Bürgschaft - was Sie wissen und beachten müssen!
- 7 Minuten Lesezeit
Inhaltsverzeichnis
- Die wichtigsten Fakten:
- Was ist eine Bürgschaft?
- Wer darf gesetzlich Bürge sein?
- Welche verschiedenen Bürgschaften gibt es?
- Wie kommt man aus dem Bürgschaftsvertrag raus?
- Wann und wo werden Bürgschaften eingesetzt?
- Welche Formalitäten und Unterlagen sind bei einer Bürgschaft wichtig?
- Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft
- Risiko bei der Bürgschaft
Sowohl im Geschäftsleben als auch im privaten Bereich lässt die Zahlungsmoral der Schuldner oft zu wünschen übrig. Um sich und ihre Forderung abzusichern, werden deshalb vor allem im Kreditgeschäft verschiedene Sicherheiten vereinbart. Diese Sicherheiten knüpfen entweder als sog. Realsicherheiten an bestimmte Vermögenswerte wie z. B. Immobilien oder Autos an, die zur Sicherung übereignet werden, oder begründen als sog. Personalsicherheiten die Einstandspflicht einer weiteren Person.
Die Bürgschaft ist eine der bekanntesten Personalsicherheiten, die vielfach zu leichtfertig unterzeichnet wird. Das liegt daran, dass Bürgen häufig den Beteuerungen von Ehegatten, Kindern, Geschwistern, Eltern oder Freunden glauben und das mit der Bürgschaft verbundene wirtschaftliche Risiko unterschätzen. Es ist daher dringend zu raten, sich vor Unterschrift irgendeiner Bürgschaft unbedingt mit dem Institut der Bürgschaft, ihrem Regelungsgehalt und vor allem den mit der Bürgschaft verbunden Risiken auseinanderzusetzen.
Die wichtigsten Fakten:
Mit einer Bürgschaft haftet der Bürge für den Fall, dass der Hauptschuldner des Vertrags nicht mehr zahlungsfähig ist.
Es wird zwischen der Ausfallbürgschaft und der selbstschuldnerischen Bürgschaft unterschieden.
Eine Bürgschaft erlischt grundsätzlich erst mit vollständiger Begleichung der Schuld.
Bürgschaften werden vererbt und können nicht gekündigt werden.
Bürgschaften unter Privatpersonen müssen schriftlich abgeschlossen werden.
Was ist eine Bürgschaft?
Die Bürgschaft verfolgt als klassisches Instrument der Personalsicherheiten das Ziel den Gläubiger eines Zahlungsanspruchs (z. B. Darlehensraten, Zinsansprüche, Kaufpreis, Werklohn) dadurch abzusichern, dass er im Notfall eine weitere Person in Anspruch nehmen kann. Bei einer Bürgschaft gibt es drei Beteiligte: den Hauptschuldner, den Bürgen und den Gläubiger. Während Ersterer die Verbindlichkeiten des Gläubigers (z. B. einer Bank) trägt, erklärt sich der Bürge als rechtlich Dritter dazu bereit, für sie zu haften. Das bedeutet, dass der Bürge für die Schulden des Hauptschuldners aufkommen muss, wenn dieser zahlungsunfähig ist – bei unlimitierten Bürgschaften sogar mit seinem gesamten Vermögen. Bürgschaften dienen also dazu, Vertragsgeschäfte abzusichern. Insbesondere bei Kreditgeschäften kommt diese Sicherheit zum Einsatz.
Schuldverhältnisse
Das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Bürge ist von dem Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (Werkvertrag, Mietvertrag etc.) zu unterscheiden, womit die Hauptverbindlichkeit (z.B. Darlehen) begründet wird. Zwischen dem Schuldner und dem Bürgen besteht ein weiteres Schuldverhältnis, das sog. Avalverhältnis. Dies wird regelmäßig in Form eines Auftrags oder eine Geschäftsbesorgungsvertrags begründet. Der Schuldner ist der Hauptschuldner, der Bürge Nebenschuldner. Erfüllt der Bürge für den Schuldner die Hauptverbindlichkeit, geht die Forderung des Gläubigers kraft Gesetzes nach § 774 BGB auf ihn über. Hierauf kann er schließlich seine Ausgleichsforderungen gegen den Schuldner stützen.
Konzeption der Bürgschaft
Gesetzlich verankert ist die Bürgschaft in § 765 BGB, wonach sie ein einseitig verpflichtender Vertrag ist. Das bedeutet, dass sich für die Wirksamkeit des Vertrags lediglich eine Partei, in diesem Fall der Bürge, damit einverstanden erklären muss, die Verpflichtungen des Hauptschuldners gegenüber dem im Vertrag genannten Gläubiger zu übernehmen. Gesonderte Einwilligungen von Hauptschuldner oder Gläubiger sind nicht erforderlich.
