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Die verdeckte Gewinnausschüttung in der Strafverteidigung: Das müssen Sie wissen

  • 14 Minuten Lesezeit
Die verdeckte Gewinnausschüttung in der Strafverteidigung: Das müssen Sie wissen

Handelt es sich bei einer verdeckten Gewinnausschüttung um Steuerhinterziehung? Eine einfache Steuerhinterziehung setzt voraus, dass der Täter den Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat und dadurch Steuern verkürzt werden (§ 370 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Abgabenordnung, AO). Zudem muss der Erklärungspflichtige vorsätzlich gehandelt haben. Das Gesetz verlangt also vom Steuerpflichtigen unter anderem, dass er die verdeckte Gewinnausschüttung in seiner Steuererklärung angibt. Ob eine Steuerverkürzung gegeben ist, ergibt sich nicht aus dem Strafgesetz, sondern aus den steuerlichen Vorschriften. 

Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuergesetz

Die Erscheinungsformen von verdeckten Gewinnausschüttungen nach Maßgabe des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind derart vielfältig, dass in diesem Rahmen nur eine Einführung in die Basics dieses steuerlichen Dauerbrenners möglich ist, der – gefühlt – in jeder Betriebsprüfung einer Kapitalgesellschaft „gespielt“ wird. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Sie wirkt sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags (§ 4 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz, EStG) aus und beruht nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss.  

In schätzungsweise mehr als 95 Prozent aller Fälle, insbesondere in steuerlichen Betriebsprüfungen, ist die gesellschaftsrechtliche Veranlassung einer verdeckten Gewinnausschüttung zentraler Streitpunkt. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis besteht, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte.  

Materieller Fremdvergleich für eine verdeckte Gewinnausschüttung im KStG

Für die verdeckte Gewinnausschüttung im KStG und EStG ist grundsätzlich ein materieller Fremdvergleich anzustrengen. Es ist zu prüfen, ob Gesellschaft und Gesellschafter einen fremdüblichen Preis vereinbart haben.  

Materieller Fremdvergleich und verdeckte Gewinnausschüttung: Beispiel 1  

Die Gesellschaft veräußert ein ihr gehörendes Grundstück für 1.000.000 Euro an den Gesellschafter. Ein in der Nachbarschaft gelegenes identisches Grundstück wurde zwei Monate zuvor für 2.000.000 Euro verkauft. In diesem Fall läge eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 1.000.000 Euro vor, da der Gewinn der Gesellschaft bei Vereinbarung eines fremdüblichen Preises um 1.000.000 Euro höher gewesen wäre.  

Ein so eindeutiger Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung ist aber eher selten. Tatsächlich gibt es in der Regel nicht den einen fremdüblichen Preis, sondern eine Bandbreite an fremdüblichen Preisen.  

Materieller Fremdvergleich und verdeckte Gewinnausschüttung: Beispiel 2 

Das fremdübliche Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Gesellschaft beträgt nach Maßgabe von Gehaltsstrukturuntersuchungen eben nicht 187.345,32 Euro, sondern das in vergleichbaren Unternehmen gezahlte Gehalt bewegt sich in einer Spanne von – zum Beispiel – 160.000 bis 250.000 Euro. In diesem Fall kann von einer verdeckten Gewinnausschüttung im KStG und EStG allenfalls ausgegangen werden, wenn der äußere Rand der fremdüblichen Gehälter signifikant überschritten wird – in diesem Fall also die 250.000 Euro.  

Der Bundesfinanzhof (BFH) und das Bundesfinanzministerium (BMF) gehen von einem fremdunüblichen Gehalt sogar nur aus, wenn das Gehalt den äußeren Rand dieser Bandbreite um mehr als 20 Prozent überschreitet. Darüber hinaus kann der Gesellschafter – besser sein Berater– auch Gründe vortragen, warum sein Gehalt auch jenseits der Bandbreite angemessen ist. Bei Mietverhältnissen oder Nutzungsrechtsüberlassungen zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft kommt die Verwaltung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die Nutzungsüberlassung zu einem unangemessenen Preis erfolgt. 

