Anhörungsbogen als Beschuldigte(r) wegen Beleidigung erhalten? Was ist zu tun Herr Rechtsanwalt?

  • 9 Minuten Lesezeit

1. Einleitung: Was tun bei einem Anhörungsbogen wegen Beleidigung?

Wer eine Beleidigung begangen haben soll, sieht sich oft schnell mit einem sogenannten Anhörungsbogen konfrontiert. Dieses Schreiben wird von der Polizei oder Staatsanwaltschaft an den Beschuldigten gesendet, um eine erste Stellungnahme zu den Vorwürfen zu erhalten. Betroffene geraten nicht selten in Panik und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen: Soll man den Anhörungsbogen einfach ausfüllen und zurückschicken? Oder sollte man lieber schweigen?

Insbesondere bei einer Anzeige wegen Beleidigung (§ 185 StGB) ist Vorsicht geboten. Denn jede unbedachte Aussage kann sich nachteilig auf das spätere Verfahren auswirken. Nicht selten enden solche Verfahren mit einer empfindlichen Geldstrafe oder gar einer Vorstrafe, die sich negativ auf das berufliche und private Umfeld auswirken kann. Hinzu kommt, dass die rechtliche Bewertung dessen, was als „Beleidigung“ gilt, häufig komplex und interpretationsbedürftig ist.

Dieser Ratgeberartikel soll Ihnen dabei helfen, den Überblick zu behalten und Ihnen eine erste Orientierung bieten. In den folgenden Abschnitten wird erläutert, was genau eine Beleidigung nach dem Gesetz bedeutet, welche Konsequenzen drohen und warum Sie niemals ohne rechtliche Beratung auf einen Anhörungsbogen reagieren sollten. Am Ende erfahren Sie, wie Sie sich am besten gegen den Vorwurf der Beleidigung verteidigen können und welche Schritte jetzt sinnvoll sind.

Wichtig: Dieser Artikel dient lediglich der ersten Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Sollten Sie einen Anhörungsbogen erhalten haben, ist es ratsam, sich unverzüglich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, um sich individuell beraten zu lassen


2. Gesetzliche Grundlagen: Was sagt das Strafrecht zu Beleidigungen?

Eine Beleidigung stellt nach deutschem Strafrecht eine Straftat dar und ist in § 185 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Dieser Paragraf lautet:

§ 185 StGB – Beleidigung: Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Was genau ist eine Beleidigung?

Eine Beleidigung ist jede Äußerung oder Handlung, die geeignet ist, die Ehre eines anderen zu verletzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beleidigung verbal, schriftlich oder durch Gesten erfolgt. Im Vordergrund steht immer die Frage, ob der Betroffene objektiv in seiner Ehre verletzt wurde und ob die Äußerung bewusst herabwürdigend oder diffamierend war.

Eine Herausforderung bei der Bewertung von Beleidigungen liegt darin, den Kontext und das Verhältnis zwischen den Beteiligten zu berücksichtigen. So kann ein Ausdruck, der im Freundeskreis noch als Scherz verstanden wird, in einem anderen Kontext strafrechtlich relevant sein.

Möglicher Strafrahmen bei Beleidigungen

Der Strafrahmen für eine Beleidigung variiert je nach Schwere und den Umständen der Tat. Grundsätzlich sieht das Gesetz folgende Strafen vor:

  • Geldstrafe: Die Höhe richtet sich nach den Tagessätzen und dem Einkommen des Täters. Bei „einfachen“ Beleidigungen liegt diese häufig zwischen 10 und 30 Tagessätzen.
  • Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr: Diese Strafe wird verhängt, wenn eine besonders schwere Beleidigung vorliegt oder die Tat öffentlich (z.B. in sozialen Medien) begangen wurde.
  • Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren: Wenn die Beleidigung mit einer Tätlichkeit verbunden war (z.B. durch Anspucken), wird ein verschärfter Strafrahmen angewendet.

