Mietminderung aufgrund Schimmel: Nur bedingt möglich!
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Inhaltsverzeichnis
- Schimmelursache: Baumangel, Fehlverhalten oder beides
- Schimmelbefall ist ein Sachmangel
- Vermieter muss die Mangelfreiheit beweisen
- Mietminderung Schimmel: Ausreichend heizen und lüften ist ein Muss
- Nur Fensterkippen genügt nicht
- Vermieter kann Verhaltensänderungen verlangen
- Mieter sicherheitshalber immer ausdrücklich belehren
- Auf ausreichenden Möbelabstand zu Wänden hinweisen
- Gesundheitsgefährdender Schimmel kann zu Mietminderung führen
- Urteilbeispiele Landgericht (LG) Frankfurt/Main:
- Urteilbespiel Bundesgerichtshof (BGH)
Schimmelbefall in der Wohnung – eine Horrorvorstellung für viele Mieter. So kann der Schimmel nicht nur gesundheitliche Beschwerden bei den Bewohnern hervorrufen, sondern auch zu einem handfesten Streit mit dem Vermieter führen. Schließlich muss unter anderem geklärt werden, wie der Schimmel entstehen konnte, wer die Beseitigungskosten übernehmen muss und ob der Mieter zur Mietminderung berechtigt ist.
Schimmelursache: Baumangel, Fehlverhalten oder beides
Hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen sind die wesentlichen Faktoren für Schimmelbildung. Gerade warme Luft nimmt erheblich mehr Feuchtigkeit auf als kalte Luft. Ist die Aufnahmekapazität allerdings überschritten, kondensiert die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit an der kältesten Stelle im Raum, die oft – aber nicht ausschließlich – in der Nähe der Fenster liegt. Schimmelfreundliches Klima kann durch falsche Nutzung, durch die Bauart oder durch beides bedingt sein. Im letzten Fall trifft Vermieter wie Mieter ein jeweiliges Mitverursachen.
Schimmelbefall ist ein Sachmangel
Grundsätzlich gilt: Schimmelbefall in der Wohnung stellt einen erheblichen Mangel dar – schließlich kann eine verschimmelte Wohnung die Bewohner wortwörtlich krank machen, ein vertragsgemäßer Gebrauch der Räumlichkeiten ist also nicht mehr möglich. Allerdings stehen dem Mieter Gewährleistungsrechte – z. B. Mietminderung – nur zu, wenn er diesen gesundheitsgefährdenden Zustand nicht selbst herbeigeführt hat, etwa durch unzureichende Lüftung. Trägt danach der Mieter die Schuld am Schimmelbefall, so kann sein Vermieter nicht nur weiterhin die Zahlung der vollständigen Miete von ihm verlangen, sondern auch noch die Übernahme der Schimmel-Beseitigungskosten. Sind dagegen Baumängel oder andere Ursachen aus der Sphäre des Vermieters für den Schimmel verantwortlich, so kann der Mieter von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch machen.
Vermieter muss die Mangelfreiheit beweisen
Im Rahmen der Beweisführung gilt: Der Vermieter muss zunächst beweisen, dass kein Baumangel vorliegt. Gelingt ihm das, muss der Mieter beweisen, dass er die Mängel nicht durch ein nutzungsbedingtes Fehlverhalten verursacht hat. Im Fall des Falles klärt ein Gutachter die Schimmelursachen. Aber selbst wenn das Gutachten eine fehlerhafte Wohnungsnutzung des Mieters feststellt, muss er nicht zwangsläufig dafür einstehen, wie folgende Fälle zeigen.
Mietminderung Schimmel: Ausreichend heizen und lüften ist ein Muss
Falsches Heizen und Lüften sind der häufigste Grund für Wohnungsschimmel, den Mieter in der Regel zu verantworten haben. Mieter müssen insofern dafür sorgen, dass die Wohnung nicht auskühlt und in ihr ein ausreichender Luftaustausch stattfindet.
