiner Immobilie droht. Denn der Anwalt prüft vor allem die zugrunde liegenden Forderungsaufstellungen, die häufig Fehler enthalten. Er kann das bestehende Verhandlungs- sowie Machtungleichgewicht zwischen Bank, Versteigerungsgericht und Schuldner ausgleichen bzw. abmildern", sagt Rechtsanwältin Dr. Becker, die sich mit allen Rechtsmitteln zur effektiven Unterstützung ihrer Mandanten auskennt.

Foto(s): Dr. Ina Becker

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