Abmahnungen jetzt auch fürs Streaming – Rechtslage

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Die Kanzlei U + C Rechtsanwälte mahnt massenhaft Nutzer der Porno-Plattform Redtube im Auftrag der Schweizer Firma The Archive AG ab. Tausende Fälle sind bereits bekannt geworden; weit mehr als 10.000 Abmahnungen könnten verschickt werden/worden sein. Einige Quellen berichten gar von 30.000 Abmahnungen. 250 € verlangt die Kanzlei pro Film.

Illegale IP-Adressenermittlung?

Es wird spekuliert, wie U + C Rechtsanwälte an die IP-Adressen kam. Gemutmaßt wird etwa, ob die Adressen illegal durch einen Virus erlangt wurden. Dass die Kanzlei die Adressen direkt von Redtube beschafft hat, gilt als eher unwahrscheinlich. Die IP-Adressen wurden an das Landgericht Köln samt Auskunftsersuchen (§ 101 UrhG) übermittelt. Das LG gab daraufhin die Postadressen heraus. Mittlerweile wurde für einen Mandanten vor dem Amtsgericht Potsdam eine (negative) Feststellungsklage erhoben, bei der auch geklärt werden soll, wie die abmahnenden Kanzleien die Daten der Abgemahnten bekommen haben.

Weiter wurde bekannt, dass das Landgericht Köln möglicherweise gar nicht wusste, dass das Auskunftsersuchen Streaming zum Gegenstand hatte, sondern vielmehr von einem Filesharing-Vorwurf ausging. Die Beschlüsse sollen sich auf § 19a UrhG, also auf ein öffentliches Zugänglichmachen beziehen. Gerade das ist beim Streaming aber der Fall.

Das LG Köln stellt indes klar: „Mit der Entscheidung über die Auskunftsanträge ist keine Aussage darüber verbunden, ob der Anschlussinhaber, dem eine bestimmte IP-Adresse zugeordnet war, selbst die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat und ob die Abmahnung hinsichtlich der Höhe berechtigt ist."

Rechtslage

Bisher hatten sich Abmahnanwälte nicht so recht an Streaming-Fälle herangetraut, da die rechtliche Situation unklar ist. Beim Streaming gucken sich User das Video direkt im Internet an, ohne es dauerhaft auf dem Rechner zu speichern. Die rechtliche Grauzone in Bezug auf eine mögliche Urheberrechtsverletzung ist deshalb gegeben, weil beim Streaming das Video vom Anbieter abgerufen und auf dem eigenen PC im Cache zwischengespeichert wird. Das Video kann so nach Belieben ganz oder auch nur in einzelnen Sequenzen und auch mehrfach angesehen werden (sog. On-Demand-Streaming). Dabei bestimmen die Browsereinstellungen die Länge der Zwischenspeicherung im Cache.

Nicht wenige Juristen vertreten die Ansicht, dass eine derartige vorübergehende Speicherung, die nicht der Weiterverbreitung, sondern nur dem Abspielen des Videos dient, legal sei. Das ist aber äußerst umstritten. Das Amtsgericht Leipzig argumentierte in einem Urteil vom 21.12.2011 (200 Ls 390 Js 184/11), dass durch das Streamen Datenpakete heruntergeladen würden, was eine sukzessive Vervielfältigung darstelle.

Hier ist vieles noch nicht geklärt. Geht man von einer Vervielfältigung des Werkes (= Kopie) aus und damit von einem Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers (§ 16 UrhG), könnte evtl. die Ausnahmevorschrift des § 44a UrhG greifen. Nach § 53 Abs. 1 UrhG sind Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch darüber hinaus zulässig, sofern sie nicht auf einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage beruhen (sog. Recht auf Privatkopie). Die offensichtliche Rechtswidrigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von den Gerichten auszulegen ist. Zumindest muss für jeden offensichtlich sein, dass es sich möglicherweise um eine rechtswidrige Vorlage handelt. Das dürfte bei Pornofilmen auf Redtube regelmäßig nicht so sein.

Was können Sie tun, wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben?

Sollten Sie von einer Abmahnung betroffen sein, bleiben Sie ruhig und erteilen Sie keine leichtfertigen Auskünfte. Nehmen Sie keinen Kontakt auf, unterschreiben und zahlen Sie nicht. Zunächst sollte geprüft werden, ob eine Verpflichtung überhaupt besteht. Wenn Sie auch von einer Abmahnung betroffen sein sollten, lassen Sie sich gern beraten und melden Sie sich per Mail oder Fax unter Beifügung der Abmahnung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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