Arbeitsrecht: Kündigung erhalten? 10 Dinge auf die Sie unbedingt achten sollten!

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Sie ahnen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen bald kündigen wird? Sie haben bereits eine Kündigung erhalten? Sie sitzen gerade in einem Gespräch, in welchen Ihnen die Kündigung ausgehändigt wird? In all diesen Fällen gibt es in der Regel 10 Dinge, die Sie unbedingt beachten sollten: 


1. Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie gelassen! 


Sie können den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Selbst wenn der Empfang einer Kündigung hoch emotional ist: Bewahren Sie die Ruhe und bleiben Sie gelassen! Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um emotionale Gegenangriffe zu starten. Konzentrieren Sie sich auf die Sache und versuchen Sie Punkt 3 (siehe unten) umzusetzen. 


2. Unterzeichnen Sie nichts! 


Es ist nicht notwendig, dass Sie etwas unterzeichnen. Für den Zugang der Kündigung ist der Arbeitgeber beweisbelastet. In der Regel wird Ihnen die Kündigung von 2 Personen übergeben, die später in einem evtl. Prozess für den Zugang der Kündigung als Zeuge auftreten können. Insoweit besteht auch keine Notwendigkeit, den Erhalt der Kündigung zu quittieren – was aber in der Sache auch unschädlich ist, sofern keine weitreichenderen Erklärungen unterzeichnet werden. Und darum geht es im Kern, Sie in einer hochemotionalen Situation davor zu schützen, Erklärungen zu unterzeichnen, die Sie nicht abgeben wollen bzw. deren Reichweite Sie nicht abschätzen können. Von daher: Keep it simple – einfach nichts unterzeichnen! 


3. Fragen Sie detailliert nach den Gründen für die Kündigung 


Falls möglich: Fragen Sie detailliert nach den Kündigungsgründen und notieren Sie sich diese.  Jegliche Information erleichtert einem Fachanwalt für Arbeitsrecht die Ersteinschätzung im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung und kann hilfreich sein für weitere Vorgehensweise. Selbst wenn Ihnen die Kündigung per Post zugestellt wird, können Sie in der Personalabteilung, bei Ihrem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat anrufen.


4. Kontaktieren Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht


Ich empfehle Ihnen dringend, Kontakt zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzunehmen. Im Rahmen einer Erstberatung kann dieser Ihnen eine Ersteinschätzung im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Kündigung geben und Ihnen eine Empfehlung für das weitere Vorgehen aussprechen. Eile ist diesbezüglich geboten, da Sie spätestens 3 Wochen nach dem Zugang der Kündigung zu entscheiden haben, ob Sie Kündigungsschutzklage einlegen oder nicht. Nach dem Ablauf von 3 Wochen gilt die Kündigung als wirksam. Dann haben Sie in der Regel keine Chance mehr, mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen einzutreten. 


Die 3 Wochen können auch genutzt werden, um mit dem Arbeitgeber eine außergerichtliche Lösung zu erzielen – es muss also nicht immer zwingend mit einer Klage enden. 


5. Melden Sie sich arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit


Sie sind verpflichtet, sich innerhalb von 3 Tagen nach Ausspruch der Kündigung arbeitssuchend zu melden, sofern ihr Anstellungsverhältnis in weniger als 3 Monaten endet. Endet ihr Arbeitsverhältnis beispielsweise erst in 5 Monaten, muss die Meldung bis zu 3 Monate davor erfolgen. Die rechtzeitige Meldung ist entscheidend, um finanzielle Nachteile (Sperrzeit) bei dem Bezug von Arbeitslosengeld zu vermeiden.


Die Meldeverpflichtung gilt in jedem Fall – auch, wenn Sie gegen Ihre Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen wollen. Am einfachsten melden Sie sich online arbeitssuchend. Alternativ können Sie sich vor Ort in Ihrer Agentur für Arbeit telefonisch unter der Service-Nummer 0800 4 555 500 (gebührenfrei) oder schriftlich arbeitssuchend melden.


