Abmahnung des IDO-Interessenverbands wegen Online-Streitschlichtungsplattform

  • 3 Minuten Lesezeit

Am 9. Januar 2016 trat die EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in Kraft. Die Verordnung sieht vor, dass die EU-Kommission eine Plattform für die Online-Streitbeilegung (OS) einzurichten hatte. Dies ist zwischenzeitlich (mit einem wahrscheinlich astronomischen Budget) geschehen. Die Streitbeilegungsplattform ist unter der URL https://webgate.ec.europa.eu/odr zwischenzeitlich abrufbar, nachdem es einige Umsetzungsschwierigkeiten gab, die einen pünktlichen Start der Plattform vereitelten.

Händler müssen Link zur Streitschlichtungsplattform vorhalten

Wer als in der EU niedergelassener Unternehmer Waren oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern anbietet, muss nun auf die oben genannte Webseite einen leicht zugänglichen Link anbieten. Dieser Link muss grundsätzlich auf die Internetseite oder das eBay- bzw. Amazon-Angebot eingefügt werden. Wird ein Angebot lediglich per E-Mail unterbreitet, muss die E-Mail einen entsprechenden Link enthalten. Wie so oft bei EU-Verordnungen, schweigt auch die Streitbeilegungs-Verordnung dazu, was mit „leicht zugänglich“ gemeint sein soll. Man kann Stunden damit zubringen, dies aus der Verordnung „herauszulesen“, sämtliche Auslegungsregeln beherzigen – man wird jedoch keine Antwort auf diese Frage finden. Daher empfehlen wir, den entsprechenden Hinweis gewissermaßen doppelt, also sowohl in den AGB als auch im Impressum vorzuhalten. Es kann beispielsweise ein Punkt „Hinweis auf die Online-Streitschlichtung“ eingefügt werden.

Die ersten Abmahnungen wegen Streitschlichtungsplattform durch IDO-Verband

Und sie sind da: die ersten Abmahnungen wegen des fehlenden Hinweises auf die Streitschlichtungsplattform. Der IDO-Interessenverband verschickt aktuell Abmahnungen wegen eines fehlenden Hinweises an Onlinehändler. Es werden die Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 230,00 Euro sowie die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert. Wir raten dazu, nicht die vorgefertigte Unterlassungserklärung vorschnell zu unterzeichnen, da diese weitreichende Konsequenzen hat. Vielmehr sollte eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Andernfalls drohen bei einem weiteren Verstoß gegen die Unterlassungserklärung empfindliche Vertragsstrafen. Bei Erhalt einer Abmahnung wegen des fehlenden Hinweises auf die Streitbeilegungsplattform sollte man in jedem Fall einen auf das Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren. Wir von der Kanzlei Obladen Gaessler Rechtsanwälte helfen Ihnen gerne weiter.

Sind die Abmahnungen berechtigt? Fragen über Fragen

Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt ist. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die Verordnung über die Online-Streitbeilegung eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG darstellt. Eine Vorschrift regelt die Marktverhältnisse im Interesse der Verbraucher und Marktteilnehmer, wenn sie den Schutz von Interessen, Rechten und Rechtsgütern dieser Personen bezweckt, und dieses Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Vertragsschluss und den nachfolgenden Gebrauch der Ware, berührt wird.

Ob eine Norm (zumindest auch) diesen Regelungszweck verfolgt, muss durch die Auslegung der Norm, insbesondere die Ermittlung ihres Sinns und Zwecks bestimmt werden. Dies ist im Einzelfall schwierig, sodass die Frage, ob ein Verstoß gegen die Verordnung Unterlassungsansprüche auslöst, noch viele Gerichte beschäftigen dürfte. Nach meiner Auffassung dürfte jedoch zweifelhaft sein, ob ein Verstoß gegen die Pflicht zum Vorhalten eines Hinweises auf die EU-Streitbeilegungsplattform die Bagatellgrenze des § 3a UWG überschreitet. Fehlt der Hinweis auf die Streitschlichtungsplattform, dürften die Auswirkungen auf die Marktteilnehmer nämlich eher gering sein. Leider wurde die Frage nach der Bagatellschwelle in der Vergangenheit durch die meisten Gerichte recht stiefmütterlich behandelt. Es bleibt daher zu befürchten, dass die Gerichte auch hier vorschnell annehmen, dass die Bagatellschwelle überschritten ist, wenn der entsprechende Hinweis auf die Streitschlichtungsplattform fehlt.

Was tun, wenn Sie eine Abmahnung wegen der EU-Streitschlichtungsplattform erhalten haben?

Haben Sie Fragen zu der EU-Streitschlichtungsplattform oder haben Sie eine Abmahnung erhalten, weil Sie keinen Hinweis hierauf vorhalten? Wir von der Kanzlei Obladen Gaessler Rechtsanwälte vertreten Händler aus ganz Deutschland auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts. Gerne können Sie uns für eine kostenlose Ersteinschätzung telefonisch erreichen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Obladen

Beiträge zum Thema