Aktuelles BAG-Urteil: Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten

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Die Impfpflicht für medizinisches Personal war während der Corona-Pandemie ein kontrovers diskutiertes Thema. Nun hat das oberste deutsche Arbeitsgericht mit Urteil vom 30.03.2023 (2 AZR 309/22) entschieden: die Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften Arzthelferin zum Schutz von Patienten ist rechtens. 


I. Sachverhalt 

Die Klägerin war seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten beschäftigt, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin hatte auf verschiedenen Stationen Patienten versorgt. Sie sei trotz Angeboten ihres Arbeitgebers nicht bereit gewesen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. 

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG mit Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich und fristgemäß zum 31. August 2021. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt. 

Sie argumentierte u.a. damit, sie sei zu dem Zeitpunkt zur Vorlage eines Impf- oder Genesenen-Nachweises nicht verpflichtet gewesen. 


II. Rechtlicher Hintergrund 

Insbesondere hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. 

Danach darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Auch eine Kündigung kann in diesem Sinne "eine Maßnahme" sein. 

Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können. 

Problematisch ist dabei, dass der Betroffene nicht nur die zulässige Ausübung seiner Rechte und die Kündigung beweisen muss, sondern auch, dass er gerade wegen der Ausübung seiner Rechte entlassen wurde. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt nur dann nicht, wenn die Rechtsausübung das wesentliche Motiv für die Kündigung war.  


III. Entscheidung des BAG 

Das Bundesarbeitsgericht befand die Argumentation der Klägerin für haltlos und wies ihre Revision zurück. 

Das BAG gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt.  

Es stellte insoweit fest, „es fehle an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers“.  

Dabei sei es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist.  

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, dass die Klägerin bei Ausübung ihrer Tätigkeit in der Patientenversorgung einen engen körperlichen Kontakt mit den Patienten hatte, so dass die geltenden Abstandsregeln überwiegend nicht eingehalten werden könnten. Wie aus den in den Medien veröffentlichten Zahlen allgemein bekannt sei, bestehe ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko durch nicht geimpfte Personen. Dies könne zu schweren und tödlichen Krankheitsverläufen der von ihnen infizierten Dritten führen. Ein Krankenhausträger sei daher zum Schutz der Patienten verpflichtet, alle erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen um dieses Risiko, wenn auch nicht komplett auszuschließen, so doch wenigstens weitestmöglich zu verringern. 

So geschah es in dem vorliegenden Fall. Der Arbeitgeber hat von der Möglichkeit, durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin das Infektionsrisiko zu verringern, Gebrauch gemacht. 

„Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal.“, argumentiert das BAG abschließend. 


IV. Fazit 

Das BAG stellt damit klar, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten rechtens ist, wenn wesentliches Motiv für die Kündigung nicht die Impfverweigerung ist, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. 


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*Aus Gründen besserer Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter



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