Amtsgericht Obernburg: Wann können Provisionsvorschüsse zurückverlangt werden?

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Hier eine interessante Zusammenfassung der wesentlichen Punkte, die berücksichtigt werden sollten, wenn ein Versicherer oder Vertrieb Provisionsvorschüsse zurückverlangt:

Am 04.11.2014 erließ das Amtsgericht Obernburg folgenden Beschluss:

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie habe dem Beklagten Provisionsabrechnungen zugesandt und der Beklagte habe insoweit eine Prüf- und Rügepflicht, was zu einem Anerkenntnis des Saldos führt, ist dies unzutreffend.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Urteil vom 30.04.1999 (16 U 74/98) in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung ausgeführt:

Ein Saldoanerkenntnis eines Handelsvertreters ist gemäß § 87c V HGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind die Informationsrechte des Handelsvertreters unabdingbar. Die Vorschrift erfasst nicht nur Klauseln, welche die Rechte des Handelsvertreters auch nur mittelbar beschränken oder ausschließen, in dem sie ein Anerkenntnis durch widerspruchslose Entgegenahme einer Abrechnung fingieren. Der Unternehmer kann auch nicht durch Vereinbarungen in sonstiger Weise die Rechtsverfolgung oder Verteidigung des Handelsvertreters gegen Provisionsrückbelastungen in einer gegen den Sinn und Zweck des § 87c Hintergrund verstoßenen Weise beschränken. Im Hinblick auf § 87c V HGB dürfen Provisionsansprüche des Handelsvertreters auch nicht in ein Kontokorrentverhältnis mit fingiertem Anerkenntnis eingestellt werden.

Wenn ein Versicherungsunternehmen einen Rückzahlungsanspruch hinsichtlich einer bereits teilweise ausgezahlten Provision für ein noch nicht vollständig durchgeführtes Geschäft geltend macht, hat es die in § 87h Abs. 3 Satz 2 HGB genannten Tatbestandsvoraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Dazu gehört insbesondere die Darlegung, dass das Unternehmen im Rahmen der ihm zumutbaren Nachbearbeitung mit allen angemessenen Mitteln versucht hat, den Prämienschuldner zur Prämienzahlung zu veranlassen.

Auch das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in zwei Entscheidungen (12 U 96/09 und 3 U 20/09) betont, dass der Versicherer für das Vorliegen der Voraussetzung der Rückzahlungspflicht darlegungs- und beweislastig ist. Der Versicherer muss für jede einzelne Provisionsrückforderung die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB darlegen und gegebenenfalls beweisen (ebenso Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 12.03.2004, 35 W 2/04). Dazu gehört nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, dass der Versicherer in jedem Einzelfall die Gründe der Beendigung des Vertrags, Zeitpunkt und Art der Mahnung und der Unterrichtung des Handelsvertreters über die Stornogefahr darzulegen hat. Er hat weiter die Höhe der zurückzuzahlenden Abschlussprovisionen im Einzelfall vorzurechnen.

Diesen Anforderungen genügt das bisherige Vorbringen der Klägerin nicht. Die Vorlage der einzelnen Monatsabrechnungen, in denen die Art der einzelnen Verträge nur durch Textkürzel individualisierbar wird und auch weder die gezahlte Provision noch die Prozentsätze der gezahlten Prämien ersichtlich sind, erfüllt nicht die genannten Anforderungen an eine substantiierte Darlegung des Rückforderungsanspruchs. Aus den Monatsabrechnungen ist nicht erkennbar, wie sich die Provisionsrückforderung errechnet, da die ursprüngliche Prämie und auch der Provisionssatz nicht ersichtlich sind. Eine Darlegung der geforderten Nachbearbeitungsbemühungen ist aus den Provisionsabrechnungen überhaupt nicht erkennbar.

Der Klägerin wird aufgegeben, dem Gericht binnen sechs Wochen eine Liste der Verträge vorzulegen, die die Rückforderung der Prämien begründen sollen.

In dieser Liste sind aufzunehmen:

  • Versicherungsvertrag mit Nummer
  • Versicherungsnehmer
  • Die Höhe der ursprünglich erhaltenen Provision
  • Der Prozentsatz der Prämie
  • Der Grund der Vertragsbeendigung
  • Datum der Mahnung
  • Empfänger der Stornogefahrmitteilung
  • Die Höhe der Rückforderung, bei anteiliger Rückforderung jeweils unter Angabe des Anteils der Gesamtprovision 

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