Als selbstständiger Anwalt Karriere machen – geht das noch in der heutigen Zeit?

  • 6 Minuten Lesezeit
Als selbstständiger Anwalt Karriere machen – geht das noch in der heutigen Zeit?

Experten-Autor dieses Themas

Es gibt eine Juristenschwemme, hieß es noch 2013. Die Anwaltszahlen gehen zurück, lautete kürzlich eine Meldung. Was stimmt nun? Und welche Karrierechancen bietet der Anwaltsberuf?  

Dr. Frank Zander ist selbstständiger Rechtsanwalt, Fachanwalt und Kanzleigründer. Als Businesscoach hilft er Kanzleigründern und Junganwälten beim Aufbau der eigenen Kanzlei. Im Referendariat war er in einer Zweimannkanzlei, aber auch in einer Großkanzlei, als Anwalt gründete er direkt aus dem Wohnzimmer und unterbrach die Selbstständigkeit nur durch ein einjähriges „Gastspiel“ als Angestellter in einer mittelständigen Kanzlei. In diesem Ratgeber schreibt er über den Berufseinstieg als Rechtsanwalt, die Gründung der eigenen Kanzlei und darüber, was viele Berufsanfänger unterschätzen.

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Karriere als Anwalt: Alles ist möglich

Als ich vor über 20 Jahren beim Berufsberater der Arbeitsagentur saß, zeigte man mir die ganze Bandbreite an Berufsmöglichkeiten für Juristen. Von der klassischen Tätigkeit als Associate über den Richterberuf, den Justiziar in einem Verband und auch über die Möglichkeit, als Anwalt Geschäftsführer-Karriere machen zu können – als Abiturient gab es für mich gefühlt nichts, was ein Anwalt nicht machen könnte. Doch wusste ich damals schon, dass ich als Anwalt keine Karriere im Unternehmen und auch keine Anwaltskarriere in Festanstellung anstrebte, sondern mich selbstständig machen wollte.  

Im Rahmen meiner Coaching-Tätigkeit werde ich immer wieder gefragt, ob man als selbstständiger Anwalt noch Karriere machen kann. Ich finde: ja. Und die Chancen waren wohl selten besser. Aber der Reihe nach. 

Karriere als Syndikusanwalt, in der Anwaltskanzlei oder in der Großkanzlei?

Als Syndikus oder Geschäftsführer ist man in Unternehmen tätig. Ein spannendes Betätigungsfeld, das aber dem „freien Beruf“ des Anwalts nicht immer gerecht werden kann. In Unternehmen spielt häufig auch die Firmenpolitik eine Rolle, Entscheidungen müssen durch mehrere Gremien, und das Juristische kann schon einmal in den Hintergrund rücken. Dafür wird in der Wirtschaft regelmäßig besser gezahlt als in kleineren Kanzleien. 

Apropos Bezahlung – da sind die Einstiegsgehälter in der Großkanzlei selbstverständlich reizvoll. Sechsstellige Jahresgehälter zum Einstieg locken immer noch viele Jungjuristen – die mit entsprechenden Examina aufwarten können. Natürlich tauscht man hier einiges an Lebenszeit ein, denn die hohen Gehälter rechtfertigen sich auch durch oftmals hohe Arbeitszeiten. Dafür arbeitet man an spannenden, oft komplexen Mandaten, kann die Themen im Team durchdringen – und für den Fall der Partnerschaft winkt ein häufig siebenstelliges Einkommen.  

Kleinere und mittelständische Kanzleien können da nicht mithalten. Sie bieten aber oft direkten Mandantenkontakt, kürzere Arbeitszeiten, die Möglichkeit, sich auch in der Anstellung als Rechtsanwalt freier zu bewegen als beispielsweise im Unternehmen, und auch der Schritt in die Selbstständigkeit ist häufig schneller möglich. 

Erfahren Sie mehr darüber, wie viel Sie als Anwalt verdienen können und von welchen Faktoren das Gehalt eines Rechtsanwalts abhängt. 

Die Anwaltszulassung ist da – und nun?

Im Studium, aber auch im Referendariat, wird man breit ausgebildet – von A wie Arbeitsrecht über E wie Erbrecht und Z wie Zwangsvollstreckung – alles soll man wissen, alles kann examensrelevant sein. Aber ist es auch praxisrelevant? Nicht immer.  

Und angekommen im „echten Leben“ in der Anwaltschaft merkt man schnell, dass in der Praxis ein anderer Wind weht. Die „Sehr geehrten Damen und Herren Kollegen“ grüßen zwar „stets kollegial“ in Schriftsätzen, zeigen einem aber gerade zu Beginn sehr schnell Grenzen auf. Denn eines ist klar: Der Anwaltsberuf lebt von Erfahrung. Und die muss man erst einmal sammeln. Generell als Rechtsanwalt und im Besonderen als Selbstständiger, denn die zahlreichen Rollen, die man als eigener Chef einnimmt, lernt man weder im Studium noch im Referendariat.  

