Antragsverfahren bei der KV – ein Überblick

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Antragsverfahren bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sind für Vertragsärztinnen und -ärzte essenziell, um bestimmte Leistungen im GKV-System erbringen und abrechnen zu dürfen. Am geläufigsten sind die Anträge, die die Zulassung und bestimmte Einzelleistungen betreffen. Daneben gibt es aber auch Antragsverfahren, die das Honorar positiv beeinflussen können. Die KVen bieten spezielle Regelungen bspw. für Neu- oder Jungärzte, Härtefälle oder sog. Praxisbesonderheiten an. Die Praxen haben auf diese Weise die Möglichkeit ihren individuellen, besonderen Versorgungsbedarf geltend machen. Dieser kann durch verschiedene Mittel im Honorar reflektiert werden, etwa durch die Aussetzung der Begrenzung des Fallzahlzuwachses oder durch Zuschläge auf das Budget. Die Antragsvoraussetzungen und -möglichkeiten variieren jedoch stark zwischen den KVen, sodass es für Vertragsärztinnen und -ärzte ratsam ist, sich mit den spezifischen Optionen ihrer KV vertraut zu machen, um im Bedarfsfall davon Gebrauch machen zu können.

Bei jeder Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) können bzw. müssen Ärztinnen und Ärzte Anträge stellen. Diese betreffen vor allem die Zulassung, Anstellungen, Assistenten, Vertretungen und bestimmte Einzelleistungen. Kurz gesagt beziehen sich diese Antragsverfahren auf vertragsärztliche Erlaubnisse, also wer welche Leistungen im GKV-System erbringen und abrechnen darf. Nur wenn solche statusrelevanten Antragsverfahren erfolgreich sind, also eine Zulassung oder Genehmigung vorliegt, darf und kann überhaupt gegenüber der KV abgerechnet werden.

Daneben können Vertragsärzte und Vertragsärztinnen aber auch Anträge bei der KV stellen, die nicht das vertragsärztliche Können und Dürfen betreffen, sondern sich unmittelbar auf das Honorar auswirken. Die KVen regeln die Möglichkeiten und Voraussetzungen von solchen honorarrelevanten Antragsverfahren in ihren Honorarverteilungsmaßstäben (HVM). Zwar gibt hier also keine bundesweit einheitlichen Voraussetzungen oder Formulierungen, für folgende Konstellationen haben aber die meisten KVen Antragsverfahren vorgesehen:

  • Sog. Neu- oder Jungärzte
  • Weiterbildungsassistenten
  • Härtefälle
  • Besonderer Versorgungsbedarf


„Neu“- oder „Jungärzte“

Einige KVen sehen für neu zugelassene Vertragsärztinnen und -ärzte Sonderregeln für die Festlegung der Budgets (bspw. RLV / QZV) für den Praxisstart bzw. während der sog. Aufbauphase vor. Diese Festlegung beruht ganz maßgeblich auf den Leistungsmengen des Praxisvorgängers bzw. dem Fachgruppendurchschnitt. Es kann sinnvoll sein zu prüfen, ob die einschlägigen HVM-Vorgaben zu den individuellen Praxisstartbedingungen eines Neuarztes passen (bspw. für den Fall, dass die Fallzahlen der Praxisvorgängers maßgeblich sind, diese aber viel niedriger als die des Fachgruppendurchschnitts sind). In einigen KV-Regionen mit RLV-Systematik können zudem Anträge zur Übertragung der QZV bzw. Steigerung der QZV-Fallzahlen gestellt werden.


Weiterbildungsassistenten

Auf Antrag gewähren einige KVen einen Aufschlag auf das RLV bzw. Leistungsbudget des weiterbildenden Arztes, der einen Weiterbildungsassistenten beschäftigt. Die Höhe des Aufschlags hängt dabei vor allem vom Beschäftigungsumfang des Assistenten ab.


Härtefälle

Für den Fall, dass eine Praxis einen wesentlichen Honorarrückgang erlitten hat, gibt es die Möglichkeit Ausgleichszahlungen von der KV zu erhalten. Wesentliche Voraussetzungen ist dabei grundsätzlich, dass die Praxis den Honorarverlust nicht zu vertreten hat; zum Teil stellen die KVen auch konkret darauf ab, dass der Honorarverlust im Vergleich zum Vorjahr auf einen bestimmten Prozentsatz überschreiten muss (bspw. 15 %). In Reaktion auf die Corona-Pandemie hatten die meisten KVen spezifische Härtefallregelungen für Honorarverluste aufgrund von Großschadensereignissen in ihre HVM aufgenommen. Erfahrungsgemäß werden die Voraussetzungen in einem Härtefallverfahren von den KVen sehr streng geprüft


Besonderer Versorgungsbedarf und Sicherstellung 

Zu den wichtigsten Anwendungsfällen bei den Antragsverfahren gehören solche, die die Sicherstellung bzw. den besonderen Versorgungsbedarf im individuellen Fall betreffen.

Die KVen nutzen verschiedene Mittel um einen solchen besonderen Bedarf – der von den Praxen im Antragsverfahren begründet werden muss – zugunsten der Praxis im Honorar abzubilden, indem bspw.

  • die Begrenzung des Fallzahlzuwachses ausgesetzt wird
  • Zuschläge auf das Honorarvolumen bzw. Leistungsbudget gewährt werden
  • der Fallwert erhöht wird
  • eine Leistung als QZV gewährt wird.

Unabhängig davon, dass die KVen im Detail sehr stark variierende Antragsvoraussetzungen in den HVM formulieren, haben diese im Grunde gemeinsam, dass die Praxis einen dauerhaften, spezifischen und überdurchschnittlichen Versorgungsbedarf darlegen muss (z.T. geben die KVen hierfür bestimmte Grenzwerte vor).  

Einige KVen (darunter z.B. Hessen, Niedersachsen, Nordrhein und Westfalen-Lippe) fassen solche Anträge, die einen erhöhten Versorgungsbedarf betreffen, als sog. Praxisbesonderheiten zusammen. Diese Begrifflichkeit spielt auch im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen eine Rolle, hat dort aber eine gänzlich andere Funktion und sollte daher nicht verwechselt.


Tipp

Das Spektrum von Antragsmöglichkeiten bzw. die in den HVM formulierten Antragsvoraussetzungen weichen bundesweit stark voneinander ab. Idealerweise sind den Vertragsärztinnen und -ärzte die ihnen zur Verfügung stehenden KV-individuellen Antragsmöglichkeiten bekannt, um diese im Bedarfsfall nutzen zu können.


Meike Schmucker, LL.M.

Rechtsanwältin

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