Arzthaftungsrecht in der Praxis: Prozesserfolg vor dem Landgericht Memmingen!

  • 3 Minuten Lesezeit

Qualifizierte Rechtsberatung und -vertretung in einem Arzthaftungsprozess ist wichtig, um sich gegen die regulierungsunwillige Versicherungswirtschaft durchzusetzen. Informationen von Ciper & Coll.

Ärztliche Kunstfehler haben oft erhebliche Konsequenzen für die Betroffenen. Da die Haftpflichtversicherer der Ärzte und Krankenhäuser außergerichtliche Regulierungen in den meisten Fällen verweigern, ist der Patient sodann gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Was Versicherungen im Vorfeld vielfach als „schicksalhaftes Geschehen“ abgetan hatten, stellt sich vor Gericht in vielen Fällen als eine Fehlbehandlung dar, die für den geschädigten Patienten zu Schadenersatz und Schmerzensgeld führt. Dr. Dirk C. Ciper LL.M., Fachanwalt für Medizinrecht, stellt im Nachfolgenden einen Prozesserfolg der Anwaltskanzlei Ciper & Coll. vor:

Landgericht Memmingen
Grob fehlerhafte Arthroskopie mit Resektion des Meniskus, 50.000,- Euro, LG Memmingen, Az.: 21 O 1924/11

Chronologie:

Die Klägerin litt unter einer Gonarthrose rechts, Ruptur des Innenmeniskus, und einer Ruptur der Scheibenmeniskusbildung des Außenmeniskus. Aufgrund dessen wurde von dem Beklagten belegärztlich eine Arthroskopie mit Resektion des Meniskus rechts vorgenommen. Die Operation erfolgte nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend, da es im Zuge der Arthroskopie zu einer Verletzung der A. und V. poplitea rechts kam.

Postoperativ kam es zu einer ausgeprägten Fördermenge über die einliegende intraartikuläre Drainage sowie zu klinischen Anzeichen einer Durchblutungsstörung im Bereich des rechten Unterschenkels, sodass die Klägerin ihren Unterschenkel kaum spüren und die Zehen nicht richtig bewegen konnte. Aufgrund dessen wurde die Klägerin gegen 20 Uhr (ca. 2 Stunden nach Operationsende) in die Gefäßchirurgie der Universitätsklinik Ulm überwiesen. Dort wurde umgehend ein Bein-CT veranlasst, welches die Verletzung der A. und V. poplitea rechts sowie ein Kompartmentsyndrom rechter Unterschenkel und eine tiefe Beinvenenthrombose der V. poplitea rechts zu Tage brachte, weshalb noch am selben Tag eine erneute Operation zur Gefäßrekonstruktion resp. des autologen Gefäßtransplantates erfolgte. 

Insgesamt musste die Klägerin vier Wochen zur stationären Behandlung im Universitätsklinikum Ulm (04.04.2011 bis 27.04.2011) verbleiben. Durch die Anlage der Vakuumversiegelung musste sich die Klägerin alle zwei bis vier Tage einem VVS-Wechsel mit Teilsekundärnähten unterziehen. Im Einzelnen musste die Mandantin sich am 08.04.2011, am 10.04.2011, am 14.04.2011, am 19.04.2011 und am 24.04.2011 einem VVS-Wechsel unterziehen. Am 24.04.2011 erfolgte schließlich eine Meshgraftdeckung des Weichteildefektes am rechten medialen Unterschenkel. 

Die Klägerin ist aufgrund der fehlerhaften ärztlichen Behandlung bis heute auf fremde Hilfe angewiesen, insbesondere beim Treppensteigen und bei körperlicher Pflege. Ein längeres Stehen ist ihr nicht möglich; auch bei längerem Sitzen leidet sie unter Schmerzen. 

Aufgrund der starken Schmerzen ist die Klägerin auf Schmerzmittel angewiesen. Auch nach Abschluss der Wundheilung wird eine konsequente Fortführung der Kompressions-Therapie des rechten Beines mittels Kurzzugbinden notwendig werden. Aufgrund der tiefen Venenthrombose war (nach Abschluss der Wundheilung) eine Marcumar-Therapie erforderlich. 

Verfahren

Die vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten haben ergeben, dass:

  1. Die Verletzung der Arterie und der Vene im Rahmen der durchgeführten Arthroskopie stellt einen Behandlungsfehler dar. Die vorgenommene Operation wurde nicht kunstgerecht durchgeführt. 
  2. Auch auf die unmittelbar nach der Operation vorliegende Sachlage reagierte der Beklagte nicht sachgerecht. Es war nicht adäquat nur auf eine Drainage ohne Sog zu wechseln, da hierdurch das Risiko besteht, dass die Blutmenge nicht mehr aus dem Gelenk transportiert wird, sondern im Gelenk verbleibt. 

Durch die Gefäßverletzung kam es zu einer Minderversorgung des gefäßbezogenen Gewebes und zu einem Kompartmentsyndrom. Das Ausmaß der Schädigung hängt von der Ischämiezeit ab. Insoweit ist eine schnellstmögliche Versorgung zur Begrenzung des Schadens notwendig. Insofern ist hier von einer Zunahme des Schadens durch die Verzögerung in der Gefäßchirurgie auszugehen. 

Das Landgericht hat den Parteien einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Danach erhält die Klägerin eine Gesamtabfindung in Höhe von 50.000,00 €. Die Parteien haben sich dem Vergleichsvorschlag angeschlossen.

Anmerkungen von Ciper & Coll.

Die erzielte Abfindungssumme stellt einen angemessenen Ausgleich für eine derartige Gesundheitsschädigung dar. Das gesamte Verfahren dauerte vier Jahre, stellt die sachbearbeitende Rechtsanwältin Irene Rist, Fachanwältin für Medizinrecht, fest.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Dirk Christoph Ciper LL.M.

Beiträge zum Thema