Abflugort ist auch der Klage- bzw. Gerichtsort

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Entscheidung des EuGH zur Fluggastentschädigung

Anmerkung zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) – Urteil vom 26.03.2020 Az. C-215/18

Ein Reisender oder Fluggast erhält bei Flugverspätung eine Entschädigung nach Art. 5 ff. der Fluggast-VO, denn er hat einen Ausgleichsanspruch.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, wer über ein Reisebüro einen Flug bei einer ausländischen Fluggesellschaft bucht, muss diese nicht an ihrem Firmensitz verklagen, sondern darf auch am Abflugort vor dem zuständigen Gericht klagen.

Folgender Fall liegt der Entscheidung des EuGH zu Grunde:

Geklagt hatte eine Reisende aus der Tschechischen Republik. Sie hatten in einem Reisebüro in Prag einen Flug nach Island gebucht. Der Flug sollte von der dänischen Fluggesellschaft Primera Air Scandinavia durchgeführt werden.

Der Abflugort war Prag, der Zielflughafen Keflavík. Der Flug sollte am 23. April 2013 starten. Der Flug hatte eine Verspätung von mehr als 4 Stunden. Die Frau erhob Klage auf Entschädigung nach Art. 6 und Art. 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Fluggast-VO auf Zahlung von 400 EUR.

Das Prager Gericht hatte Zweifel in Bezug auf seine territoriale Zuständigkeit, denn nach der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit (VO (EG) Nr. 44/2001) sind Klagen gegen ein Unternehmen, das in einem bestimmten Mitgliedstaat ansässig ist, grundsätzlich in eben diesem Mitgliedstaat zu erheben.

Zudem bestünden Sondervorschriften hinsichtlich Vertragssachen, dass bei Luftbeförderungsleistungen zwar Klage vor dem Gericht des Abflugortes erhoben werden könne, dies aber nur dann, wenn zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis besteht.

Nach dieser Auffassung hätte die tschechische Reisende ihren Anspruch nicht vor dem Prager Gericht geltend machen können, da sie mit der Fluggesellschaft keinen Vertrag geschlossen hatte.

Ansicht des EuGH

Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass der Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens nach Art. 2 Fluggast-VO, welche den Verpflichtungen aus der Fluggastrechte-Verordnung unterliegt, nicht nur solche Luftfahrtunternehmen umfasst, die mit einem Fluggast einen Vertrag über die Beförderung geschlossen haben, sondern auch solche, die dies im Namen eines Dritten tun.

Demzufolge auch solche Fluggesellschaften, die einen Flug, der über ein Reisebüro gebuchten wurde, ausführen. Dies folgt durch Auslegung der Fluggastrechte-Verordnung aus Art. 2 Buchst. b. Fluggast-VO.

Der Fluggast, der einen Flug über ein Reisebüro gebucht hat und keinen Vertrag mit der Fluggesellschaft geschlossen hat, kann sich bei einer Verspätung auch auf die Rechte aus der Fluggastrechte-Verordnung berufen.

Der EuGH sagt, es muss davon ausgegangen werden, dass die Fluggesellschaft die Erfüllung der Verpflichtungen schuldet, die sich aus der Fluggastrechte-Verordnung ergeben und dass es Verpflichtungen erfüllt, die es gegenüber dem Reisebüro freiwillig eingegangen ist.

In Bezug auf den Fluggast, der den Flug über ein Reisebüro gebucht hat, ergeben sich die Verpflichtungen der Fluggesellschaft aus dem Pauschalreisevertrag.

Die tschechische Reisende konnte die Entschädigung vor dem Prager Gericht geltend machen. Das Gericht ist zuständig.

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