16-jähriger will Nacktbilder von (vermeintlich) 13-jährigem Mädchen – Hausdurchsuchung im Kinderzimmer?

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Eine Hausdurchsuchung ist ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen. Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Ahaus, Gescher, Velen, Borken) hat mehr als zehn Jahre Erfahrung als Strafverteidiger und weiß, dass die Betroffenen noch lange unter dem unerwarteten Besuch der Polizei zu leiden haben.  Solche Eingriffe sollten daher nur dann erfolgen, wenn sie wirklich notwendig sind. Anlass dieses Rechtstipps ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 29.01,2025 – 1 BvR 1677/24). In einem obiter dictum hat das Bundesverfassungsgericht eine klare Stellungnahme zu den Voraussetzungen einer Durchsuchung gemacht.


Sachverhalt 

Die Staatsanwaltschaft führte gegen einen jugendlichen Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Inhalte. Der 16-jährige Beschuldigte hatte mit einem 11-jährigen Mädchen, welches sich als 13 Jahre alt ausgab, gechattet. In diesem Chat erkundigte sich der Beschuldigte, ob das Mädchen ihm Nacktbilder schicken würde. Dies wurde vom Mädchen, auch auf Nachfrage, abgelehnt.

Aufgrund dieses Sachverhaltes ordnete die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten an. Der Staatsanwaltschaft zufolge ergebe sich aus dem Chat ein Interesse des Beschuldigten an kinderpornografischen Inhalten. Gegen die Durchsuchung legte der Beschuldigte erfolglos Beschwerde ein.


Verfassungsbeschwerde

Der Jugendliche wollte die erfolgte Durchsuchung vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Wahrung seines Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG (Schutz der Wohnung) überprüfen lassen. Seine Verfassungsbeschwerde war zwar unzulässig und durfte in Karlsruhe daher nicht geprüft werden. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht es sich nicht nehmen lassen,  ein sogenanntes Obiter Dictum zu veröffentlichen. Ein Obiter Dictum stellt die Äußerung einer Rechtsansicht dar, welche geäußert wird, weil das Bundesverfassungsgericht eine Möglichkeit zur Stellungnahme hat und diese wahrnehmen will.


Rechtsansicht (Obiter Dictum) des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgehalten, dass die Anordnung einer Durchsuchung in Anbetracht des erheblichen Eingriffs in die Grundrechte des Beschuldigten nur bei dem Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erfolgen darf. Insbesondere beachtet werden muss dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachtes stehen. Ebenso ist die Bedeutung der potenziell zu findenden Beweismittel für das Strafverfahren sowie der Grad des Auffindeverdachts zu bewerten.

Demnach ist in Anbetracht des Sachverhaltes beim Beschuldigten die Durchsuchung nicht rechtmäßig erfolgt. Der Anfangsverdacht beruhte lediglich auf einem kurzen Chat. Es bestand nur eine geringe Auffindevermutung für weitere Beweismittel. In dem Chat ist lediglich das Interesse eines 16-jährigen Jungen an Nacktbildern eines vermeintlich 13-jährigen Mädchen ersichtlich und es bestehen keine Anhaltspunkte für ein weiter gehendes Interesse an dem Besitz strafbarer kinderpornografischer Inhalte. Die Staatsanwaltschaft hat folglich die Durchsuchung zu Unrecht angeordnet.


Rechtswidrige Durchsuchung als Verteidigungsargument für Jugendliche und Heranwachsende

Als langjährig bundesweit tätiger Fachanwalt für Strafrecht weiß Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld zudem aus der Praxis zu berichten: Gerade bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten ist die Rechtswidrigkeit einer Hausdurchsuchung ein gutes Argument - auch beim geringfügig Schuldigen - für eine frühzeitige Verfahrenseinstellung. Ob dieses Argument vorhanden ist, bedarf natürlich der Prüfung des erfahrenen Strafrechtsspezialisten - Polizei und Staatsanwaltschaft werden diese Aufgabe nicht für Sie übernehmen.   


Strafverteidigung ist Kampf ums Recht!

Sollte bei Ihnen eine Dursuchung wegen des Besitzes kinderpornografischer Inhalte durchgeführt werden, wird ein im Strafrecht erfahrener Rechtsbeistand für Sie prüfen, ob die Durchsuchung rechtmäßig erfolgte. Die Behörden dürfen nicht ohne hinreichende Anhaltspunkte in ihre Wohnung eindringen und diese durchsuchen! Engagieren Sie einen erfahrenen Rechtsanwalt in Strafsachen. Dieser steht Ihnen sowohl im Laufe des Ermittlungsverfahren sowie bei einer späteren Anklage zur Seite und macht für Sie entlastende Umstände vor Gericht geltend. Sollte die Durchsuchung rechtswidrig erfolgt sein, kann für gefundene Beweismittel unter Umständen ein Beweisverwertungsverbot bestehen, sodass diese im Prozess zum Beweis Ihrer Schuld nicht verwertet werden dürfen. 

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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