Materieller Fremdvergleich und verdeckte Gewinnausschüttung: Beispiel 3 

Der in Deutschland ansässige Gesellschafter mietet eine im Eigentum seiner Gesellschaft stehende Ferienimmobilie am Lago Maggiore und zahlt den üblichen Mietpreis für Objekte dieser Lage und Ausstattung, den auch ein fremder Dritter zu zahlen hätte. Hier scheint kein Raum für eine verdeckte Gewinnausschüttung – im EStG als Einnahme aus Kapitalvermögen des Gesellschafters– zu bleiben.  

Allerdings wurde der Preis ohne den BFH kalkuliert. Nach Ansicht des höchsten Steuergerichts hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH als angemessenen Mietzins keine fremdübliche Bruttomiete verlangt, sondern eine um einen Gewinnaufschlag von 5 Prozent erhöhte sogenannte Kostenmiete. Fremdüblich soll eine Miete sein, die die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung des Hauses abdeckt und wodurch die Gesellschaft zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält. Die verdeckte Gewinnausschüttung liegt hier in der Differenz zwischen dem vereinbarten Mietzins und der zu ermittelnden Kostenmiete. 

Formeller Fremdvergleich für eine verdeckte Gewinnausschüttung im KStG

Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter gelten zudem Sondergrundsätze, die die Rechtsprechung entwickelt hat und die Verwaltung gern aufgreift, fällt doch im Einzelfall die verdeckte Gewinnausschüttung und damit das Mehrergebnis des Betriebsprüfers mehr oder minder aus den Akten. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im KStG und EStG ist anzunehmen, wenn keine zivilrechtlich wirksame, klare, eindeutige und im Voraus abgeschlossene Vereinbarung darüber vorhanden ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist, oder wenn nicht einer klaren Vereinbarung entsprechend verfahren wird. Dabei spricht man vom sogenannten formellen Fremdvergleich, bei dem aus dem Verstoß gegen Formalien auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung geschlossen wird.  

Beherrschender Gesellschafter 

Die beherrschende Stellung, die insbesondere gegeben ist, wenn ein Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung hat, muss im Zeitpunkt der Vereinbarung oder des Vollzugs der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung vorliegen. 

Formeller Formvergleich und verdeckte Gewinnausschüttung: Beispiel 1 

Eine verdeckte Gewinnausschüttung an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer liegt vor, wenn er sich wegen überragender Leistungen und eines außerordentlich guten Geschäftsergebnisses am 15.12. eines Jahres rückwirkend für dieses Jahr sein Gehalt verdoppelt. Dies gilt auch dann, wenn sein Mitgeschäftsführer und Nicht-Gesellschafter ebenfalls eine entsprechende Gehaltserhöhung erhält. Die Angemessenheit des Gehalts nach Maßgabe des materiellen Fremdvergleichs ist für die Beurteilung irrelevant.  

Formeller Formvergleich und verdeckte Gewinnausschüttung: Beispiel 2 

Der beherrschende Gesellschafter vermietet eine Lagerhalle an seine zahlungsfähige Gesellschaft. Der Vertrag wird jahrelang durchgeführt, das heißt, die Lagerhalle wird der Gesellschaft zur Verfügung gestellt und die Gesellschaft überweist die Miete. Nach einem Gewinneinbruch und einer Phase längerer, aber nicht existenzbedrohender Verluste überweist die Gesellschaft die Miete nicht mehr, sondern passiviert Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter.  

Die Idee des Gesellschafters ist so einfach wie falsch. Bei der Gesellschaft wirken sich die Mietaufwendungen nicht steuermindernd aus, weil die Gesellschaft keine Gewinne macht. Also ergibt es auch keinen Sinn, als Gesellschafter Mieteinkünfte zu versteuern, die einen Zufluss der Einnahmen voraussetzen. 

Auf der Ebene der Gesellschaft kommt es zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, da der Vertrag mit dem Gesellschafter nicht tatsächlich durchgeführt wurde. Der Gewinn der Gesellschaft ist also entsprechend zu erhöhen. Der beherrschende Gesellschafter muss auch ohne Zahlung Einnahmen versteuern, da er kraft seiner beherrschenden Stellung einen faktischen Zugriff auf das Vermögen und damit auf die Bankbestände der Gesellschaft hatte. Er hätte jederzeit eine Zahlung aus den vorhandenen Mitteln der Gesellschaft an sich anweisen können. Allerdings erzielt er keine Miet-, sondern Kapitaleinkünfte. 

