Arbeitsbedingungen und Nachweispflicht im Arbeitsrecht
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Allgemeine Arbeitsbedingungen: Was zählt dazu?
Zu den Arbeitsbedingungen zählen Bestimmungen zu:
- Entlohnung, auch an Sonn- und Feiertagen, einschließlich Überstunden und Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall
- Urlaub
- Arbeitszeiten und Ruhezeiten
- Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Unfallverhütung
- Arbeitsschutzmaßnahmen für beispielsweise Schwangere, Kinder und Jugendliche
- Gleichbehandlung der Geschlechter und andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen
- Kündigungen und dem Schutz der beschäftigten Personen im Fall von Kündigungen
Regelung von Arbeitsbedingungen in Deutschland
Die in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen werden durch Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge bestimmt. Auf europäischer Ebene bestehen ebenfalls Richtlinien zum Schutz von beschäftigten Personen, um die Mindeststandards an Arbeitsbedingungen sicherzustellen, die in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Die Bestimmungen über die Arbeitsbedingungen in Deutschland legen die Rechte und Pflichten von beschäftigten Personen und beschäftigenden Unternehmen fest. Insofern regelt § 105 Gewerbeordnung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren können, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen.
Umgesetzt werden die Arbeitsbedingungen durch zahlreiche Gesetze zur Bestimmung der Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise
- Mindestlohngesetz
- Nachweisgesetz
- Entgeltfortzahlungsgesetz
- Mutterschutzgesetz
- Arbeitszeitgesetz
- Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit zahlreichen Arbeitsschutzverordnungen
- Bundesurlaubsgesetz
- Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- Kündigungsschutzgesetz
- und viele mehr
Das Arbeitszeitgesetz sowie geltende Tarifverträge für bestimmte Branchen legen beispielsweise die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit fest sowie Ausgleichszeiten bei längeren Arbeitszeiten und die Länge der Pausen, um Beschäftigte nicht durch hohe Arbeitszeiten zu belasten und Ruhezeiten zu ermöglichen. Der Mensch ist eben keine Maschine. Das Mindestlohngesetz regelt beispielsweise, wie hoch ein Gehalt mindestens sein muss, um Dumpinglöhne und Ausbeutung der Beschäftigten zu verhindern sowie den Lebensunterhalt der Beschäftigten zu sichern.
Die zahlreichen Arbeitsschutzvorschriften verpflichten den Arbeitgeber zur Einhaltung von Schutzmaßnahmen und zur Bereitstellung von Schutzvorkehrungen, insbesondere bei gefahrgeneigter Tätigkeit, um die Beschäftigten vor gesundheitlichen, psychischen und physischen Gefahren und Verletzungen zu schützen. § 11 Mutterschutzgesetz (MuSchG) bestimmt beispielsweise für schwangere Frauen, dass der Arbeitgeber eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen darf, bei denen sie in einem Maß Gefahrstoffen ausgesetzt ist oder es sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.
Das Ziel von Arbeitsbedingungen im Arbeitsrecht
Arbeitsbedingungen im Arbeitsrecht bestehen, um für beschäftigte Personen eine menschengerechte Ausübung ihrer Beschäftigung sicherzustellen. Zur menschengerechten Beschäftigung gehört die Anpassung der Arbeitsgestaltung an den Menschen. Die Maßnahmen und Bestimmungen zur Anpassung der Arbeit an den Menschen haben das primäre Ziel:
- Belastungen bei Beschäftigten abzubauen und zu verhindern
- geeignete Maßnahmen zum Gesundheitsschutz von Beschäftigten sicherzustellen
- auf die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung positiv einzuwirken
Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen sind daher alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände, unter denen eine beschäftigte Person ihre Arbeitsleistung erbringt und die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Nachweis- und Informationspflicht
Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie und ihre Umsetzung in Deutschland
Die am 31. Juli 2019 in Kraft getretene EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie des Europäischen Parlaments wurde in deutsches innerstaatliches Recht umgesetzt und gilt seit dem 1. August 2022. Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und prekäre Arbeitsbedingungen zu verhindern, indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert wird. Die europäische Richtlinie und ihre Vorgaben wurden in Deutschland im Teilzeit- und Befristungsgesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor allem durch die Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) umgesetzt.
Änderung des Nachweisgesetzes
Die Pflichten von Arbeitgebern wurden in diesem Zuge durch zahlreiche neue Informations- und Nachweispflichten im Nachweisgesetz erweitert.
§ 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG enthält nun folgende ergänzende Nachweispflichten:
- Angabe der Dauer der Probezeit
- Im Fall von mobilen Arbeitsformen die Angabe, dass der Arbeitsort frei gewählt werden kann
- Vergütung von Überstunden
- Getrennte Darstellung der Bestandteile des Arbeitsentgelts
- Art und Form der Auszahlung des Arbeitsentgelts
- Angabe von vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten
- Bei vereinbarter Schichtarbeit: das Schichtsystem, den Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
- Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG): die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, den Zeitrahmen für die Erbringung der Arbeitsleistung (bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden) und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
- Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- Angabe eines etwaigen Anspruchs auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen
- Bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: Name und Anschrift des Versorgungsträgers
- Die Vorgaben zum Verfahren bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses: mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses und zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
Zu den zwingenden Mindestangaben zählen beispielsweise Name und Anschrift der Vertragsparteien, der Beginn des Arbeitsverhältnisses, Dauer der Probezeit und des Urlaubs. Viel weitreichendere Pflichten hat der Arbeitgeber bei der zukünftigen Angabe des Arbeitsentgelts. Die pauschale Angabe des Bruttogehalts im Arbeitsvertrag allein reicht nicht mehr. Vielmehr sind die konkrete Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts jeweils getrennt zu nennen sowie deren Fälligkeit und die Art der Auszahlung im Arbeitsvertrag anzugeben. In § 2 S. 2 Nr. 14 Nachweisgesetz ist nun beispielsweise eine wichtige und bislang äußerst selten in Arbeitsverträgen enthaltene Informationspflicht über die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nach § 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gegen eine Kündigung durch den Arbeitnehmer ebenfalls gesetzlich geregelt.
Nicht selten fehlen schriftliche Arbeitsverträge, sodass die beschäftigte Person keine konkreten Kenntnisse über die Vertragsbedingungen hat, sondern lediglich mündliche Zusagen. Das neue Nachweisgesetz soll mündliche Arbeitsverträge in Zukunft unterbinden.
Der Arbeitgeber ist seit dem 1. August 2022 gesetzlich verpflichtet, alle in § 2 NachwG aufgezählten wesentlichen Vertragsbedingungen in einer Niederschrift – also einem schriftlichen Arbeitsvertrag und/oder in einem gesonderten Dokument innerhalb bestimmter Fristen, je nach Vertragsbedingung, die entweder einen Tag bis maximal einen Monat betragen – an die beschäftigte Person auszuhändigen. Verstöße gegen die Nachweis- und Informationspflichten werden fortan nach § 4 NachwG mit einer Geldbuße bis 2000 € geahndet. Die Zuständigkeit der Behörde ist Ländersache. Zudem darf eine beschäftigte Person nach § 6 NachwG nicht auf die Informations- und Nachweispflichten verzichten, da von den Bestimmungen im Nachweisgesetz nicht zu Ungunsten der beschäftigten Person abgewichen werden darf.
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