Analfistel grob fehlerhaft behandelt: 4.500 Euro

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Mit gerichtlichem Vergleich vom 12.02.2015 hat sich eine niedergelassene Chirurgin verpflichtet, an meinen Mandanten ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.500 Euro und außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren (2,0 Gebühr aus dem Erledigungswert) zu zahlen.

Der am 18.12.1971 geborene Arbeiter wurde im Mai 2012 notfallmäßig mit einem periproktitischem Abszess in einem Dortmunder Krankenhaus stationär aufgenommen. Am 06.05.2012 wurde der periproktitische Abszess mit Ausbildung einer Analfistel operiert. Der Abszess wurde gespalten und in die gleichzeitig festgestellte Fistel ein Faden zur Fadendrainage eingelegt. Wegen der massiven Eiterung war eine endgültige Fistelsanierung nicht möglich. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung am 14.05.2012 wurde die weitere ambulante Behandlung durch die beklagte Ärztin durchgeführt.

Als sich der Mandant am 31.05.2012 zur postoperativen Wundkontrolle vorstellte, schnitt die Ärztin die von den Operateuren im Krankenhaus gelegte Fadendrainage durch und entfernte diese, als der Mandant bäuchlings auf der Untersuchungsliege lag. Zwei Tage später kam es zu einem starken Druckgefühl im Analbereich. Am 18.06.2012 erfolgte eine erneute Operation wegen eines periproktitischen Abszesses. Neben der Abszessspaltung musste eine erneute Fadendrainage eingelegt werden. Am 03.08.2012 erfolgte die dritte Fisteloperation, die transsphinktäre Fistel wurde operativ behandelt. Am 01.10.2012 wurde eine vierte Fisteloperation erforderlich. Erst danach heilte die Restfistel sekundär aus.

Der Mandant hatte der Ärztin vorgeworfen, grob fehlerhaft am 31.05.2012 die Fadendrainage durchtrennt und entfernt zu haben. Hierdurch habe sich die zweite Fistel und der Rezidivabszess ausbilden können. Aufgrund der Langzeittherapie hätte der Faden weiterhin bis zur Ausheilung der Fistel liegen müssen. Es sei grob fehlerhaft gewesen, den Faden zu entfernen und auf eine Spontanheilung zu hoffen.

Der gerichtliche Sachverständige hatte bestätigt: Die vom Krankenhaus eingesetzte Fadendrainage diene als Langzeitbehandlung mit dem Ziel, die Abszesshöhle zu verkleinern und ein Verkleben eines Teils der Fistel oder der möglichen Nebengänge zu ermöglichen. Der eingelegte Faden müsse als Langzeitdrainage bis zur definitiven Fistelsanierung liegen. Das vorzeitige Entfernen der Fadendrainage berge die Gefahr, dass noch offene Seitengänge oder Abszessreste das akute Geschehen wieder aufflammen ließen. So sei es auch im Fall des Klägers gewesen. Der zweite Abszess sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Restzustand des ersten – aufgrund der Fadenentfernung nicht ausgeheilten – Abszesses gewesen. Die Entfernung des Fadens stelle einen groben Behandlungsfehler dar. Vor Entfernung der Fadendrainage sei auch keine Aufklärung über die Risiken erfolgt.

Dem Vergleichsvorschlag der Kammer lagen folgende Erwägungen zugrunde: Die Fadendrainage zur Ableitung und Markierung einer Fistel sei dringend zu belassen. Die Entfernung stelle einen groben Behandlungsfehler dar. Zwar wäre eine weitere Behandlung des Mandanten notwendig gewesen, aber zumindest eine Operation wäre ihm erspart geblieben und die Fistelung wäre geringer ausgefallen. Die Kammer berücksichtige, dass Erkrankungen und Eingriffe im Analbereich schmerzhaft wie unangenehm seien. Langzeitfolgen seien allerdings aufgrund der endgültigen Ausheilung der Fistel nicht mehr zu erwarten.

(LG Dortmund, Vergleichsbeschluss vom 12.02.2015, Az.: 4 O 167/13)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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