Arbeitsrecht in der Türkei: Ein aktueller Überblick

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Das Arbeitsrecht in der Türkei ist durch das Gesetz Nr. 4857 geregelt, das 2003 erlassen wurde. Dieses Gesetz legt die Grundprinzipien und Vorschriften für Arbeitgeber und Arbeitnehmer fest.

Arbeitsverträge

In der Türkei können Arbeitsverträge auf unbestimmte oder befristete Zeit geschlossen werden. Während befristete Verträge ein klares Enddatum festlegen, haben unbefristete Verträge keine spezifische Laufzeit. Es ist wichtig zu beachten, dass befristete Verträge unter bestimmten Umständen in unbefristete Verträge umgewandelt werden können.

Arbeitszeit und Überstunden

Die normale Arbeitszeit beträgt maximal 45 Stunden pro Woche. Wenn die Arbeitnehmer mehr als diese vorgeschriebene Stundenzahl arbeiten, müssen sie für die Überstunden zusätzlich vergütet werden. 

Mutterschutz und Elternzeit 

Schwangere Arbeitnehmerinnen haben das Recht auf bezahlten Mutterschutz. Nach der Geburt haben sowohl Mütter als auch Väter Anspruch auf unbezahlte Elternzeit. 

Mutterschutz in der Türkei besteht aus insgesamt 16 Wochen, wobei 8 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt vorgesehen sind. Bei der Berechnung der Mutterschutzdauer wird eine Schwangerschaft als 40 Wochen betrachtet, so dass eine Arbeitnehmerin ihren Mutterschutz ab der vollendeten 32. Schwangerschaftswoche antreten kann.

Der Vaterschaftsurlaub für Arbeitnehmer ist in Zusatzartikel 2/1 des türkischen Arbeitsgesetzes Nr. 4857 geregelt. Gemäß diesem Artikel beträgt der für männliche Arbeitnehmer vorgesehene Vaterschaftsurlaub fünf Tage.

Kündigung 

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben das Recht, den Arbeitsvertrag zu kündigen. Die Kündigung muss jedoch im Einklang mit den im Gesetz Nr. 4857 festgelegten Bedingungen und Fristen erfolgen. 

Das türkische Arbeitsrecht erlaubt es Arbeitgebern, einen Arbeitsvertrag aus gerechtfertigten Gründen zu kündigen. Solche Gründe können sein:

Verstoß gegen die Verhaltens- und Leistungsvorschriften: Wenn ein Arbeitnehmer gegen bestimmte Verhaltens- oder Leistungsvorschriften verstößt, kann dies einen rechtmäßigen Grund für die Kündigung darstellen. Beispiele für solche Verstöße können wiederholte Verspätungen, unzureichende Arbeitsleistung oder unangemessenes Verhalten am Arbeitsplatz sein.

Gesundheitsgründe: Wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit nicht mehr ausführen kann, kann dies ebenfalls einen rechtmäßigen Grund für die Kündigung darstellen.

Unredlichkeit: Wenn ein Arbeitnehmer unehrlich handelt, z.B. durch Diebstahl von Unternehmenseigentum oder durch Lügen über wichtige Aspekte seiner Arbeit, kann dies einen rechtmäßigen Grund für die Kündigung darstellen.

Geschäftliche Notwendigkeit: Unter bestimmten Umständen kann auch eine geschäftliche Notwendigkeit einen rechtmäßigen Grund für die Kündigung darstellen, z.B. wenn ein Unternehmen umstrukturiert wird oder wenn eine bestimmte Arbeitsposition nicht mehr benötigt wird.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Kündigung in allen diesen Fällen in Übereinstimmung mit den in der türkischen Arbeitsgesetzgebung festgelegten Verfahren und Fristen erfolgen muss.

Arbeitslosenversicherung

In der Türkei sind Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet, in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Diese Versicherung bietet finanzielle Unterstützung für Arbeitnehmer, die ihre Arbeit verlieren.

Das türkische Arbeitsrecht zielt darauf ab, einen fairen und sicheren Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Es ist wichtig, sich über die aktuellen Gesetze und Regelungen im Klaren zu sein, um die Rechte und Pflichten als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in der Türkei zu verstehen. 

Wiedereinstellung und Arbeitnehmerforderungen im türkischen Arbeitsrecht

Im türkischen Arbeitsrecht haben Arbeitnehmer, die glauben, ungerecht entlassen worden zu sein, das Recht, eine Wiedereinstellungsklage (İşe İade Davası) zu erheben. Diese Klagen müssen innerhalb eines Monats nach Erhalt der Kündigung eingereicht werden. Sollte das Gericht entscheiden, dass die Kündigung ungerecht war, kann der Arbeitnehmer zur Wiedereinstellung verpflichtet werden und hat Anspruch auf eine Entschädigung für den Verdienstausfall während des Gerichtsverfahrens.

Es ist auch wichtig, die Arbeitnehmerforderungen (İşçilik Alacakları) zu beachten. Arbeitnehmer können vor Gericht gehen, um unbezahlten Lohn, Überstundenvergütung, Entschädigung für ungerechte Entlassung und andere Forderungen einzuklagen. Die spezifische Art und der Betrag der Forderungen können je nach den Umständen des Falles variieren.

Überlegungen für ausländische Arbeitgeber im türkischen Arbeitsrecht

Das türkische Arbeitsrecht bietet einen umfassenden rechtlichen Rahmen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Für ausländische Arbeitgeber gibt es jedoch einige spezielle Überlegungen, die berücksichtigt werden sollten.

Arbeitsgenehmigungen für Ausländer: Für ausländische Arbeitnehmer, die in der Türkei arbeiten möchten, ist eine Arbeitserlaubnis erforderlich. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass ihre ausländischen Mitarbeiter über die erforderlichen Arbeitsgenehmigungen verfügen.

Entsendung von Mitarbeitern: Wenn ein ausländischer Arbeitgeber Mitarbeiter zur Arbeit in die Türkei entsendet, gelten bestimmte Regeln und Bestimmungen. Diese können Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und andere Pflichten umfassen. In diesem Zusammenhang sollte auch das türkisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen beachtet werden.

Arbeitsverträge: Arbeitsverträge sollten klar und verständlich sein, und sie sollten die spezifischen Bedingungen der Beschäftigung, wie Gehalt, Arbeitszeiten und Aufgaben, genau festlegen.

Kündigung: Ausländische Arbeitgeber sollten die Kündigungsregeln genau kennen und befolgen.

Sozialversicherung: Arbeitgeber in der Türkei sind verpflichtet, ihre Arbeitnehmer bei der Sozialversicherungsanstalt zu melden und die entsprechenden Beiträge zu zahlen. 

Im Allgemeinen besteht es nach türkischem Recht eine Pflicht zur ständigen Beauftragung eines Anwalts für Aktiengesellschaften mit einem Kapital von 250.000,00 TRY und mehr. Für Unternehmen, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, sind erhebliche Bußgeldstrafen vorgesehen. In diesem Zusammenhang können die von solchen Unternehmen beauftragten Anwälte detaillierte Beratung und Unterstützung in diesem Bereich anbieten. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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