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Besuchsverbot im Krankenhaus zulässig?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Selten trennt sich ein Ehepaar im Guten – es wird zumeist vielmehr gestritten, wann immer man aufeinandertrifft. Der Umgang miteinander lässt sich aber nicht vermeiden, wenn das frühere Ehepaar gemeinsame Kinder hat. Schließlich gilt es, zusammen z. B. Erziehungsfragen zu klären, solange der Nachwuchs noch minderjährig ist. Erst wenn die Kinder volljährig sind, nimmt die Verantwortung der Eltern etwas ab – häufig allerdings nicht der Unmut über den früheren Ehepartner. Doch der allein berechtigt einen Elternteil nicht, dem anderen zu verbieten, das kranke oder verletzte Kind im Krankenhaus zu besuchen.

Vater darf schwer verletzten Sohn nicht sehen

Ein 22-jähriger Mann wurde bei einem Verkehrsunfall lebensbedrohlich verletzt und daraufhin auf der Intensivstation eines Krankenhauses behandelt. Einige Zeit zuvor hatte er eine General- und Vorsorgevollmacht erstellt und seine Mutter als bevollmächtigte Person eingesetzt. Das nutzte die Frau aus und erteilte dem Krankenhaus die Weisung, ihrem Exmann jegliche Besuche bei seinem Sohn zu verbieten und ihm keine Informationen über den Gesundheitszustand des Verletzten zu geben.

Der Vater erklärte, sein Kind wegen des kritischen Gesundheitszustandes sehen zu wollen. Es gebe keinen Grund, ihn von seinem Sohn fernzuhalten – die beiden hätten intensiven Umgang miteinander gehabt. Zwar habe der Sohn zur Zeit des Unfalls allein gelebt; davor habe er auf eigenen Wunsch jedoch beim Vater gewohnt. Er zog daher vor Gericht.

Mutter hat Vorsorgevollmacht missbraucht

Das Amtsgericht (AG) Ellwangen war der Ansicht, dass die Kindsmutter ihre durch die Vollmacht verliehene Rechtsstellung missbraucht hat, und verpflichtete die Frau daher gegenüber dem Klinikum zum Widerruf des Besuchsverbots. Sie musste ferner dulden, dass ihr Exmann das gemeinsame Kind im Krankenhaus besucht und sich bei den behandelnden Ärzten über den Gesundheitszustand seines Sohnes informiert.

Zunächst stellte das AG klar, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst bestimmen darf, wer ihn besuchen darf und wer nicht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass sich eine Person nicht in den eigenen vier Wänden, sondern in einer öffentlichen Einrichtung – z. B. einem Krankenhaus – befindet. Ein Krankenhaus etwa ist aufgrund Vertrages dazu verpflichtet, den Patientenwillen zu berücksichtigen und dementsprechend Besuche zuzulassen oder zu verbieten bzw. den Patienten bei der Durchsetzung seines Willens zu unterstützen.

Vorliegend war der Patient aber lebensbedrohlich verletzt und konnte seinen Willen nicht kundtun. Er hatte jedoch seiner Mutter mittels Vorsorgevollmacht eine Vertretungsmacht erteilt, die auch Besuchsrechte und die Erteilung ärztlicher Informationen umfasste. Generell berechtigte sie das somit auch dazu, ein Besuchsverbot zu erteilen. Eine Grenze dieser Vertretungsmacht ist aber unter anderem im tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers oder in der Sittenordnung gemäß § 138 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu sehen. Im zugrunde liegenden Fall war davon auszugehen, dass es dem Willen des Sohnes entsprochen hätte, sowohl von der Mutter als auch vom Vater besucht und betreut zu werden. Schließlich hatte er vor dem Unfall mit beiden Elternteilen intensiven Kontakt, obwohl er bereits seit einiger Zeit in einer eigenen Wohnung lebte.

Übrigens: Da der Sohn bereits volljährig war, konnte der Vater zwar kein Sorge- oder Umgangsrecht geltend machen. Der Staat muss aber auch die familiäre Beziehung zwischen den Eltern und ihrem volljährigen Kind, das bereits ausgezogen ist und daher nur noch gelegentlichen Umgang mit den Eltern hat, schützen. Das AG Ellwangen sprach dem Vater daher einen unmittelbaren Anspruch gegen die Mutter nach § 1004 BGB analog i. V. m. Art. 6 Grundgesetz (GG) zu.

(AG Ellwangen, Beschluss v. 16.05.2014, Az.: 2 C 221/14)

(VOI)

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