Der Bürgschaftsvertrag wird nicht zwischen dem Hauptschuldner und dem Bürgen geschlossen, sondern zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen. Dabei steht der Bürge gegenüber dem Gläubiger persönlich mit seinem gesamten Privatvermögen für die Schuld des Hautschuldners ein. Konkret bedeutet das, dass der Gläubiger beispielsweise ausstehende Kreditraten direkt vom Bürgen einfordern kann, wenn der Hauptschuldner den Kredit nicht bedienen kann. Im schlimmsten Fall muss der Bürge dann den gesamten Kredit inklusive der Zinsen zurückzahlen.
Wer darf gesetzlich Bürge sein?
Grundsätzlich kann jede geschäftsfähige, volljährige Person bürgen. Selbstverständlich sollte man als Bürge auch eine gewisse wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen, um im Schadensfall in der Lage zu sein, finanziell einzuspringen. Eine Bürgschaft zu übernehmen stellt ein großes Risiko dar, weshalb sich der potenzielle Bürge gut überlegen sollte, ob er sie annimmt oder nicht. Wenn die Entscheidung letztendlich auf das Abschließen einer Bürgschaft gefallen ist, kommt es auch darauf an, die – je nach Konstellation – richtige Art der Bürgschaft auszuwählen. Bei Zweifeln sollte immer ein Anwalt hinzugezogen werden.
Welche verschiedenen Bürgschaften gibt es?
Je nachdem für welche Konstellation Sicherheiten gefordert werden, muss eine entsprechende Bürgschaft abgeschlossen werden. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Bürgschaften unterscheiden: die Ausfallbürgschaft und die selbstschuldnerische Bürgschaft.
Ausfallbürgschaft
Diese Bürgschaft regelt, dass der Bürge erst dann zahlungspflichtig wird, wenn der Schuldner gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt wird. Sie wird auch „gewöhnliche Bürgschaft“ genannt. Die Ausfallbürgschaft ist für den Bürgen die sicherste Variante. Allerdings ist sie mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden und daher für Banken uninteressant.
Selbstschuldnerische Bürgschaft
Bei dieser Bürgschaft haftet der Bürge genauso wie der Hauptschuldner. Das heißt, der Gläubiger kann sich direkt an den Bürgen wenden und muss sich zuvor nicht darum bemühen, das Geld vom Schuldner einzutreiben. Während die selbstschuldnerische Bürgschaft aus diesem Grund von Banken eingesetzt wird, ist sie sehr risikoreich für den Bürgen und sollte eher nicht gewählt werden.
Anmerkung: Kaufleute bürgen in der Regel selbstschuldnerisch, so § 349 Handelsgesetzbuch (HGB). Soll also die Handelsbürgschaft entgegen dieser gesetzlichen Vermutung jedoch als Ausfallbürgschaft übernommen werden, muss dies konkret vereinbart werden. Dabei ist die Handelsbürgschaft gemäß § 350 HGB sogar formfrei möglich.
Wie kommt man aus dem Bürgschaftsvertrag raus?
Eine Kündigung der Bürgschaft ist nur dann möglich, wenn im Bürgschaftsvertrag ausdrücklich ein Kündigungsrecht vereinbart wurde. Andernfalls gilt eine Bürgschaft unbefristet, sofern keine Frist bestimmt ist. Sie erlischt also normalerweise erst dann, wenn die Schuld gegenüber dem Gläubiger vollständig beglichen ist. Die weitverbreitete Annahme, der Tod des Bürgen führe zum Erlöschen der Bürgschaft, ist falsch. Grundsätzlich werden Bürgschaften vererbt, was bedeutet, dass die Erben sowohl die Vermögenswerte als auch die vertraglich vereinbarte Art und den Inhalt der Bürgschaft übernehmen. Ausnahmen gelten aber beispielsweise in Fällen, in denen vertraglich festgehalten wurde, dass die Bürgschaft im Todesfall endet, oder dann, wenn sich die finanzielle Situation stark verschlechtert hat.
Wann und wo werden Bürgschaften eingesetzt?
Die Bürgschaft dient als zusätzliche Sicherheit für den Gläubiger, dass er ausstehende Zahlungen seitens des Schuldners auch tatsächlich erhalten wird. Deshalb ist ein Bürge für einen Gläubiger immer von Vorteil. Banken setzen Bürgschaften häufig ein, um einen Kredit ihrer Kunden abzusichern, wenn deren Bonität nicht ausreicht. Auch Vermieter verlangen Bürgschaften, wenn sie denken, dass die finanziellen Mittel der zukünftigen Mieter nicht ausreichen könnten, um die Miete zu begleichen.