Beweislast bei verdeckten Gewinnausschüttungen im KStG 

Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern müssen zivilrechtlich wirksam sein, um steuerlich anerkannt zu werden. Wer sich auf die Existenz eines mündlich abgeschlossenen Vertrags beruft – beispielsweise den Darlehensvertrag oder eine Kontokorrentabrede, um eine Entnahme aus der Kasse ungeschehen zu machen –, aber keinen entsprechenden Nachweis führen kann, muss den Nachteil des fehlenden Nachweises tragen, weil er sich auf die Existenz des Vertrags zur Begründung des Betriebsausgabenabzugs beruft. Der beherrschende Gesellschafter muss nachweisen, dass im Voraus eine klare und eindeutige Vereinbarung geschlossen wurde. 

Steuerverkürzung  

Liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung im KStG vor, ist der steuerliche Gewinn der Kapitalgesellschaft außerbilanziell zu erhöhen (§ 370 Abs. 4 S. 1 AO). Damit erhöht sich die Bemessungsgrundlage für die Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie den Solidaritätszuschlag. Da es im Wesen einer verdeckten Gewinnausschüttung liegt, von Ausnahmen abgesehen nicht deklariert zu werden – Einkommensverwendung im Mantel von Betriebsausgaben –, ist der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung schnell erfüllt.  

Tauglicher Täter bei verdeckten Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft 

Den juristischen – aber auch faktischen – Geschäftsführer, der als Organ der Gesellschaft deren steuerliche Pflichten zu erfüllen hat (§ 34 Abs. 1 S. 1 AO), trifft der Tatvorwurf, da die Kapitalgesellschaft nach deutschen Rechtsverständnis nicht strafrechtsfähig ist. Ein Schuldvorwurf kann nur natürlichen Personen gemacht werden. Eine Gesellschaft kann keine Straftat begehen. 

Verdeckte Gewinnausschüttung im EStG

Fließt die verdeckte Gewinnausschüttung dem Gesellschafter zu, muss er Einkommensteuer auf Einnahmen aus Kapitalvermögen entrichten. Gehören die Anteile an der Kapitalgesellschaft zu seinem Privatvermögen, versteuert er seine Einnahmen im Rahmen der privaten Kapitalanlagebesteuerung zu einem einkommensteuerlichen Sondertarif von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag.  

Gehören die Anteile an der Gesellschaft zu seinem Betriebsvermögen, sind die verdeckten Gewinnausschüttungen zu 40 Prozent steuerfrei. Die verbleibenden 60 Prozent werden als Bestandteil seines Gewinns seinem individuellen tariflichen Steuersatz – Spitzensteuersatz derzeit noch 45 Prozent –, gegebenenfalls zuzüglich eines Solidaritätszuschlags, unterworfen. Dabei spricht man vom Teileinkünfteverfahren.  

Tauglicher Täter bei verdeckten Gewinnausschüttungen im EStG 

Der Tatvorwurf trifft den Gesellschafter, da er möglicherweise seine einkommensteuerlichen Deklarationspflichten verletzt hat. 

Umqualifikation von verdeckten Gewinnausschüttungen im EStG 

Ob aber Mehrsteuern auf der Ebene des Gesellschafters entstehen, hängt auch davon ab, ob er die Einnahme nicht bereits deklariert hat, aber unter einem anderen steuerlichen Label, zum Beispiel als Vermietungseinkünfte oder Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Sofern der Grenzsteuersatz des Gesellschafters über 25 Prozent liegt, führt die Umqualifikation seiner Einkünfte in Kapitaleinkünfte dann sogar zu einer Steuererstattung und nicht zu einer Steuerverkürzung. Beispiel: Im Falle des Grundstücksverkaufs der Gesellschaft (siehe oben) hätte der Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 1.000.000 Euro zu versteuern gehabt und die Gesellschaft einen um 1.000.000 Euro erhöhten Gewinn. 

