Amtsgericht Kassel weist späte Zahlungsklage gegen Filesharer wegen Verjährung ab

  • 3 Minuten Lesezeit

In letzter Zeit ist es gehäuft festzustellen, dass Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten in Filesharing-Fällen erst sehr lange nach der behaupteten Rechtsverletzung und der Abmahnung eingeklagt werden. In nicht wenigen Fällen zeigt sich bei genauerer Rechtsprüfung, dass die auf den letzten Drücker vorgenommenen Handlungen des Rechteinhabers nicht ausreichen, um die Verjährung zu hemmen. Mit einem solchen typischen Fall hatte sich kürzlich das Amtsgericht Kassel zu befassen (Urteil vom 24. Juli 2014, Aktenzeichen 410 C 625/14).

Zusammenfassung

Nach Auffassung des Amtsgerichts Kassel, die mit der weit überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung übereinstimmt, tritt die Verjährung des urheberrechtlichen Schadensersatzanspruches in Filesharing-Konstellationen bereits nach drei Jahren (und nicht etwa nach zehn Jahren) ein. Ferner stellt das Amtsgericht klar, dass nur solche Handlungen Gegenstand des Rechtsstreits und Grundlage für den Kostenerstattungsanspruch sein können, die im Mahnbescheid bzw. in der Klage benannt sind. Verpasst der Kläger eine solche Benennung des Anspruchs, so bleibt es ihm verwehrt, sich auf spätere, nicht benannte Handlungen zu berufen.

Sachverhalt

Der Beklagte lud im Sommer 2009 das Album „MTV unplugged in New York“ über eine Internet-Tauschbörse herunter und bot es bis Februar 2010 anderen Nutzern der Tauschbörse zum Download an. Am 9. Februar 2010 mahnte die Klägerin, eine Plattenfirma, den Beklagten ab; in der Abmahnung bezog sie sich ausdrücklich auf Rechtsverstöße vom 21. und 25. August 2009. Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, ohne aber der Aufforderung zur Tragung der Kosten bzw. zur Zahlung von Schadensersatz zu entsprechen. Am 23. Dezember 2013, also fast drei Jahre später, beantragte die Klägerin beim Amtsgericht Wedding einen Mahnbescheid, der am 2. Januar 2014 erlassen und dem Beklagten am 4. Januar 2014 zugestellt wurde. In dem Mahnbescheid wurde die Hauptforderung bezeichnet mit „Kostenerstattung aufgrund urheberrechtlicher Abmahnung vom 09.02.2010“ und „Lizenzschadensersatz – 2.400,00 €; Album – MTV unplugged in New York (Doppel CD) – der Künstlergruppe „Sportfreunde Stiller“ vom 25.08.2009“. Nachdem der Beklagte Widerspruch eingelegt hatte, wurde der Rechtsstreit am 7. Februar 2014 an das Amtsgericht Kassel abgegeben. Dort erhob der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Entscheidung

Wie das Gericht im Wesentlichen überzeugend feststellte, sind die geltend gemachten Forderungen mit Ablauf des 31. Dezember 2012 bzw. des 31. Dezember 2013 verjährt. Die Verjährung von Ansprüchen auf Kostenerstattung und Schadensersatz wegen urheberrechtsverletzende Handlungen (z. B. durch Filesharing) richtet sich nach der dreijährigen Regelfrist des § 195 BGB; der vereinzelt vertretenen Auffassung, dass Ansprüche auf Schadensersatz gemäß § 852 S. 2 BGB erst nach zehn Jahren verjähren, erteilt das Gericht – mit Recht – eine klare Absage. Gemäß § 199 BGB beginnt die dreijährige Regelfrist für Schadensersatzansprüche mit Ablauf des Jahres, in dem die rechtsverletzende Handlung begangen bzw. die Abmahnung ausgesprochen wurde. Da im Mahnbescheid ausdrücklich auf die Rechtsverletzung vom 25. August 2009 hingewiesen wurde, war dies der 31. Dezember 2009, sodass der Anspruch mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verjährte. Zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin den gerichtlichen Mahnbescheid beantragte, war die Forderung also längst verjährt, weshalb das Gericht die Klage zu Recht abwies. Leider äußert sich die Entscheidung nicht zur Verjährung des Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten, was offenbar darauf beruht, dass das Gericht hier ohne weiteres von einem identischen Verlauf der Verjährungsfrist ausgegangen ist. Dies kann jedoch regelmäßig nicht unterstellt werden, da der Anspruch auf Kostenerstattung erst mit Ausspruch der Abmahnung zu laufen beginnt. Es bleibt also abzuwarten, ob die Entscheidung im Berufungsverfahren auch insoweit Bestand haben wird.

Fazit

Die Entscheidung bestätigt, dass es sich stets lohnt, bei Klagen auf Kostenerstattung und Schadensersatz wegen Filesharings sorgfältig zu prüfen, ob nicht Verjährung eingetreten ist. In vielen Fällen bringt eine solche Prüfung zutage, dass die Mahnbescheide fehlerhaft formuliert sind und die geltend gemachte Forderung nicht ausreichend bezeichnen bzw. an sich bestehende Forderungen ausschließen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Prof. Dr. Gernot Schmitt-Gaedke LL.M. Eur.

Beiträge zum Thema