In puncto Beheizung treffen Mieter allerdings nicht die gleichen Anforderungen, wie sie Vermieter erfüllen müssen. Sofern nicht anders vertraglich vorgegeben, müssen Mieter nur eine Durchschnittstemperatur von 18 Grad Celsius aufrechterhalten. Vermieter sind aber dennoch verpflichtet, auch höhere Heiztemperaturen zu ermöglichen (AG Siegburg, 30.06.2011, Az.: 112 C 68/10).
Nur Fensterkippen genügt nicht
Zum Lüften der Wohnung genügt es nicht, die Fenster zu kippen. Denn Luft, die sich insbesondere hinter Möbeln und in den Ecken von Räumen befindet, wird so nicht ausreichend erneuert. Statt Fensterkippen ist daher Stoßlüften oder – sofern möglich – sogar Querlüften – sprich Durchzug – angesagt.
Und das nicht nur einmal, sondern mehrmals täglich. Dabei belastet auch berufstätige Mieter das drei- bis viermalige Stoßlüften pro Tag nicht über die Maßen. Während der Arbeitszeit kann ein Vermieter allerdings keine Lüftung erwarten (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 16.01.2015, Az.: 2-17 S 51/14).
Mietern, die es mit dem Lüften übertreiben, kann – insbesondere wegen drohender Frostschäden in der Winterzeit – die Kündigung drohen. Das war der Fall bei einer Berliner Mieterin, die ihre Wohnung im Winter mit offen stehenden Fenstern in Küche und Bad für längere Zeit verließ, ohne dabei jemanden mit dem Schließen und Öffnen der Fenster zu beauftragen (LG Berlin, Urteil v. 22.01.2014, Az.: 65 S 268/13).
Vermieter kann Verhaltensänderungen verlangen
Eine Änderung des Wohnverhaltens kann nur verlangt werden, wenn sie dem Mieter zumutbar ist – so wäre es z. B. für einen berufstätigen Mieter unzumutbar, während der Arbeitszeit nach Hause zu fahren, um zusätzlich zu lüften. Ferner muss für den Mieter erkennbar sein, dass er sein Wohnverhalten ändern muss, um einen Schaden an seiner Wohnung zu verhindern. Hierzu genügt etwa der Hinweis des Vermieters auf einen erhöhten Lüftungsbedarf – entweder bei Vertragsschluss oder nach dem Umbau bzw. der Renovierung. Im Übrigen können die Mietvertragsparteien explizit vereinbaren, welche Pflichten den Mieter treffen, um etwaige Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden, indem er z. B. die Möbel ca. 10 cm von der Wand entfernt aufstellt oder viermal am Tag lüftet.
Durch abweichende Vereinbarungen oder Umstände kann ein Vermieter auch mehr Anstrengungen von Mietern verlangen. So kann ein Mieter eines Altbaus keinen aktuellen technischen Stand der Dämmung erwarten. Gegebenenfalls muss der Mieter dadurch mehr lüften und entstehende Feuchtigkeit wegwischen (AG Lehrte, Urteil v. 06.09.2011, Az.: 9 C 387/10).
Entsprechendes müssen Mieter auch dann in Kauf nehmen, wenn der Einbau moderner Fenster zu einem erhöhten Heiz- und Lüftungsbedarf führt (AG Nürtingen, Urteil v. 09.06.2010, Az.: 42 C 1905/09). Allerdings kann der Vermieter sowohl das Beheizen wie Lüften nur in zumutbarem Umfang verlangen, da er andernfalls mit Annahme eines von ihm zu vertretenden Wohnungsmangels rechnen muss (LG Konstanz, Urteil v. 20.12.2012, Az.: 61 S 21/12).
Lässt der Vermieter so dichte Fenster einbauen, dass eine „Zwangslüftung“ nicht mehr möglich ist, kann schnell Schimmel entstehen, wenn der Mieter nicht mehr als bisher lüftet. Es ist daher zunächst einmal die Pflicht des Vermieters, Vorkehrungen zu treffen, die dennoch einen regelmäßigen Luftaustausch ermöglichen – etwa durch Einbau einer Lüftungsanlage –, und den Mieter über den erhöhten Lüftungsbedarf zu informieren. Schließlich kann von diesem, wie bereits erläutert, ohne Hinweis bzw. entsprechende Vereinbarung kein übermäßiges Lüften oder das Wegrücken der Möbelstücke von den Wänden verlangt werden. Führt danach das „normale“ Wohnverhalten zur Schimmelbildung, kann dies dem ahnungslosen Mieter nicht angekreidet werden. Der Vermieter kann dann weder rückständige Miete verlangen, wenn die Miete zuvor ordnungsgemäß gemindert wurde, noch die Erstattung der Schimmel-Beseitigungskosten (LG Gießen, Urteil v. 02.04.2014, Az.: 1 S 199/13).