Kapitalertragsteuern auf verdeckte Gewinnausschüttungen 

Gewinnausschüttungen – auch verdeckte – lösen 25 Prozent Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag aus. Hier wird der nächste strafrechtliche Konflikt von verdeckten Gewinnausschüttungen eröffnet: Die Kapitalgesellschaft als Entrichtungspflichtige, vertreten durch ihren Geschäftsführer (siehe oben), muss die Kapitalertragsteuer bei Auszahlung der verdeckten Gewinnausschüttung einbehalten, beim Finanzamt anmelden (Kapitalertragsteueranmeldung) und die Steuer abführen.  

Die Nichtanmeldung führt zu einer Steuerverkürzung und – Vorsatz unterstellt – zu einer vollendeten Steuerhinterziehung mit Ablauf des 10. dem Kapitalertragssteueranmeldungszeitraum folgenden Monats. Sachverhalte, die ertragsteuerlich verdeckte Gewinnausschüttungen sind, können zudem auch Umsatzsteuern auslösen.  

Die strafrechtliche Relevanz der verdeckten Gewinnausschüttung

Der von der Verwaltung geltend gemachte staatliche Besteuerungsanspruch schmerzt zunächst einmal im Portemonnaie. Mit Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sieht sich der Gesellschafter-Geschäftsführer dann auch noch mit dem staatlichen Strafanspruch konfrontiert. 

Verdeckte Gewinnausschüttung im Strafgesetzbuch 

Gelingt es, die verdeckte Gewinnausschüttung „wegzudiskutieren“ – und hierüber sollte Einvernehmen auch mit der Straf- und Bußgeldbehörde und nicht nur beispielsweise mit dem Betriebsprüfer erzielt werden –, wäre einem Strafverfahren der Boden entzogen und das Gespenst fällt in sich zusammen. Anders ist es, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung streitig bleibt und gegebenenfalls das Finanzgericht angerufen wird oder sie womöglich unstreitig ist. Spätestens dann ist der Staffelstab an den Strafverteidiger – sofern keine Personalunion zwischen Steuerberater und Strafverteidiger besteht – zu übergeben, dem dann als Verteidigungsfeld nur der fehlende Vorsatz des Gesellschafters bleibt. 

Vorsätzliche Steuerhinterziehung bei verdeckten Gewinnausschüttungen

Zum Vorsatz der Steuerhinterziehung gehört, dass der Täter den Steueranspruch dem Grund und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will und er nicht annimmt, dass die steuerliche Behandlung seiner Angelegenheit richtig war. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sein Steuerberater in Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes eine entsprechende Beratungsempfehlung abgegeben hat – die sich dann als falsch erweist. 

Der Vorsatz des Täters muss sich auch auf die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung beziehen. Er muss im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ das Ergebnis der außerstrafrechtlichen, steuerlichen Vorschriften kennen, um vorsätzlich zu handeln. Er muss die Bedeutung seiner Handlung in Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben erkennen. Um vorsätzlich zu handeln, muss der Täter wissen, dass aus dem verwirklichten Sachverhalt ein Steueranspruch zugunsten des Staates entstanden ist, der durch sein Erklärungsverhalten verletzt wird. Es genügt, dass der Täter Kenntnis von den Umständen hat, die die einschlägige Norm, auf die verwiesen wird, ausfüllen. Eine Kenntnis der Norm selbst ist hingegen nicht erforderlich.  

Individuelle Beurteilung des Vorsatzes bei verkürzten verdeckten Gewinnausschüttungen

In diesem Zusammenhang ist auch auf die konkreten Fähigkeiten des Betroffenen zur möglichen steuerrechtlichen Wertung von Tatbeständen abzustellen. Damit ist die Vorsatzfrage immer im Einzelfall zu klären. Pauschalierungen sind nicht angezeigt, gute Sachargumente hingegen schon. 

Verdeckte Gewinnausschüttung und Steuerhinterziehung: Beispiel 1 

Ein Handwerker, der vom Steuerberater in eine GmbH „getrieben wurde“, ohne zu erkennen, dass er es juristisch mit einem eigenständigen Rechtsträger zu tun hat, auf dessen Vermögen er nur nach Maßgabe der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zugreifen darf – Vermögenstransfer durch gesellschafterbeschlussbasierte Gewinnausschüttungen –, handelt nicht zwingend vorsätzlich, wenn er Gelder aus seiner Kasse entnimmt und für seine private Lebensführung verwendet. 

