Ansprüche trotz Gütertrennung?

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Sie stehen vor den Scherben Ihrer Ehe, haben einen Ehevertrag, in dem Gütertrennung vereinbart ist, leben getrennt oder sind bereits geschieden.

Sie empfinden den Ausschluss des Zugewinnausgleichs als große Benachteiligung Ihrerseits und fragen sich nun, ob Ihnen nicht doch Ausgleichsansprüche gegenüber dem Ehepartner zustehen.

1. Sittenwidriger Vertrag

In sehr seltenen Fällen kann der Ausschluss des Zugewinnausgleichsanspruchs oder der gesamte Ehevertrag selbst als sittenwidrig und somit als nichtig angesehen werden, nämlich dann, wenn die einseitige Benachteiligung durch Unterlegenheit oder Abhängigkeit des Benachteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages begünstigt war und dies vom Ehepartner ausgenutzt wurde.

2. Andere Ansprüche trotz Ehevertrag

Arbeitsleistungen

Jedoch können Arbeitsleistungen eines Ehegatten zu einem Ausgleichsanspruch führen, ebenso wie Leistungen von Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten. Ein solcher Ausgleich wird von der Rechtsprechung u. a. dann bejaht, wenn erhebliche Arbeitsleistungen zu einer messbaren Vermögensvermehrung beim anderen Ehegatten geführt haben. Die erbrachten Arbeitsleistungen müssen jedoch über Gefälligkeiten hinausgehen und es darf sich nicht um Dienstleistungen handeln, die im Rahmen der Unterhaltspflicht geschuldet sind.

Ehebedingte Zuwendungen

Auch gibt es die Möglichkeit, dass Ausgleichsansprüche aus einer ehebedingten Zuwendung bestehen. Voraussetzung hierfür ist, dass z. B. keine Ausgleichsansprüche aus Zugewinn bestehen und eine Billigkeitsabwägung dazu führt, dass die ehebedingte Zuwendung ausnahmsweise zu einem schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch führt, da die dem Zuwendenden die Beibehaltung der durch die Zuwendung an den anderen herbeigeführten Vermögensverhältnisse nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

Der Ausgleich erfolgt regelmäßig nicht durch Rückgewähr, sondern wie beim Zugewinnausgleich durch Geldzahlung.

Höhe der Ausgleichsansprüche

Die Höhe der obigen Ansprüche hängt u. a. von der Dauer der Ehe, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der Vermögensmehrung sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute ab.

Das OLG München bejahte so einen Anspruch bei Übertragung eines halben Miteigentumsanteils an einem Hausgrundstück (OLG München FamRZ 2001, 393).

Der BGH wiederum bejahte ausnahmsweise einen Ausgleichsanspruch bei Übertragung eines Wertpapierdepots kurz nach der Eheschließung (siehe BGH FamRZ 1994, 503).

Interessant ist auch der Fall, in dem eine Mutter von drei Kindern ihr gesamtes Erbe für den Bau eines dem Mann gehörenden Hauses ausgab, wobei sich die Ehegatten kurz nach Fertigstellung trennten (OLG München, FamRZ 1999, 1663).

3. Gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche

Es kann aber vielleicht über die (konkludente) Ehegatteninnengesellschaft ein Ausgleichsanspruch eines Ehegatten in Betracht kommen. Dieser kann sogar als gesellschaftsrechtlicher Anspruch auch neben einem Anspruch auf Zugewinnausgleich bestehen.

Maßgeblich ist hier, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit der Vermögensbildung verfolgen, insbesondere ob sie mit ihrer Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der Ehe hinausgehenden Zweck erreichen wollten.

Beispielsweise hat dies der BGH angenommen für einen Fall, in dem die Ehepartner jahrelang planvoll und zielstrebig zusammen am Aufbau eines Immobilienvermögens gearbeitet haben, das nur einem Ehegatten gehört, um aus dessen Erträgen zu leben und daraus auch weiteres Vermögen zu bilden (BGH FamRZ 1999, 1580).

Auch sprach der BGH einem Ehepartner, der mit seiner Ehepartnerin in Gütertrennung lebte und im Lebensmittel- und Textilgeschäft seiner Frau mitgearbeitet hatte, aufgrund einer derartigen konkludenten Innengesellschaft einen Anspruch auf Beteiligung an den Erträgnissen des Unternehmens zu (BGH FamRZ 1954, 136).

Immer mehr wird die Ehegatteninnengesellschaft zu einer wichtigen Anspruchsgrundlage für Ausgleichsansprüche für Fälle, in denen Gütertrennung vorliegt.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs richtet sich hier vor allem nach den getroffenen Absprachen zur Verteilung von Gewinn und Verlust. Sofern keine Absprachen getroffen wurden, muss geprüft werden, ob sich aus den Umständen eine Abweichung vom Grundsatz gleich hoher Anteile ergibt. Wer mehr als die Hälfte verlangt, muss dies darlegen und beweisen.

Unser erster Rechtstipp:

Lassen Sie sich vor dem Abschluss eines Ehevertrages, insbesondere bei dem Vorhaben, den gesetzlichen Zugewinnausgleich ausschließen zu wollen, ausführlich von einem Rechtsanwalt beraten.

Unser zweiter Rechtstipp

Sollten Sie Gütertrennung vereinbart haben und sich im Falle der Scheidung vermögensrechtlich benachteiligt fühlen, dann suchen Sie dringend anwaltliche Hilfe auf, um einer etwaigen Verjährung etwaiger doch bestehender Ansprüche vorzubeugen.

Wir stehen Ihnen dabei gerne zur Seite.

Rechtsanwältin Annett Kleinert

für Kleinert Rechtsanwälte


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