Welche Formalitäten und Unterlagen sind bei einer Bürgschaft wichtig?
Gemäß § 766 BGB ist für die Bürgschaft zwingend die Schriftform vorgesehen. Denn der Bürge soll gewarnt sein, wenn er sich durch die Bürgschaft einseitig verpflichtet, für die Verbindlichkeiten des Schuldners einzustehen. Eine elektronische Erteilung ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Bestehende Formmängel werden nur geheilt, soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt.
Folgende Angaben sind im Bürgschaftsvertrag zwingend zu machen:
Name des Gläubigers
Name des Hauptschuldners
Name des Bürgen
Benennung der Hauptschuld
Höhe der verbürgten Darlehensschuld
Diese Unterlagen des Bürgen werden in der Regel zum Abschluss des Bürgschaftsvertrags benötigt:
Ausgefüllte Selbstauskunft
Ausweiskopien
Schufa-Auskunft
drei aktuelle Verdienstnachweise
Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft
Gerade Eheleute oder nahe Angehörige erteilen oftmals eine Bürgschaft aufgrund des persönlichen Näheverhältnisses zum Schuldner und gehen dabei nicht selten eine finanzielle Verpflichtung ein, die sie völlig ausweglos überfordert. Häufiges Beispiel: Die Bürgschaft der Ehefrau für Bankkredite, die dem kriselnden Unternehmen des Ehemannes gewährt werden. Aus diesem Grund sieht § 138 BGB für solche Bürgschaftsverträge Sittenwidrigkeit vor, wenn der Partner oder Angehörige allein aufgrund der engen emotionalen Verbundenheit gebürgt hat, obwohl er keine realistische Chance zur Schuldtilgung hat und dies für den Gläubiger (z.B. die kreditgebende Bank) offensichtlich war.
Vorsicht: Wenn die Ehefrau jedoch gleichzeitig Gesellschafterin des Unternehmens ist und mit der Bürgschaft ein Firmenkredit gesichert wird, so greifen zu ihren Gunsten nur ausnahmsweise die Grundsätze zur sittenwidrigen Ehegattenbürgschaft, nämlich wenn sie als bürgender Ehegatte nur als Strohmann in das Unternehmen eingebunden ist. Der Bundesgerichtshof bejaht die Strohmann-Eigenschaft bis zu einer maximalen Beteiligung von 10 Prozent (Az.: XI ZR 183/00). Weitere Informationen finden Sie in unserem anwalt.de Rechtstipp "Fallstricke bei der Ehegatten- und Gesellschafterbürgschaft ".
Die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft naher Angehöriger wendet die Rechtsprechung entsprechend ausnahmsweise auch auf ähnlich gelagerte Fälle an, zum Beispiel bei einer Arbeitnehmerbürgschaft: Hier bürgt der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber in der Hoffnung, seinen Arbeitsplatz zu behalten. Ist durch die Bürgschaft eine krasse finanzielle Überforderung des Arbeitnehmers zu bejahen und bürgt er allein für die Rettung seines Arbeitsplatzes, so ist der Bürgschaftsvertrag sittenwidrig. (BGH, Az.: XI ZR 121/02)
Risiko bei der Bürgschaft
Das wirtschaftliche Risiko besteht bei der Bürgschaft darin, im worst case tatsächlich für die gesamte Forderung des Gläubigers aufkommen zu müssen. Mit dem Bürgschaftsvertrag erhält der Gläubiger das Recht, den Bürgen bei Zahlungsausfall persönlich zur Zahlung der Geldforderung in Anspruch zu nehmen, weil dieser die vertragliche Verpflichtung eingegangen ist, die Schuld des Schuldners zu begleichen. Der Bürge haftet dabei mit seinem gesamten Vermögen bis hin zur Lohnpfändung. Ohne vertraglich festgehaltene Gründe kann man sich als Bürge auch nicht wieder von der Bürgschaft lösen. Selbst bei einer Scheidung bleibt die Bürgschaft grundsätzlich bestehen und geht im Todesfall sogar auf die Erben über.
Fazit: Bei der Bürgschaft handelt es sich also um einen rechtlich bindenden Vertrag mit einer einseitigen Verpflichtung. Daher ist die Bürgschaft kein unbedeutender Vertrag, sondern birgt enorme wirtschaftliche Risiken. Angehörige oder Freunde sollten den Bürgschaftsvertrag deshalb bei aller emotionalen Verbundenheit reiflich überlegen und gut prüfen oder prüfen lassen.
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