Verdeckte Gewinnausschüttung und Steuerhinterziehung: Beispiel 2 

Die Beurteilung ändert sich immer dann, wenn der unerfahrene Steuerpflichtige im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung auf sein Fehlverhalten hingewiesen wurde – entsprechende Vermerke finden sich in der Regel im Prüfungsbericht – und er diese Hinweise künftig missachtet. Wird ein selbstständiger Arzt auf die Umsatzsteuerpflicht der Entgelte für Schönheitsoperationen hingewiesen, begeht er eine vollendete Steuerhinterziehung, wenn er künftig die Abgabe entsprechender Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärungen unterlässt. Sofern der Steuerpflichtige in einer Deklaration die Rechtsansicht des Finanzamtes nicht teilen möchte, muss er zeitgleich mit der Abgabe einer entsprechenden Erklärung einen Hinweis auf die abweichende Rechtsansicht geben. Das kann zum Beispiel durch die Nutzung des sogenannten Freitextfeldes in seiner Einkommensteuererklärung erfolgen. 

Verdeckte Gewinnausschüttung und Steuerhinterziehung: Beispiel 3 

Durch die vermeintlich fremdübliche Vermietung der Ferienimmobilie hat der Gesellschafter-Geschäftsführer dokumentiert, dass er den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung nicht verwirklichen wollte. Vorsätzliches Verhalten wird nur dann vorliegen, wenn er die Rechtsprechung des BFH zur Kostenmiete nachweislich kannte. Hätte er die Immobilie hingegen unentgeltlich genutzt und aufgrund seiner individuellen Fertigkeiten erkannt, dass er der Gesellschaft Erträge entzieht, die sie bei einer Vermietung an fremde Dritte hätte erzielen können, läge eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vor. 

Verdeckte Gewinnausschüttung Gehalt und Steuerhinterziehung: Beispiel 4 

Im Gesellschafter-Geschäftsführer-Gehaltsfall (siehe oben) stellt sich die Frage der Angemessenheit. Der Gesellschafter muss die Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes ernstlich für möglich halten. Der Nachweis des Vorsatzes ist ohne größere Komplikationen erst dann möglich, wenn der Steuerpflichtige entweder sehr deutlich vom Fremdvergleichsgrundsatz abgewichen ist oder aber über ihm bekannte Vergleichsdaten im Hinblick auf eine Steuerentlastung hinweggegangen ist.  

Auch bei Geschäftsführervergütungen, die die Bandbreite der üblicherweise gezahlten Entgelte erheblich, also um mehr als 20 Prozent, übersteigen, liegt nicht zwingend eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vor, da es zumindest aus Sicht des Gesellschafters für die Zahlung des Gehalts gute Gründe geben kann, mit denen der Gesellschafter vielleicht steuerlich nicht durchdringt, die aber zugunsten des Geschäftsführers dafür sprechen, dass er keine Steuerverkürzung gewollt hat. Das Unsicherheitsmoment bei der Bestimmung des angemessenen Fremdvergleichs findet so Eingang in die Vorsatzfrage. Wenn im Rahmen handfester betriebswirtschaftlicher Diskussionen die Finanzverwaltung zu einem anderen Ergebnis als der Steuerpflichtige kommt, dürfte der Nachweis einer vorsätzlichen Steuerverkürzung in der Regel schwer zu führen sein. Allerdings wird sich der Strafverteidiger möglicherweise mit einer leichtfertigen Steuerhinterziehung auseinandersetzen müssen. 

Vorsatz Steuerhinterziehung und Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung

Der Vorsatz des Gesellschafters muss jedenfalls nicht die verkürzte Steuer der Höhe nach umfassen. Der Gesellschafter muss den Steueranspruch an sich kennen oder wenigstens für möglich halten. Das bedeutet nicht, dass der Täter den genau berechneten oder wenigstens überschlägig geschätzten Steueranspruch in sein Bewusstsein aufgenommen haben muss. Er muss vielmehr allein die tatsächlichen Grundlagen nach Art und Umfang kennen. Entscheidend ist, dass dem Gesellschafter bewusst ist, dass seine Gesellschaft eine eigenständige Rechtspersönlichkeit darstellt und es deshalb auch ihm als Gesellschafter verwehrt ist, sich Vermögen der Gesellschaft – auf welchem Weg auch immer – ohne Gegenleistung anzueignen.  