Unterschiede zur üblen Nachrede und Verleumdung

Während eine Beleidigung nach § 185 StGB die bloße Missachtung oder Herabwürdigung einer Person ist, geht die üble Nachrede (§ 186 StGB) noch einen Schritt weiter. Sie liegt vor, wenn jemand ehrverletzende Tatsachen über eine Person verbreitet, die nicht erweislich wahr sind. Die Verleumdung (§ 187 StGB) setzt zusätzlich voraus, dass die Behauptung wider besseres Wissen aufgestellt wird. Bei beiden Straftatbeständen sind die Strafrahmen höher als bei der Beleidigung.


3. 20 Beispiele für Beleidigungen – Gerichtsentscheidungen im Überblick

Hier sind 20 konkrete Beispiele für Beleidigungen aus der Rechtsprechung, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was von den Gerichten als strafbar bewertet wird:

  1. „Du Idiot“
    Urteil: Amtsgericht Frankfurt – Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen
    Begründung: Die Bezeichnung als „Idiot“ gilt als abwertende, ehrverletzende Äußerung.

  2. „Drecksbulle“
    Urteil: Amtsgericht München – Geldstrafe von 40 Tagessätzen
    Begründung: Diese Aussage gegenüber einem Polizisten wurde als schwere Beleidigung im Dienst eingestuft.

  3. Mittelfinger zeigen im Straßenverkehr
    Urteil: Landgericht Nürnberg-Fürth – Geldstrafe in Höhe von 75 Tagessätzen
    Begründung: Der Mittelfinger als nonverbale Beleidigung wird als besonders verwerflich angesehen.

  4. „Arschloch“
    Urteil: Amtsgericht Berlin-Tiergarten – 50 Tagessätze
    Begründung: Die Bezeichnung stellt eine grobe Missachtung der Ehre des Gegenübers dar.

  5. „Sie sind ein Betrüger!“
    Urteil: Amtsgericht Düsseldorf – Geldstrafe von 60 Tagessätzen
    Begründung: Eine Behauptung dieser Art ohne Beweise erfüllt den Tatbestand der üblen Nachrede.

  6. „Vollidiot“ in einer WhatsApp-Nachricht
    Urteil: Amtsgericht Hamburg – Geldstrafe von 25 Tagessätzen
    Begründung: Auch digitale Äußerungen in privaten Chats können strafbar sein.

  7. „Nazi“
    Urteil: Oberlandesgericht Koblenz – Geldstrafe von 45 Tagessätzen
    Begründung: Der Ausdruck stellt eine besonders schwere Ehrverletzung dar.

  8. „Bist du dumm, oder was?“
    Urteil: Landgericht Hamburg – Geldstrafe von 20 Tagessätzen
    Begründung: Diese Frage wurde als ehrverletzend und abwertend interpretiert.

  9. „Du Spinner“ im beruflichen Kontext
    Urteil: Arbeitsgericht Mainz – 30 Tagessätze Geldstrafe
    Begründung: Im beruflichen Umfeld kann eine solche Äußerung zu empfindlichen Strafen führen.

  10. „Schlampe“ gegenüber einer Kollegin
    Urteil: Amtsgericht Stuttgart – 90 Tagessätze Geldstrafe
    Begründung: Sexistisch geprägte Beleidigungen werden besonders hart geahndet.

  11. „Du Taugenichts“
    Urteil: Amtsgericht München – Geldstrafe von 20 Tagessätzen
    Begründung: Auch diese Aussage verletzte das allgemeine Ehrgefühl.

  12. Anspucken eines Mitmenschen
    Urteil: Amtsgericht Bochum – 120 Tagessätze Geldstrafe
    Begründung: Anspucken gilt als tätliche Beleidigung und wird streng bestraft.

