„Anfechtbare Rechtshandlung“ – Insolvenzverwalter verlangt Geld zurück

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  •  „Der Schuldner war schon seit längerer Zeit zahlungsunfähig...“
  • „Die Zahlung an Sie stellt eine Gläubigerbenachteiligung dar...“ 
  • „Der Schuldner handelte bei Vornahme der Zahlung mit Benachteiligungsabsicht...“ 
  • „Aufgrund der vorliegenden Umstände musste Ihnen die Zahlungsunfähigkeit und damit die Benachteiligungsabsicht bekannt sein...“

Wenn Sie einen Brief von einem Insolvenzverwalter erhalten, worin dieser eine Insolvenzanfechtung geltend macht und von Ihnen die Rückerstattung erhaltener Zahlungen verlangt, dürften sich die vorstehenden Formulierungen mit angrenzender Sicherheit in dem Schreiben wiederfinden. 

Warum zurückzahlen? Das Geld habe ich doch zu Recht bekommen

Wer zum ersten Mal mit der Materie der Insolvenzanfechtung konfrontiert wird, dürfte ziemlich überrascht sein und sich zunächst fragen, weshalb Gelder zurückbezahlt werden sollen, auf die ein Anspruch bestand. Hierbei gilt es zu wissen, dass im Falle eines Insolvenzverfahrens Zahlungen der insolventen Privatperson oder Firma (diese werden „Schuldner/in“ oder „Insolvenzschuldner/in“ genannt) unter bestimmten Voraussetzungen zurückgefordert werden können. Grundsätzlich kann es daher durchaus sein – auch wenn dies einem juristischen Laien als ungerecht erscheinen mag –, dass die Forderung des Insolvenzverwalters berechtigt ist.

Inhalt kaum verständlich

Inhaltlich sind die meisten Anfechtungsschreiben ähnlich aufgebaut. Diese sind sehr umfangreich und enthalten zahlreiche Rechtsbegriffe, mit denen man nichts anzufangen vermag. Weiter verweist der Insolvenzverwalter auf unzählige Gerichtsentscheidungen (insbesondere des Bundesgerichtshofes), die seinen Anspruch stützen sollen.

Anfechtungsansprüche haben oftmals Schwächen

Die umfangreichen Ausführungen des Insolvenzverwalters lassen – nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Rechtsprechungsnachweise – beim Anfechtungsgegner leicht den Eindruck entstehen, der Anspruch sei wohl eindeutig und man könne hiergegen nichts machen. Dies ist aber nur in den wenigsten Fällen so! Die meisten Anfechtungstatbestände sind vom Insolvenzverwalter nur mit Schwierigkeit zu belegen. Insbesondere liegen in Bezug auf die Zahlungsunfähigkeit des/r Schuldners/in sowie die Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon lediglich Indizien vor. In nahezu jedem Fall können jedoch Gegenargumente vorgebracht werden, um die Indizien des Insolvenzverwalters zu entkräften. Genauso gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die zugunsten des Anfechtungsgegners angeführt werden können (dies erwähnt der Insolvenzverwalter aus nachvollziehbaren Gründen natürlich nicht).

Zeitnahe Einschaltung eines Anwalts ist geboten

Sobald Sie einen entsprechenden Brief eines Insolvenzverwalters erhalten haben, ist daher dringend zu empfehlen, sofort einen Rechtsanwalt zu beauftragen. In keinem Fall ist es ratsam, mit dem Insolvenzverwalter direkt (sei es persönlich, telefonisch oder schriftlich) in Kontakt zu treten. Denn jede Information, die Sie dem Insolvenzverwalter geben, könnte dazu geeignet sein, den Anspruch zu belegen und nicht zu entkräften. Oftmals haben die Insolvenzverwalter nur wenige Informationen und erhoffen sich vielmehr durch die Antwort des Anfechtungsgegners an die notwendigen Kenntnisse zu gelangen. Ich habe schon mehrere Anfechtungsschreiben gesehen, die rein oder überwiegend darauf abzielen, dass sich der Anfechtungsgegner „selbst belastet“. Durch die Einschaltung eines auf dem Gebiet der Insolvenzanfechtung spezialisierten Anwalts kann dies vermieden und eine geeignete Vorgehensweise zur Abwehr des Anspruchs gewählt werden. Selbst wenn die Erfolgsaussichten den Anspruch abzuwehren gering sind, kann oftmals zumindest ein Vergleich geschlossen werden, der eine wesentlich geringere Zahlung vorsieht. Dem Insolvenzverwalter ist nämlich neben der Generierung einer möglichst großen Masse (= Vermögen für die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger) auch an einem zeitnahen Abschluss des Insolvenzverfahrens gelegen. Aus diesem Grund ist der Verwalter zumeist nicht an einer längeren gerichtlichen Auseinandersetzung interessiert, was die Möglichkeit einer (schnellen) gütlichen Einigung erhöht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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