Vorsatz Steuerhinterziehung bei verhinderter Vermögensmehrung

Eine besondere Herausforderung für das Gericht dürfte die Überzeugungsbildung (§ 261 Strafprozessordnung, StPO) in Fällen verhinderter Vermögensmehrung sein. Gewährt die Gesellschaft dem Gesellschafter ein zinsloses oder zinsverbilligtes Darlehen, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der Differenz zwischen dem fremdüblichen und dem vereinbarten Zins vor. Der steuerliche Gewinn der Gesellschaft ist entsprechend zu erhöhen. Durch eine Fiktion eines Zuflusses werden dem Gesellschafter steuerlich entsprechende Kapitaleinkünfte zugerechnet.  

Ob ein steuerlich nicht bewanderter Gesellschafter Vorsatz im Hinblick auf die gewinnerhöhende Erfassung einer verhinderten Vermögensmehrung hat, ist meiner Einschätzung nach zweifelhaft. Bei einem steuerlich beratenden Juristen ist die Situation natürlich anders. Betreibt der Beschuldigte nach Art und Umfang Geschäfte, die notwendigerweise Grundkenntnisse des Steuerrechts auch der Kapitalgesellschaft erfordern, kann daraus geschlossen werden, dass er mit einer Steuerverkürzung durch sein eine verdeckte Gewinnausschüttung begründendes Vorgehen rechnet. 

Steuerhinterziehung bei einem Verstoß gegen den formellen Fremdvergleich

Wird der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze über den formellen Fremdvergleich bejaht, verneint die herrschende Meinung in der Literatur ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Aus dem Verstoß gegen lediglich formelle Nachweispflichten könne nicht auf eine vorsätzliche Steuerhinterziehung geschlossen werden. Der Strafrichter habe lediglich festzustellen, ob im Rahmen eines Leistungsaustausches ein unangemessenes Entgelt entrichtet worden ist.  

In den vom BGH entschiedenen Fällen wurde im Ergebnis auch nie an Nachweiserfordernisse angeknüpft, sondern jeweils festgestellt, dass bewusste Missbräuche – also Scheingeschäfte – stattgefunden hatten. Tatsächlich muss die Betrachtung etwas vielschichtiger sein. Steht fest, dass der beherrschende Gesellschafter mit der Gesellschaft eine rückwirkende Vereinbarung getroffen hat, die steuerlich nicht anerkannt wird, ist der Gewinn der Gesellschaft außerbilanziell zu erhöhen, sodass entsprechende Besteuerungsansprüche entstehen. Kennt der Gesellschafter die Grundsätze über den formellen Fremdvergleich, begeht er eine vorsätzliche Steuerhinterziehung, wenn er die verdeckte Gewinnausschüttung nicht deklariert. Gleiches gilt für die Nichtdurchführung einer Vereinbarung. Ist hingegen unklar, ob die Voraussetzungen des formellen Fremdvergleichs eingehalten wurden, und kann der Gesellschafter das Vorliegen einer im Vorhinein getroffenen – mündlichen – Vereinbarung nicht beweisen, so muss im Zweifel zugunsten des Gesellschafters entschieden werden. 

Fazit

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist steuerrechtlich zulässig und zur Ersparnis von Grunderwerbsteuern sogar ein Gestaltungsmittel. Verdeckt heißt jedenfalls nicht per se kriminell, sondern bedeutet nur, dass es an einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss als Rechtfertigung für eine Einkommensverwendung der Kapitalgesellschaft zugunsten der Gesellschafter fehlt; deklariert muss sie allerdings werden.  

Sowohl steuerlich als auch strafrechtlich bedarf es immer einer Betrachtung des Einzelfalls. Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie den Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt haben, und rechnen Sie womöglich mit einer Strafverfolgung, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige das Mittel der Wahl.

Foto(s): ©Adobe Stock/GalakticDreamer

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