  13. „Sie sind unfähig!“ gegenüber dem Chef
    Urteil: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Geldstrafe von 50 Tagessätzen
    Begründung: Im Arbeitsumfeld werden Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte schwer gewertet.

  14. „Dumme Kuh“ im Streitgespräch
    Urteil: Amtsgericht Bremen – 40 Tagessätze
    Begründung: Die Bezeichnung wurde als grob beleidigend eingestuft.

  15. „Du Witzfigur“ im Online-Forum
    Urteil: Amtsgericht Frankfurt – 20 Tagessätze Geldstrafe
    Begründung: Auch Online-Beleidigungen werden strafrechtlich verfolgt.


4. Anhörungsbogen erhalten: Warum Sie nicht selbst antworten sollten

Ein Anhörungsbogen ist eine formelle Aufforderung der Ermittlungsbehörde, sich zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen zu äußern. Häufig wird er von der Polizei oder Staatsanwaltschaft verschickt, nachdem eine Anzeige wegen Beleidigung eingegangen ist. Viele Betroffene neigen dazu, impulsiv zu reagieren und den Bogen ohne rechtliche Beratung auszufüllen. Dies kann jedoch fatale Konsequenzen haben.

Risiken einer unüberlegten Stellungnahme

Als Beschuldigter sind Sie gesetzlich nicht verpflichtet, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Viele Menschen versuchen jedoch, sich „herauszureden“ oder den Vorwurf mit einer Rechtfertigung zu entschärfen. Dabei machen sie oft unbewusst Fehler, die später gegen sie verwendet werden können.

Beispiele für typische Risiken bei unüberlegten Antworten:

  • Selbstbelastung: Oft geben Beschuldigte mehr preis, als eigentlich notwendig ist, und machen dadurch die Tat indirekt oder direkt zu.
  • Falsche Angaben: Unter Druck kann es passieren, dass unwahre Aussagen getätigt werden. Diese können später als versuchte Täuschung ausgelegt werden.
  • Nachträgliche Beweisverwertung: Ein einmal gemachtes Geständnis oder eine ungünstige Aussage kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht einfach zurückgenommen werden.

Typische Fehler bei der Beantwortung eines Anhörungsbogens

Viele Beschuldigte begehen die folgenden Fehler:

  1. Spontane Rechtfertigung ohne Nachdenken: Es wird direkt versucht, das Gesagte zu erklären oder die Situation zu relativieren.
  2. Emotionale Reaktionen: Manche reagieren aus einer emotionalen Lage heraus, was zu Beleidigungen oder weiteren unbedachten Aussagen führt.
  3. Fehlende Kenntnis der Aktenlage: Ohne Einsicht in die Ermittlungsakte wissen Beschuldigte oft nicht, welche Beweise gegen sie vorliegen und wie schwer der Vorwurf tatsächlich wiegt.

Ein Anhörungsbogen sollte daher niemals ohne vorherige Akteneinsicht und eine sorgfältige rechtliche Beratung beantwortet werden.

Rechte als Beschuldigter: Was Sie wissen sollten

Als Beschuldigter haben Sie im Ermittlungsverfahren bestimmte Rechte, die Sie unbedingt kennen sollten:

  • Schweigerecht: Sie sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten und dürfen auf den Anhörungsbogen auch einfach schweigen.
  • Akteneinsichtsrecht: Dieses Recht steht Ihnen jedoch nur über einen Rechtsanwalt zu. Nur ein Anwalt kann Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und den genauen Inhalt der Vorwürfe einsehen.
  • Recht auf einen Verteidiger: Sie können sich jederzeit von einem Anwalt vertreten lassen, der Ihre Interessen wahrt und Sie professionell berät.


5. Wie sollte man auf den Anhörungsbogen reagieren?

Die Rolle des Anwalts im Ermittlungsverfahren

Der Anwalt ist im Ermittlungsverfahren Ihre wichtigste Unterstützung. Er prüft zunächst die Anschuldigungen und verschafft sich einen Überblick über die Beweislage. Anschließend bespricht er mit Ihnen das weitere Vorgehen und entscheidet, ob und wie auf den Anhörungsbogen reagiert wird.