Sollte der Mangel zudem bereits gerichtlich festgestellt sein, trifft den Mieter keine erneute Anzeigepflicht vor einer weiteren Mietminderung (BGH, Urteil v. 18.03.2014, Az.: VIII ZR 317/13). Wie der Vermieter den Mangel beseitigt, ist dabei jedoch grundsätzlich seine Entscheidung (LG Hamburg, Urteil v. 25.03.2010, Az.: 307 S 152/09).
Mieter sicherheitshalber immer ausdrücklich belehren
Vermieter müssen Mieter zwar nicht auf den Umfang notwendigen Heizens und Lüftens hinweisen. Sicherheitshalber sollte ein Vermieter seine Mieter aber immer sachgerecht und präzise auf ein abweichendes und insbesondere ein zu änderndes Nutzungsverhalten hinweisen und diese Belehrung am besten schriftlich mit Unterschrift des Mieters festhalten.
Andernfalls riskiert der Vermieter nicht nur, dass sein Mieter mangels des ihm vorwerfbaren Fehlverhaltens für entstandene Schäden der Haftung entgeht – der Vermieter setzt sich dadurch zudem der Gefahr eigener Ansprüche seiner Mieter wegen ihnen entstandener Schäden aus.
Auf ausreichenden Möbelabstand zu Wänden hinweisen
Schimmel bildet sich gerne und vor allem unbemerkt hinter Möbeln. Dennoch können Vermieter nicht verlangen, dass Mieter keine Möbel aufstellen oder sie nur an bestimmten Stellen platzieren. Denn Mieträume müssen so beschaffen sein, dass sich hinter Möbeln bei einem Wandabstand von wenigen Zentimetern kein Schimmel bildet.
Im Übrigen sollten Vermieter ihre Mieter auch auf einen notwendigen Abstand zwischen Möbeln und Wand hinweisen. Sonst kann es im ungünstigen Fall dazu kommen, dass der Vermieter seinem Mieter durch Schimmel beschädigte Möbel ersetzen muss (LG Münster, Urteil v. 22.03.2011, Az.: 3 S 208/10).
Gesundheitsgefährdender Schimmel kann zu Mietminderung führen
Ob von Schimmelpilzen eine Gesundheitsgefährdung ausgeht oder nicht, spielt auch eine entscheidende Rolle für die rechtlichen Folgen. Eine Gesundheitsgefährdung berechtigt nicht nur zu einer höheren Mietminderung (BGH, Urteil v. 11.07.2012, Az.: VIII ZR 138/11). Sie bedingt zudem auch die notwendige Dringlichkeit, aufgrund der Gerichte eine belastende Eilentscheidung treffen können.
Kündigung Mietvertrag: Umgekehrt genügt der Befall mit nicht-toxischem im Gegensatz zu toxischem Schimmel in der Regel nicht, damit der Mieter den Mietvertrag außerordentlich kündigen kann (LG Karlsruhe, Urteil v. 16.10.2012, Az.: 9 S 504/11).
Urteilbeispiele Landgericht (LG) Frankfurt/Main:
Bei selbst verschuldetem Mangel kein Recht zur Minderung
Der Vermieter hatte seinen Mieter auf Zahlung rückständiger Miete verklagt. Dieser hatte die Miete gemindert, weil die Wohnung von Schimmel befallen war. Für ein eigens beauftragtes Gutachten hatte er zudem Geld von der Miete einbehalten. Ein vom Vermieter im Rahmen des Rechtsstreits beauftragtes Gegengutachten kam jedoch zum Ergebnis, dass nicht die Wohnung, sondern das Verhalten des Mieters schimmelursächlich war. Dafür sprach auch, dass vor dessen Einzug in der baulich unveränderten Wohnung kein Schimmel vorhanden war. Dem Vermieter gelang dadurch der notwendige Beweis für die Schuld des Mieters. Diese schließt die grundsätzlich mögliche Mietkürzung aus, auch wenn Schimmel stets einen Mangel darstellt.
