Aktuelles Arbeitsrecht: Fristlose Kündigung wegen Lesens und Weitergabe einer fremden E-Mail

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Mit Urteil vom 2.11.2021 (Az: 4 Sa 290/21) hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden, dass das Lesen einer offensichtlich an einen anderen Adressaten gerichtete E-Mail sowie das Kopieren und die Weitergabe des E-Mailanhangs (privater Chatverlauf) an Dritte im Einzelfall eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen kann, auch wenn eine Zugriffsberechtigung auf das E-Mailkonto für dienstliche Tätigkeiten vorliegt.

Im entschiedenen Fall war Klägerin bei der Beklagten, die Teil der Evangelischen Kirche ist, seit 1997, als Küsterin und in der Verwaltung (Buchhaltung) tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte sie Zugriff auf das E-Mailkonto der Kirchengemeinde. 

Die Klägerin las eine an den Pfarrer an die E-Mailadresse der Kirchengemeinde gerichtete E-Mail. Hierin ging es um eine Verbindung des Pfarrers mit einer im Kirchenasyl lebenden Frau, die eine Beziehung unterhielten, und ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen den Pfarrer wegen eines möglichen strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens gegenüber dieser Frau. Die Klägerin öffnete weiter im E-Mailkonto der Beklagten (Arbeitgeberin) eine E-Mail mit dem Chatverlauf der Frau, kopierte die Datei auf einen USB-Stick und ließ diesen einem anderen Gemeindemitglied zukommen und übergab den Chatverlauf auch an die Staatsanwaltschaft. 

Die Arbeitgeberin kündigte hierauf fristlos, die Klägerin reichte Kündigungsschutzklage ein.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, die Berufung der Beklagten hatte indes Erfolg. 

Das LAG erkannte einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 I BGB an, der zum Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigte. 

Die rechtswidrige Datenverarbeitung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa von Arbeitskollegen einhergeht, kann dazu geeignet sein und bei entsprechender Schwere des Verstoßes „an sich“ einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer Kündigung auszumachen. (…) Bereits das Öffnen und Lesen der Emails begründet den Pflichtenverstoß, völlig unabhängig davon, ob diese gezielt gesucht oder zufällig entdeckt wurden. Ausdruck und Kopieren sind weitere Pflichtverstöße. Die Weitergabe hat die vorherigen Verstöße vertieft.

Insoweit war auch keine vorherige Abmahnung notwendig. Das Vertrauensverhältnis war nachhaltig verletzt.

Für den Fall, dass Sie diesbezüglich oder generell zum Arbeitsrecht Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. 

Ihr Christian Seidel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

E-Mail: c.seidel@acconsis.de


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