Vorteile einer anwaltlichen Vertretung

Eine anwaltliche Vertretung bringt zahlreiche Vorteile mit sich:

  • Professionelle Beurteilung der Situation: Ein Anwalt erkennt schnell, ob der Vorwurf der Beleidigung tatsächlich Substanz hat oder ob es sich um eine haltlose Anzeige handelt.
  • Strategische Verteidigung: Je nach Sachlage kann der Anwalt empfehlen, den Vorwurf entschieden zurückzuweisen, eine Stellungnahme abzugeben oder gar eine außergerichtliche Einigung anzustreben.
  • Vermeidung von Fehltritten: Der Anwalt sorgt dafür, dass keine Aussagen getätigt werden, die Ihre Rechtsposition schwächen könnten.

Strategien zur Verteidigung bei Beleidigungsvorwürfen

Im Falle eines Vorwurfs wegen Beleidigung gibt es mehrere Verteidigungsstrategien, die ein Anwalt prüfen kann:

  1. Bestreiten der Tat: Wenn die Beweislage schwach ist oder Sie die Beleidigung nicht geäußert haben, kann ein einfaches Bestreiten die beste Lösung sein.
  2. Einspruch gegen den Strafbefehl: Falls die Beleidigung in einem Strafbefehl mündet, kann gegen diesen Einspruch erhoben werden, um die Strafe zu reduzieren.
  3. Verfahrenseinstellung: In manchen Fällen kann der Anwalt auf eine Verfahrenseinstellung hinwirken, insbesondere wenn es sich um Bagatelldelikte handelt oder die Äußerung als freie Meinungsäußerung interpretiert werden könnte.


6. Fazit: Die richtige Reaktion bei einem Anhörungsbogen

Ein Anhörungsbogen wegen einer Beleidigung ist ein ernstzunehmendes Schreiben, das sorgfältig behandelt werden sollte. Anstatt impulsiv zu reagieren oder gar ohne Beratung den Bogen auszufüllen, sollten Sie umgehend einen spezialisierten Anwalt wie Rechtsanwalt Dr. Traub kontaktieren. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Rechte als Beschuldigter gewahrt werden und Sie die bestmögliche Verteidigung erhalten.

Gerne stehe Ihnen zur Seite und entwickelt gemeinsam mit Ihnen eine maßgeschneiderte Strategie, um den Vorwurf zu entkräften oder das Verfahren möglichst schnell zu einem positiven Abschluss zu bringen. 

Vereinbaren Sie am besten noch heute ein unverbindliches Erstgespräch!


7. Wichtiger Hinweis: Keine Rechtsberatung – warum eine individuelle Beratung notwendig ist

Dieser Ratgeber dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine konkrete Rechtsberatung dar. Die hier dargestellten Inhalte sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, ersetzen jedoch nicht die individuelle Beratung durch einen erfahrenen Anwalt. Da sich die Rechtslage ständig ändern kann, ist es unerlässlich, sich bei konkreten Fällen rechtlich beraten zu lassen. Nur eine persönliche Rechtsberatung kann die Besonderheiten Ihres Falles berücksichtigen und Ihnen die bestmögliche Verteidigungsstrategie aufzeigen.

Insbesondere bei Vorwürfen wie Beleidigung, die mit empfindlichen Strafen und möglichen Vorstrafen einhergehen können, ist es entscheidend, einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Gerne stehe ich Ihnen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung und bietet Ihnen professionelle Unterstützung, damit Sie Ihre Rechte als Beschuldigter wahren können. Nutzen Sie die Möglichkeit eines persönlichen Beratungsgesprächs, um die Weichen für ein erfolgreiches Verfahren zu stellen.



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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über Midjourney

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