Ansprüche nach einem Verkehrsunfall: Was kann ein Geschädigter geltend machen?
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Ansprüche nach einem Verkehrsunfall: Was kann ich als Geschädigter geltend machen?
Ein Verkehrsunfall kann Ihr Leben völlig aus der Bahn werfen – nicht nur emotional, sondern auch finanziell. Die Reparatur oder der Ersatz Ihres Fahrzeugs, gesundheitliche Beeinträchtigungen und weitere Schäden können schnell zu einer großen Belastung werden. In solchen Situationen ist es entscheidend, die richtigen Schritte zu kennen und alle Ansprüche richtig geltend zu machen. Als Anwalt mit Erfahrung in Verkehrsrecht stehe ich Ihnen zur Seite, um Ihre Rechte durchzusetzen. In diesem Beitrag gebe ich Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Schadensarten und Ansprüche, die Sie nach einem Verkehrsunfall geltend machen können.
1. Schadenersatz für Fahrzeugschäden: Reparaturkosten oder Wiederbeschaffungswert bei einem Totalschaden
Der offensichtlichste Anspruch nach einem Verkehrsunfall betrifft den Schaden am eigenen Auto. Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Geltendmachung der Reparaturkosten oder dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs bei einem wirtschaftlichen Totalschaden. Zudem ist die Wertminderung (merkantiler Minderwert) des Fahrzeugs zu ermitteln.
- Reparaturkosten: Wenn Ihr Fahrzeug nach dem Unfall repariert werden kann, können Sie die Kosten für die Reparatur geltend machen. Die Versicherung des Unfallverursachers muss Ihnen die Reparaturkosten übernehmen, sofern diese die tatsächlichen Schäden am Fahrzeug widerspiegeln. Hierbei kann nach erfolgter Reparatur, aber auch fiktiv - also ohne tatsächliche Reparatur - abgerechnet werden.
- Wiederbeschaffungsaufwand: Ist das Fahrzeug so stark beschädigt, dass eine Reparatur unwirtschaftlich oder unmöglich ist, haben Sie Anspruch auf den sogenannten Wiederbeschaffungsaufwand. Dieser Betrag entspricht dem Betrag, den Sie benötigen, um ein vergleichbares Fahrzeug zu erwerben, abzüglich des Restwertes des Ihnen verbliebenen und verunfallten Fahrzeugs.
- Wertminderung: Zusätzlich haben Sie Anspruch auf eine Wertminderung. Dies resultiert insbesondere daraus, dass Ihr Fahrzeug nun als Unfallfahrzeug gilt. Dies bedeutet, dass der Wert des Fahrzeugs aufgrund des Unfalls sinkt, da potenzielle Käufer beim Wiederverkauf in der Regel einen geringeren Preis zahlen werden.
Wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand überschreiten oder die Reparatur wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, haben Sie das Recht, den geringeren Wiederbeschaffungsaufwand zu fordern. In einigen Fällen kann jedoch auch dann, wenn das Fahrzeug nach wie vor verkehrssicher ist und keine fachgerechte Reparatur durchgeführt wurde, nach einer weiteren Nutzung von sechs Monaten auch die Differenz zu den Reparaturkosten nachgefordert werden.
Ein großer Vorteil des deutschen Schadenersatzrechts besteht darin, dass Sie nicht gezwungen sind, das Fahrzeug zu reparieren, um Reparaturkosten erstattet zu bekommen.
Die Reparaturkosten können nämlich konkret, also entsprechend den tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, aber auch fiktiv, also auf Grundlage der geschätzten Kosten ohne durchgeführte Reparatur, abgerechnet werden können. Bei einer fiktiven Abrechnung fällt jedoch keine Mehrwertsteuer an, weshalb diese in diesem Fall nicht geschuldet wird.
Ganz wichtig ist, dass nach dem Verkehrsunfall der Schaden beziffert und dokumentiert wird:
Hierbei ist zur Ermittlung der zu erwartenden Reparaturkosten, oder des Wiederbeschaffungsaufwandes in der Regel die Hinzuziehung eines Schadengutachtens durch einen Sachverständigen zu empfehlen.
2. Schmerzensgeld
Wenn Sie durch den Verkehrsunfall verletzt wurden, können Sie auch Schmerzensgeld geltend machen. Dies ist eine Entschädigung für das erlittene körperliche und seelische Leid. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von Faktoren wie der Schwere der Verletzungen, der Dauer der Behandlung und den langfristigen Auswirkungen auf Ihr Leben ab. Schmerzensgeld dient nicht dazu, die tatsächlichen Behandlungskosten zu decken, sondern soll für das erlittene Schmerzempfinden entschädigen.
Die Höhe des Schmerzensgeldes kann stark variieren und wird im Einzelfall durch Gerichte oder im Rahmen von Vergleichsverhandlungen festgelegt. Je schwerer die Verletzungen, desto höher fällt in der Regel das Schmerzensgeld aus.
Bei der Geltendmachung des Schmerzensgeldes ist es von entscheidender Bedeutung, die individuellen Lebensumstände des Geschädigten zu berücksichtigen. Es sollte nicht nur die berufliche, sondern auch die private Lebensgestaltung in die Bewertung einfließen. Es empfiehlt sich, in enger Zusammenarbeit mit dem Geschädigten detailliert darzulegen, welche konkreten Auswirkungen die Verletzungen auf sein Leben haben. Dies umfasst insbesondere die Auswirkungen auf die Bewältigung des Alltags, die Haushaltsführung und sportliche Aktivitäten.