Keine Umbaupflicht bei vertragsgemäßer Wohnung
Dem Gutachten des Vermieters zufolge könne der Pilzbefall durch vorübergehendes drei- bis viermaliges Stoßlüften beseitigt werden. Ein Kipplüften reicht wegen des fehlenden Luftaustauschs nicht aus. Das LG Frankfurt/Main hat entschieden, dass stoßweises morgens und abends durchgeführtes Lüften auch den berufstätigen Mieter nicht überfordert. Dessen Argument, eine bessere Dämmung der Wärmebrücken in dem 1954 erbauten Haus verhindere ebenfalls eine weitere Schimmelbildung, wies das Gericht zurück. Eine Umbaupflicht scheitert an der vertragsgemäßen Wohnung. Ohne besondere Parteiabreden schuldet der Vermieter nur eine Wohnung, die sich vereinbarungsgemäß nutzen lässt und die der Mieter üblicherweise erwarten kann. Für Letzteres ist die Betrachtung mit nach Alter, Ausstattung, Art des Gebäudes und Höhe der Miete vergleichbaren Wohnungen ausschlaggebend. Auch die Ortssitte spielt eine Rolle. Ebenso ist für die Einhaltung technischer Normen zu sorgen. Das Haus und insbesondere dessen Wärmebrücken entsprachen jedoch der DIN-Norm für vergleichbare Häuser der 60er-Jahre. Der Mieter musste als Verlierer die Kosten des Verfahrens - darunter diejenigen des Vermietergutachtens - tragen.
(LG Frankfurt/Main, Urteil v. 07.02.2012, Az.: 2-17 S 89/11)
Urteilbespiel Bundesgerichtshof (BGH)
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt, welch hohes Risiko der Mieter eingeht, wenn er wegen eines Mangels die Miete kürzt. Denn ab einem Rückstand von zwei Monatsmieten ist der Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Stellt sich später dann heraus, dass der Mangel nicht einen in den Verantwortungsbereich des Vermieters fallenden Auslöser hat, sondern vom Mieter selbst verschuldet wurde, ist der Irrtum des Mieters diesbezüglich unerheblich.
Im Ausgangsfall hatte der Mieter wegen Schimmel und Kondenswasser in der Wohnung die Miete um 20 Prozent gemindert. Nachdem ein Rückstand in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten aufgelaufen war, kündigte der Vermieter dem Mieter fristlos. Schließlich zog er vor Gericht und forderte Zahlung der rückstehenden Miete.
Anlässlich des Verfahrens vor dem Amtsgericht stellte ein Sachverständiger fest, dass der Schimmel in der Wohnung nicht auf den baulichen Zustand der Wohnung zurückzuführen war, sondern auf das Lüftungsverhalten des Mieters.
Er hatte in der Wohnung zwei Aquarien und ein Terrarium. Weil die darauf beruhende hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung die Bildung von Schimmel begünstigte, hätte der Mieter die Wohnung noch mehr lüften müssen. Das hat er aber nicht getan. Daher fiel das Gutachten zu seinen Lasten aus.
Aufgrund der Sachlage hat der BGH ebenfalls den Schimmel auf ein Verschulden des Mieters zurückgeführt. Dass er zum Zeitpunkt, als er die Miete minderte, davon irrtümlich nicht ausgegangen war, ändert an seinem Verschulden nichts. Zwar hatte der Mieter inzwischen vollständig ausgeglichen. Allerdings erfolgte die Bezahlung nicht mehr fristgerecht. Aus diesem Grund verurteilten die Karlsruher Richter den Mieter zur sofortigen Räumung der Wohnung.
(BGH, Urteil v. 11.07.2012, Az.: VIII ZR 138/11)
(VOI/GUE)
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