aktuelle Urteile zur Kostenerstattung der privaten Krankenversicherung

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Muss die private Krankenversicherung die Kosten einer künstlichen Befruchtung (in vitro-Fertilisation (IVF) übernehmen?

In einer neueren Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage zu klären, ob der Kläger, der an einer Kryptozoospermie litt und daher auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen konnte, die Kosten dieser Behandlung  (4 Behandlungszyklen zu insgesamt EUR 17.508,39) von seiner Krankenversicherung ersetzt verlangen kann. 

Nachdem das LG und das OLG der Klage bereits weitgehend stattgegeben hatten, verwarf der BGH die von der Krankenversicherung eingelegte Revision und klärte damit endgültig, dass die Krankenversicherung diese Kosten zu tragen und daher zu erstatten hat. 

Die Leistungsablehnung der Beklagten, die zum Einen auf eine "nicht notwendige Heilbehandlung" und zum anderen auf das fortgeschrittene Alter der Ehefrau des Klägers verwiesen hatte, die eine erhöhte Abortrate erwarten lasse, wurde als unbegründet erkannt. 

Insoweit stellte der Senat klar, dass eine auf körperlichen Ursachen beruhende Unfähigkeit des Klägers, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen, eine Krankheit i.S.d. des Bedingungen der Krankenversicherung (§ 1 II S. 1 MB/KK) darstellt. 

Die zur Überwindung der organisch bedingten Unfruchtbarkeit des Mannes durchgeführte IVF ist eine Heilbehandlung, die auch medizinisch notwendig ist. 

Maßgebend ist insoweit die Wahrscheinlichkeit des Schwangerschaftseintritts (als erstrebter Erfolg der Heilbehandlung) und -entgegen der Auffassung der Beklagten- nicht die "baby-take-home-Rate, also die spätere tatsächliche Geburt eines Kindes. 

Daher ist das, nach einer mittels reproduktionsmedizinischer Maßnahmen herbeigeführten Schwangerschaft, allgemein bestehende und in Abhängigkeit zum Alter der Mutter steigende Risiko einer Fehlgeburt grundsätzlich nicht mehr Gegenstand der Behandlung gegen die Unfruchtbarkeit, sondern Teil eines allgemeinen Lebensrisikos, welches werdende Eltern unabhängig davon zu tragen haben, ob ihr Kind auf natürlichem Wege oder mit medizinischer Hilfe gezeugt worden ist. 


Allerdings gilt auch hier: Keine Regel ohne Ausnahmen. 

So hatte das OLG Celle bereits 2014 (Urteil vom 24.04.2014, Az. 8 U 209/13) entschieden, dass dies anders zu beurteilen ist, wenn aufgrund individueller gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Eltern eine Lebendgeburt wenig wahrscheinlich erscheint. Dies wurde erkannt, da in Ansehung des AMH-Wertes und eines Uterusmyoms eine Fehlgeburtswahrscheinlichkeit von deutlich über 55,9 %  bzw. 70 % bestanden hatte.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 31.03.2020, Az. I-24 U 61/199) die Kinderlosigkeit als solche, keine Krankheit i.S.d. der Bedingungen darstellt. 

Diese ist vielmehr lediglich organische Ursache derselben, hervorgerufen durch einen regelwidrigen körperlichen Zustand, welchen der Versicherungsnehmer nachzuweisen hat. Für einen zum Leistungsbezug berechtigenden Versicherungsfall ist eine idiopathische Sterilität ebenso wenig ausreichend wie einer altersbedingte Fertilitätseinschränkung.

Letztlich hatte das OLG München (Beschluss vom 10.02.2020, Az. 25 U 6335/19) erkannt, dass eine Regelung in den Bedingungen einer privaten Krankenversicherung , wonach eine Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine Sterilitätsbehandlung voraussetzt, dass die Frau zum Zeitpunkt der Behandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wirksam ist. 

Fazit: Es kommt immer auf den Einzelfall an

Herzliche Grüße

Dr. Volker Dringenberg

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für Medizinrecht 

Fachanwalt für Versicherungsrecht 

 





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