Anscheinsbeweis bei Zusammenstoß eines Fahrradfahrers mit der geöffneten Fahrertür eines Kfz

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Das OLG Celle hat 2018 entschieden, dass der Beweis des ersten Anscheins gegen den PKW-Fahrer spricht, den Unfall verschuldet zu haben, wenn die Kollision eines Fahrradfahrers mit der geöffneten Fahrertür im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgte. Aber ein Mitverschulden des Fahrradfahrers kann in einem zu geringen Abstand des Fahrradfahrers zum geparkten PKW liegen. Der Mindestabstand sollte 50 cm nicht unterschreiten. Die Darlegungs- und Beweislast für eine Unterschreitung obliegt dem PKW-Fahrer. 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin begehrt als Alleinerbin des verstorbenen vormaligen Klägers (im Folgenden Erblasser) die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden aus einem Verkehrsunfall im Jahr 2014. Der Erblasser befuhr am Unfalltag mit seinem Fahrrad die AHB-Straße. Die Beklagte zu 1) hatte ihren PKW in einer am rechten Fahrbahnrand vorgesehenen Parkfläche geparkt und wollte aussteigen. Beim Öffnen der Fahrertür kam es zu der Kollision zwischen Fahrrad und Fahrertür, wodurch der Erblasser stürzte und sich verletzte.

Die Beklagten haben für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden zu 100 % aufzukommen. Da die Kollision mit dem Fahrrad des Erblassers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgte, spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen die Beklagte, den Unfall verursacht zu haben.

Der Pkw-Fahrer habe sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Er darf zwar die Fahrzeugtür vorsichtig einen Spalt nach links öffnen, um sich Sicht nach rückwärts zu verschaffen, jedoch erst nach Ausschöpfung der Beobachtungsmöglichkeiten vom Innern des Pkw aus. Ist dies zweifelhaft, haftet der Pkw-Fahrer aus Betriebsgefahr zuzüglich des erheblichen Verschuldens wegen eines Verstoßes gegen die höchsten Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr. Dies führt gegenüber eines Fahrradfahrers regelmäßig zu einer Alleinhaftung des Pkw-Fahrers, weil auf Seiten des Fahrradfahrers keine Betriebsgefahr zu berücksichtigen ist.

Eine Mithaftung des Radfahrers kommt allenfalls dann in Betracht, wenn dem Fahrradfahrer ein Verschulden nachzuweisen ist, wobei der Pkw-Fahrer die Darlegungs- und Beweislast trägt. Der Fahrradfahrer müsse mit einem spaltweisen Türöffnen rechnen und einen entsprechenden Seitenabstand einhalten, sofern das Fahrzeug nicht erkennbar leer ist. Wie groß der Abstand sein muss, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Seitenabstand soll in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrzeugtür noch möglich ist. 50 Zentimeter können dabei schon genügen. Es kommt dabei auf die Verkehrslage, die Geschwindigkeit, die bauliche Situation und die Art der Fahrzeuge an.

Rechtsanwalt Daniel Krug

unter Mitwirkung von Rechtsreferendarin Nadin Marx


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