6. Festlegung Ihrer Ziele und der Strategie


Machen Sie sich klar, welches Ziel Sie verfolgen: 


  • Ausscheiden gegen Abfindung,
  • Weiterbeschäftigung, 
  • Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens aber Verhandlung eines Abwicklungsvertrages,
  • Sicherstellung, dass Sie ein „sehr gutes“ Zeugnis erhalten
  • Etc.


Das Ziel ist entscheidend für die Festlegung der Strategie, welche Sie mit Ihrem Fachanwalt für Arbeitsrecht gemeinsam festlegen und umsetzen. 


7. Entscheidung: Kündigungsschutzklage, ja oder nein?


Basierend auf Ihren Zielen müssen Sie entscheiden, ob Sie Kündigungsschutzklage einlegen oder nicht. Es gibt ebenfalls 10 Dinge, die Sie in Ihre Abwägung mit einbeziehen sollten, wenn es um die Entscheidung geht: Kündigungsschutzklage, ja oder nein? Dazu erscheint ein weiterer Aufsatz von mir Anfang Juni 2024 mit dem Titel: „Arbeitsrecht: Gegen die Kündigung klagen (Kündigungsschutzklage)? 10 Dinge dazu“. Wägen Sie anhand dieser Kriterien ab, ob Sie eine Kündigungsschutzklage einlegen oder nicht – eine pauschale Antwort lässt sich auf die Frage nicht geben. 


8. Realistische Einschätzung: Höhe der Abfindung vs. Aufwand/Preis


Seien Sie sich bewusst: Je mehr Abfindung Sie fordern, desto mehr müssen Sie dafür kämpfen. Das bedeutet, dass Sie längere Verfahrensdauern einkalkulieren müssen, oftmals über 2 Instanzen (Dauer geschätzt ca. 18 Monaten). Oftmals ist die Höhe der Abfindung auch abhängig von Ihrer Leidensfähigkeit, d.h. um Stärke zu zeigen, müssen Sie nach gewonnener 1. Instanz in den Betrieb zurückkehren, um Ihr Ziel (maximale Abfindung) zu erreichen. Unterschätzen sie dabei nicht die psychische Belastung durch einen Rechtsstreit – mit der jeder anders umgeht. Wenn Ihnen dies alles bewusst ist, spricht nichts gegen Maximalforderungen. 


9. Fokussieren Sie sich auf die Zukunft!


Bei allem Kampf darf nicht vergessen werden: Ein wichtiges Thema ist, auch zukünftig wieder einem Job nachzugehen – außer Sie sind Privatier oder kurz vor der Rente. Das sollten Sie bei dem Einsatz Ihrer Kräfte bedenken. Ich kenne aus der persönlichen Beratungserfahrung einige Arbeitnehmer, die ihre Energie ausschließlich darauf verwendet haben, aufwendige und kostspielige Prozesse gegen Ihren alten Arbeitgeber zu führen und dabei den Blick in die Zukunft verloren haben. Mit dem Ergebnis: Jahrelang prozessiert, schließlich auch gewonnen und eine Hohe Abfindung erhalten, aber dann im Job keinen Anschluss mehr gefunden und keine Stelle mehr bekommen. Das heißt nicht, dass man sich gegen eine Kündigung nicht zur Wehr setzen und kämpfen sollte, aber wie gesagt: man darf den Blick für die Zukunft nicht verlieren und sollte auch Energie und Zeit in die Zukunftsplanung investieren und nicht nur rückwärtsgewandt in die Vergangenheit. 


10. Nehmen Sie nicht so viel persönlich! 


Sie sind mit Ihrem Arbeitgeber nicht verheiratet. Oftmals eröffnen sich nach Erhalt einer Kündigung neue Chancen, die sich nicht „auf dem Schirm“ hatten und über die Sie rückblickend dankbar sind. Nehmen Sie eine Kündigung nicht all zu persönlich! Oftmals hat es nichts mit Ihrer Person zu tun. Sie können also nach wie vor selbstbewusst bei einem anderen Arbeitgeber Ihren Karriereweg fortsetzen. 




Ausschließliche Fokussierung auf Kündigungen und Aufhebungsverträge.

Warum? Exzellenz entsteht durch Wiederholung! 

Dr. Mike Schulz

DMS Arbeitsrecht

Foto(s): Dr. Mike Schulz

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