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Abschleppmaßnahme ohne vorherige Info an Kfz-Halter zulässig?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Gerade in Großstädten sind Parkplätze hart umkämpft. Mit einer Einparkhilfe oder einem Park-Assistenten kommt man heutzutage zwar auch in besonders kleine Lücken – allerdings hat man dann häufig andere Fahrzeuge eingeparkt. Kommt deren Fahrer nicht mehr aus der Lücke heraus, ruft er in der Regel die Polizei und die wiederum ein Abschleppunternehmen an. Doch darf ein Kfz einfach abgeschleppt werden oder müssen die Ordnungshüter dem Eigentümer zuerst die Chance geben, sein Fahrzeug selbst umzuparken?

Polizei lässt Fahrzeug umsetzen

Eines Morgens wurde die Polizei von einem Autofahrer gerufen, dessen Kfz, ein Smart, so eingeparkt worden war, dass er nicht mehr aus seiner Parklücke herauskam. Laut einer der anwesenden Polizisten verblieb zwischen dem davor und dahinter abgestellten Fahrzeug keine Handbreit Platz. Aus diesem Grund ließ die Polizei das dahinter geparkte Auto auf einen anderen Parkplatz umsetzen.

Die Kosten für diese Maßnahme wurden dem Eigentümer des umgesetzten Pkw „aufgebrummt“. Der verweigerte jedoch eine Zahlung. Schließlich hätte die Polizei bei einer Halterfeststellung bemerkt, dass er in der Nähe wohnt, und ihm die Möglichkeit geben müssen, das Fahrzeug selbst und ohne weitere Kosten umzuparken. Am besagten Tag sei er zu Hause und damit erreichbar gewesen. Von ihm nun das Geld für die Abschleppmaßnahme zu verlangen, sei unverhältnismäßig. Der Streit um den Kostenfestsetzungsbescheid der zuständigen Behörde endete vor Gericht.

Keine Info an Kfz-Eigentümer nötig

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts (VG) Bremen musste der Autofahrer, der den Wagen seines Nachbarn eingeparkt hatte, die Kosten für die Umsetzungsmaßnahme tragen.

Schließlich hat er gegen das Rücksichtnahmegebot nach § 1 II Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen, als er sich so nahe hinter den Pkw seines Nachbarn stellte, dass diesem keine Rangiermöglichkeit mehr blieb und eine Wegfahrt damit objektiv unmöglich war. Dies hätte durch das Einhalten eines ausreichenden Abstands zum Smart vermieden werden können. Weil der Autofahrer durch sein Verhalten den ordnungs- und verkehrswidrigen Zustand verursacht hat, musste er auch die Kosten für dessen Beseitigung übernehmen.

Zwar wird bei einer Abschleppmaßnahme üblicherweise der Halter ermittelt – hierzu sind die Polizisten aber nicht verpflichtet. Deshalb müssen sie den Halter auch nicht über die geplante Abschlepp- bzw. Umsetzungsmaßnahme informieren und darauf vertrauen, dass er in nächster Zeit seinen Wagen wegfährt. Ein anderes Ergebnis würde unter Umständen zu erheblichen Verzögerungen beim Abschleppen führen. Denn selbst wenn der Halter nach einer zeitaufwendigen Recherche ermittelt und benachrichtigt wird, kann es passieren, dass er gerade nicht in der Nähe ist bzw. einfach keine Lust hat, seinen Wagen wegzufahren.

Im vorliegenden Fall spielte es daher keine Rolle, dass der Halter des Kfz sein Fahrzeug theoretisch selbst hätte entfernen können. Denn die Beamten mussten nicht überprüfen, wo der Halter wohnt und ob er gerade anwesend ist. Anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn die Beamten einen konkreten Hinweis darauf haben, dass der Fahrer seinen Wohnsitz in der Nähe des Parkplatzes hat und sich aktuell auch dort befindet. Letzteres war den Polizisten im betreffenden Fall jedoch unbekannt. Die Abschleppmaßnahme war daher verhältnismäßig.

Fazit: Beim Abstellen seines Fahrzeugs sollte man stets ausreichend Abstand zu anderen geparkten Kfz halten. Ansonsten kann es passieren, dass der Wagen auf eigene Kosten abgeschleppt oder auf einen nahegelegenen Parkplatz umgesetzt wird.

(VG Bremen, Urteil v. 08.10.2015, Az.: 5 K 2021/13)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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