§ 1603 Abs. 2 S. 3 BGB – nicht immer muss es das dreifache Nettoeinkommen sein

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Gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 3 kann die gesteigerte Verpflichtung zur Erzielung von (fiktiven) Erwerbseinkünften bei Minderjährigenunterhalt entfallen, wenn aufseiten des Unterhaltspflichtigen dessen angemessener Selbstbehaltsatz unter Berücksichtigung der Unterhaltszahlung nicht gewahrt ist und ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist – dies kann auch der kindesbetreuende Elternteil sein -, der unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung seinen angemessenen Selbstbehaltsatz nicht unterschreitet und somit ein finanziell erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern vermieden wird.

Gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften die Eltern für den Unterhalt eines Kindes grundsätzlich nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. 

Aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 ergibt sich, dass im Fall des Getrenntlebens der Eltern derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, seinen Teil der Unterhaltspflicht grundsätzlich durch die Betreuung des Kindes in vollem Umfange erfüllt, während der andere (nicht betreuende) Elternteil den Barunterhalt allein zu tragen hat und so den materiellen Unterhaltsbedarf des Kindes sicherstellen muss.

Dieser Grundsatz der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Er gilt z. B. nicht bei Mehr- bzw. Sonderbedarf (siehe hierzu BGH Urteil vom 27. April 1983- IVb ZR 378/81 = FamRZ 1983, 689). Aber auch für den normalen Unterhaltsbedarf gilt er nicht uneingeschränkt, bspw. dann nicht, wenn die Vermögens- oder Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich höher ausfallen, als die des anderen Elternteils. 

In einem solchen Fall kann die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils sich ermäßigen oder sogar ganz entfallen, insbesondere dann, wenn der nicht betreuende Elternteil zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung des eigenen angemessenen Unterhalts (angemessener Selbstbehalt von derzeit 1.300,- €) in der Lage wäre, während der andere (betreuende) Elternteil neben der Betreuung der Kinder auch den Barunterhalt leisten könnte, ohne dass dadurch sein eigener angemessener Unterhalt (angemessener Selbstbehalt von derzeit 1.300,- €) gefährdet wäre. 

Denn die Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zum Barunterhalt darf nicht zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen (BGH, Urteil vom 19.11.1997- XII ZR 1/96, Rn. 21; so auch AG Neuss Beschl.v. 03.06.2019- 45 F 37/19).


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