Von daher schadet es überhaupt nicht, zu Beginn der Anwaltskarriere in Anstellung zu starten, um dort erste Erfahrungen zu sammeln und von dem bereits vorhandenen Wissen der Kanzleikollegen zu profitieren. Es schadet auch nicht, wenn man in der Selbstständigkeit noch weiß, wie man sich bei der ein oder anderen Situation als Angestellter gefühlt hat. Und auch Teamwork will gelernt sein. Ein Kollege meinte neulich, dass man theoretisch das Jurastudium völlig ohne Kontakt zu Kommilitonen absolvieren könnte. Ganz unrecht hatte er damit nicht. 

Noch mehr Informationen zu Ausbildung und Berufsstart als Anwalt liefert ein eigener Ratgeber zum Thema auf anwalt.de. 

Partner oder Neugründung? Karriere als Selbstständiger

Hat man beispielsweise in Anstellung erste Erfahrungen sammeln können, steht als nächste Sprosse auf der Karriereleiter eine Karriere als Selbstständiger an. Dies kann beispielsweise die Karriere als Partner sein oder eine eigene Neugründung.  

Die häufigste Frage ist hier die nach dem nötigen Eigenkapital. Um als Anwalt zu gründen, benötigt man eigentlich nur ein Handy, Internet, einen PC und die Anwaltszulassung. Eigene Kanzleiräume? Es gibt genügend, die im Wohnzimmer gegründet haben, und mittlerweile gibt es gerade in größeren Städten Shared Offices, in denen die Miete deutlich niedriger ist, man aber auf eine Büro-Infrastruktur zugreifen kann. Dennoch sollte man in den ersten Monaten damit kalkulieren, dass nicht sofort 20 Mandanten vor der Tür stehen und mit lukrativen Streitwerten winken. Da sollte Geld auf dem Konto vorhanden sein, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. 

In den Ratgebern Kanzlei gründen und Kanzlei eröffnen lesen Sie noch mehr Tipps und Informationen für Ihren Weg in die Selbstständigkeit. 

Gründer scheitern und wachsen im Kopf – das richtige Mindset entscheidet

Weniger Beachtung findet im Rahmen der Gründung häufig das Mindset. Dabei scheitern oder wachsen Kanzleien oftmals im Kopf der Gründer. Umso erschreckender ist es, dass immer noch genügend Gründer meinen, dass das Marktumfeld schwierig sei oder man ja eigentlich ganz zufrieden sei, weil man dann ja auch genügend Zeit für sich habe – wenn die Kanzlei nicht so gut läuft. Als Selbstständiger sollte man sich immer auch mit seiner Persönlichkeit, insbesondere aber auch mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung beschäftigen. Ein oft unterschätztes und doch wertvolles Tool nicht nur in Zeiten der Gründung. Denn häufig denken Gründer an manchen Stellen fälschlicherweise zu groß, an den entscheidenden Punkten aber zu klein: 

Zu Beginn meint man, viele Rechtsgebiete annehmen (groß denken) und auch Fälle mit geringem Streitwert machen zu müssen (kleines Denken). Häufig schnelleren und größeren Erfolg haben Gründer, die sich früh auf einige wenige Gebiete spezialisieren und entsprechend Mandate mit höherem Streitwert annehmen, mithin an anderer Stelle „richtig klein und doch groß“ denken.  

Möchte man als Anwalt Karriere machen, ist es dann aber genauso wichtig, sich entsprechend zu positionieren. Die Positionierung sollte stets vor der Marketingmaßnahme stehen. Denn erst dann, wenn Gründer wissen, in welcher Nische sie sich positionieren, kennen Sie auch die Bedürfnisse der Zielgruppe. Hieran haben sich dann auch die Marketingmaßnahmen zu orientieren. Und hier gibt es zwischenzeitlich Möglichkeiten, von denen ältere Kollegen nur träumen konnten. 

Die Anwaltschaft wird älter, zugleich nimmt die Konkurrenz ab, weil es zahlreiche Absolventen in die Wirtschaft zieht. Junge Gründer haben heute weniger Mitbewerber und können auf eine noch vor Jahren unvorstellbare Reichweite beispielsweise durch anwalt.de, aber auch durch Social-Media-Plattformen zugreifen. Das passende Video zu einem Rechtsthema, das die Gesellschaft gerade bewegt, und schon hat man fünfstellige Views – früher hätte man hierfür teure Anzeigen schalten müssen. Solche Videos und Beiträge können zusätzlich auf reichweitenstarken Plattformen wie anwalt.de veröffentlicht werden – richtig genutzt ist dies ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. 

Mit einem Profil in der Produktstufe Silber oder Gold können Sie Rechtstipps auf anwalt.de publizieren. Hilfreiche Tipps für das Veröffentlichen von Rechtstipps finden Sie in einem eigenen Ratgeber.

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Man kann in der jeweiligen Nische durch hohe Reichweite einen Expertenstatus erreichen und hierdurch weitere Wunschmandate anziehen – einer der wesentlichen Vorteile, wenn man als Selbstständiger Karriere mit einer Anwaltskanzlei machen will – man kann sich die Mandate aussuchen. Die Zeiten zu starten waren nie besser.

Foto(s): ©Adobe Stock/BullRun

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