3. Nutzungsausfallschaden
Der Nutzungsausfallschaden entsteht, wenn Sie durch den Unfall für eine gewisse Zeit nicht in der Lage sind, Ihr Fahrzeug zu nutzen. Dies betrifft vor allem den Zeitraum, in dem Ihr Fahrzeug repariert wird oder ein neues Fahrzeug beschafft werden muss. Sie haben Anspruch auf eine Entschädigung für den Zeitraum, in dem Ihnen die Nutzung des Fahrzeugs nicht möglich war.
Der Nutzungsausfall richtet sich nach der üblichen Miete für ein vergleichbares Fahrzeug und wird entweder in Form einer Mietwagenpauschale oder durch die tatsächlichen Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug abgegolten. Auch die Versicherung des Unfallverursachers muss diese Kosten übernehmen.
4. Kosten für einen Mietwagen (Ersatzwagen)
Wenn Ihr Fahrzeug nach dem Unfall repariert werden muss und Sie für den Zeitraum der Reparatur ein Ersatzfahrzeug benötigen, können Sie auch die Kosten für einen Mietwagen geltend machen. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ist verpflichtet, Ihnen einen Ersatzwagen zur Verfügung zu stellen oder die Kosten für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs zu übernehmen.
Wichtig ist, dass die Mietwagenkosten angemessen sind. Sie dürfen nicht einfach irgendein Luxusfahrzeug anmieten, sondern sollten sich an den marktüblichen Preisen für vergleichbare Fahrzeuge orientieren.
5. Folgeschäden und künftige Gesundheitsbeeinträchtigungen
Neben den unmittelbaren Unfallfolgen können auch zukünftige gesundheitliche Beeinträchtigungen als Schaden gelten. Wenn Sie aufgrund des Unfalls bleibende gesundheitliche Einschränkungen erleiden, haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung. Dies umfasst sowohl körperliche als auch psychische Schäden.
Hierzu können beispielsweise Rentenansprüche oder Zahlungen für Rehabilitationsmaßnahmen zählen, die durch den Unfall erforderlich werden. In vielen Fällen können über einen sogenannten Feststellungsantrag auch Schmerzensgeldansprüche über einen längeren Zeitraum hinweg geltend gemacht werden, wenn gesundheitliche Folgen erst später erkennbar sind.
6. Verdienstausfall
Falls Sie durch den Unfall nicht arbeiten können und dadurch Verdienstausfall entsteht, haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung des Verdienstausfalls. Die Versicherung des Unfallgegners muss den Verdienstausfall ausgleichen, auch wenn Sie selbst durch Ihre Verletzungen vorübergehend oder dauerhaft arbeitsunfähig sind. Hierzu wird das durchschnittliche Einkommen vor dem Unfall zugrunde gelegt.
Die Berechnung des Verdienstausfalls erfolgt nach der Höhe des vertraglich vereinbarten Lohns oder Gehalts sowie den Einkommensverlusten, die durch den Unfall entstanden sind.
7. Kosten für medizinische Behandlung und Heilungskosten
Ein weiterer Anspruch, den Sie nach einem Verkehrsunfall geltend machen können, betrifft die medizinischen Behandlungskosten. Wenn Sie durch den Unfall Verletzungen erlitten haben, die eine medizinische Behandlung erfordern, können Sie sämtliche Heilungskosten einfordern, die durch den Unfall verursacht wurden.
Dazu zählen sowohl die Kosten für die Behandlung beim Arzt als auch für Krankenhausaufenthalte, Therapien oder Arzneimittel, die aufgrund des Unfalls notwendig wurden. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss diese Kosten übernehmen.
8. Kosten für Gutachten
In vielen Fällen ist es notwendig, ein Sachverständigengutachten einzuholen, um den Umfang des Schadens zu bestimmen, insbesondere bei Fahrzeugschäden oder bei der Ermittlung des Schmerzensgeldes. Die Kosten für ein solches Gutachten müssen ebenfalls von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners übernommen werden, da sie direkt mit der Feststellung des Schadens zusammenhängen.
Fazit: Welche Ansprüche können nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht werden?
Nach einem Verkehrsunfall gibt es eine Vielzahl von Ansprüchen, die Sie geltend machen können – vom Schadenersatz für Fahrzeugreparaturen oder Wiederbeschaffung über Schmerzensgeld bis hin zu Nutzungsausfallschäden und Verdienstausfall. Wichtig ist, dass Sie alle relevanten Informationen und Nachweise sorgfältig sammeln, um Ihre Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers erfolgreich durchzusetzen.
Falls Sie sich unsicher sind, welche Ansprüche Sie geltend machen können oder wie Sie den Schadensersatz korrekt berechnen, empfiehlt es sich, frühzeitig rechtlichen Rat einer hierauf spezialisierten Kanzlei einzuholen. Ein erfahrener Anwalt für Verkehrsrecht kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche korrekt zu formulieren und sicherzustellen, dass Sie eine faire und zeitnahe Schadensregulierung erhalten.
Gerne stehe ich Ihnen in einem persönlichen Beratungsgespräch zur Verfügung, um Ihre Rechte detailliert zu besprechen und gemeinsam eine Strategie für die erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu entwickeln.
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