Abmahnung Bindhardt & Lenz für Kollegah Musikalbum „King“ 2014 Selfmade Records GmbH

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Unserer Kanzlei wurde aktuell eine Abmahnung wegen illegaler Verbreitung eines Musikalbums des Interpreten Kollegah in sog. Internettauschbörsen zur Prüfung vorgelegt. Die Rechtsanwälte Bindhardt & Lenz mahnen im Auftrag von Selfmade Records GmbH wegen einem Urheberrechtsverstoß an dem Musikalbum „King“ ab. In der 5 Seiten umfassenden Abmahnung wird der Anschlussinhaber aufgefordert, einen Geldbetrag in Höhe von 1.200,00 EUR zu bezahlen und neben einem Vergleich auch eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Der Vergleichsvorschlag wird mit einem Anspruch auf Rechtsanwaltskosten bei einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch in Höhe von 2.500 EUR je angebotenen Musiktitel, d.h. bei den 20 Titeln des betreffenden Albums in Höhe von 50.000,00 EUR und jeweils 200,00 EUR als Schadensersatz je Musiktitel begründet. Allein diese beiden Ansprüche sollen 1.531,90 EUR an Anwaltskosten und 4.000,00 EUR an Schadensersatz rechtfertigen.

Der Streitwert wurde in diesem Fall nicht nach dem Gesetz, d.h. auf 1.000 EUR bemessen (§ 97 a Abs. 3 Satz 2 UrhG). Im Abmahnschreiben wird dazu ausgeführt, dass solch eine Beschränkung auf „nur“ 1.000 EUR vorliegend unbillig wäre. Dies wird damit begründet, dass aufgrund der Vielzahl der betroffenen Musiktitel (20) und der aktuellen Chartplatzierung und der Verletzungshandlung unmittelbar nach Erstveröffentlichung des Albums eine besondere Schwere der Rechtsverletzung sowie ein besonders wertvolles Werk vorliege.

Die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung sollte in jedem Fall ernst genommen und gegebenenfalls um Fristverlängerung gebeten werden, denn bei Nichtbeachtung könnte ein kostspieliger Gerichtsprozess drohen.

Ob die Ansprüche erfüllt werden müssen und in welcher Höhe, kommt immer auf den konkreten Einzelfall an. Der allein betroffene Anschlussinhaber haftet nämlich nicht grundsätzlich für sämtliche über seinen Anschluss erfolgte Rechtsverletzungen Dritter. Jedoch besteht zunächst eine Vermutung dafür, dass dieser die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Dieser Anscheinsbeweis kann jedoch, gerade bei Familienanschlüssen, ausgeräumt (widerlegt) werden.

1. Täterschaftsvermutung

Der Betroffene kann die Vermutung der Verantwortlichkeit mit eigenen Angaben widerlegen. Dabei genügt ein pauschales Bestreiten den Anforderungen an eine Widerlegung der Täterschaftsvermutung in der Regel jedoch noch nicht.

„Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.“ (so BGH Urteil vom 08.01.2014, Az: I ZR 169/12 „BearShare“)

Eine Täterbenennung oder auch Beweise braucht der Anschlussinhaber dagegen nicht zu erbringen, vielmehr genügt er seinen Pflichten bereits dann, wenn er im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anstrengt. Kann die Täterschaftsvermutung widerlegt werden, besteht zumindest kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz gegen den Anschlussinhaber.

2. Störerhaftung

Zu einem konkreten Vortrag, der ebenfalls die dann noch mögliche Störerhaftung entkräftet, gehört die Art und Weise der WLAN-Sicherung, Möglichkeiten der Nutzung des Internetanschlusses durch Familienangehörige oder andere Mitbewohner zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt, insbesondere bei Minderjährigen sind Belehrungspflichten zu beachten.

Beispiele aus der Rechtsprechung zur Störerhaftung des Anschlussinhabers:

  • BGH Urteil vom 8. Januar 2014 „BearShare“ AZ: I ZR 169/12 – keine grundsätzliche Prüf- und Belehrungspflichten von volljährigen Familienmitgliedern
  • BGH Urteil vom 15. November 2012 „Morpheus“ AZ: I ZR 74/12 – keine Haftung bei Belehrung Minderjähriger
  • BGH Urteil vom 12. Mai 2010 „Sommer unseres Lebens“ AZ: I ZR 121/08 – keine Haftung bei ausreichend gesichertem WLAN
  • OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 22. März 2013 AZ: 11 W 8/13 – keine anlasslosen Prüf- und Überwachungspflicht gegenüber Ehegatten
  • LG Köln Urteil vom 14. März 2013 AZ: 14 O 320/12 – keine anlasslosen Prüf- und Belehrungspflichten in Wohngemeinschaften

Liegt nach alledem auch keine Haftung als Störer vor, da keine Prüf-, Sicherungs- oder Belehrungspflichten verletzt worden sind, so bestünde weder Anspruch auf Unterlassung noch auf Rechtsanwaltskosten.

3. Streitwert

Doch selbst bei Vorliegen einer Störerhaftung dürfte der angesetzte Streitwert bei Zugrundelegung der unterschiedlichen Rechtsprechung zu hoch angesetzt sein.

  • Beschluss OLG Dresden, 5.11.2013, AZ: 14 W 348/13 - Streitwert 10.000 EUR Musikalbum
  • Beschluss Oberlandesgericht Köln, 17.11.2011, AZ: 6 W 234/11 - Musiktitel 3.000 EUR, Album 10.000 EUR
  • KG Berlin, Beschluss vom 02.09.2010, AZ: 24 W 72/10 - Musikalbum 10.000 EUR

Ein Kostenerstattungsanspruch für die bei einem Streitwert von 10.000 EUR anfallenden Rechtsanwaltskosten beläuft sich hingegen auf „nur“ noch 745,40 EUR.

Ziel der Vertretung ist eine schnelle und vor allem wirksame Abwehr vor zu hohen oder gar unberechtigten Forderungen.

Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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