300.000,00 € Schmerzensgeld bei schwerer Hirnschädigung aufgrund verspäteter Geburtsbeendigung

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Es ist als grober Behandlungsfehler zu werten, wenn der Arzt bei der Feststellung einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes während der Geburt erst 19 Minuten später mit geburtsfördernden Maßnahmen zur Erreichung einer möglichst schnellen Geburtsbeendigung beginnt.

Bei einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes ist bereits nach 10 bis 15 Minuten mit schweren Schäden des Kindes zu rechnen. Bei einer Sauerstoffunterversorgung zählt jede Minute. Der Arzt muss daher bei einem solchen Notfall, sofern er selbst nicht die Qualifikation hat, innerhalb weniger Minuten einen Facharzt hinzuziehen, der die notwendigen Maßnahmen zur Geburtsbeendigung einleiten kann. Es ist die Geburtsmethode zu wählen, die im Rahmen der Notfallsituation die schnellstmögliche Geburt ermöglicht.

Beginnt der Arzt erst viel zu spät nach der Indikation mit der zu wählenden Geburtsmethode, haftet er aufgrund eines groben Behandlungsfehlers für sämtliche Schäden des Kindes.

Unerheblich ist, ob der Zeitraum zwischen der Feststellung der Sauerstoffunterversorgung und dem Beginn der geburtsbeendigenden Maßnahmen durch eine zu lange Wegezeit oder durch weiter nicht aufklärbare Umstände eingetreten ist. Es ist unverständlich, wenn zwischen beiden Zeitpunkten eine so lange Zeit liegt.

Der Arzt kann sich nicht unter Verweisung auf die EE-Zeiten (Entscheidungs-Entbindungs-Zeit) damit entlasten, dass für eine Notsektio (Notkaiserschnitt) 20 Minuten einzuräumen seien. Denn eine Notsektio ist im Fall einer Sauerstoffunterversorgung für eine schnellstmögliche Geburt nicht medizinisch angezeigt. Eine Notsektio ist nicht innerhalb weniger Minuten möglich. Einzig in Betracht kommt bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine vaginale Entbindung eine vaginale Entbindung, da diese zeitlich schneller möglich ist und zur Vermeidung von schwerwiegenden Hirnschäden des Kindes einzig in Betracht kommt. 20 Minuten für eine Notsektio sind bei einer erheblichen Sauerstoffunterversorgung zu lange.

Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, kommt es zulasten des Arztes zu einer Beweislastumkehr, sodass der Arzt beweisen muss, dass die verspätete Einleitung der vaginaloperativen Geburt nicht ursächlich für die schweren Hirnschädigungen des Klägers war. Dies wird dem Arzt nicht gelingen.



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