Aufgrund einer Abmahnung eine Schutzschrift einreichen – wann macht dies Sinn?

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Immer wieder werde ich bei der Beratung einer Abmahnung gebeten, eine Schutzschrift einzureichen. Was eine Schutzschrift ist und wann die Einreichung einer Schutzschrift Sinn macht, erläutere ich in diesem Beitrag.:

Was ist eine Schutzschrift?

Um die Frage zu beantworten, was eine Schutzschrift ist, muss man sich vor Augen führen, was eigentlich eine Abmahnung ist:

In einer Abmahnung wird ein bestimmter Rechtsverstoß gerügt und es werden Unterlassungsansprüche geltend gemacht, sei es aufgrund Wettbewerbsrecht (UWG), Markenrecht, Designrecht, Geschmacksmusterrecht, etc.

Die Abmahnung dient rein rechtlich gesehen zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens: Dem Abgemahnten soll die Möglichkeit eingeräumt werden, ein gerichtliches Verfahren durch die Abmahnung und durch Abgabe einer ausreichenden Unterlassungserklärung zu vermeiden. Es ist zwar auch ohne vorherige Abmahnung möglich, Unterlassungsansprüche sofort gerichtlich geltend zu machen. Bis auf einige besondere Konstellationen im Markenrecht hätte ein derartiges gerichtliches Verfahren jedoch zur Folge, dass der Abmahner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, weil er ja vorher nicht abgemahnt hat.

Warum eine Schutzschrift im gewerblichen Rechtsschutz zu wichtig ist, ergibt sich daraus, wie im gewerblichen Rechtsschutz Unterlassungsansprüche in der Regel vor Gericht durchgesetzt werden:

Unterlassungsansprüche im gewerblichen Rechtsschutz, in der Regel im UWG und im Markenrecht, werden in der Regel durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt. Bei einer einstweiligen Verfügung handelt es sich um ein gerichtliches Eilverfahren. Prozessuale Anforderungen für eine einstweilige Verfügung sind relativ hoch: Je nach Gericht darf nicht zu viel Zeit zwischen Kenntnis des Verstoßes und dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vergehen. Dazwischen liegt noch die Abmahnung mit einer angemessenen Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Viele Gerichte gehen hierbei von der Frist von einem Monat zwischen Kenntnis des Verstoßes und Eingang auf Erlass der einstweiligen Verfügung aus. Diese Frist darf in der Regel nicht überschritten werden.

Eine einstweilige Verfügung ist der Beschluss eines Landgerichtes, wenn die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung ergeht. Aus formellen Gründen ist dieser Beschluss dem Abgemahnten durch einen Gerichtsvollzieher zuzustellen.

In der Regel entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, und zwar nur aufgrund des Vortrages des Abmahners in dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung. Der Abgemahnte wird somit nicht angehört, wenn ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, was der Regelfall ist. Das Gericht kennt somit Einwendungen gegen die Berechtigung der Abmahnung nicht.

An dieser Stelle kommt dann die Schutzschrift ins Spiel.

Was ist eine Schutzschrift?

Eine Schutzschrift ist die Erwiderung auf eine einstweilige Verfügung, die noch nicht bei Gericht eingereicht wurde. Dies klingt kompliziert, ist es jedoch nicht: Aufgrund der Abmahnung ist klar, um welchen Sachverhalt es geht und welche Argumente gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgebracht werden können. Diese Art der „vorbereitenden Klagerwiderung“ kann daher in Form einer Schutzschrift unproblematisch hinterlegt werden.

Schutzschriften sind gesetzlich in § 945 a ZPO geregelt. Es gibt ein Zentrales Schutzschriftenregister der Landesjustizverwaltung Hessen. Dort steht im Übrigen auch eine schöne Definition der Schutzschrift:

 „Schutzschriften sind vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügungen.“

Der Vorteil einer Einreichung beim Schutzschriftenregister ist, dass eine Schutzschrift mit Einreichung beim Schutzschriftenregister als bei allen ordentlichen Gerichten der einzelnen Bundesländer eingereicht gilt. Dies ist insofern wichtig, als dass zum Teil aufgrund des sogenannten fliegenden Gerichtsstands nicht klar ist, bei welchem Gericht der Abmahner unter Umständen seinen Antrag auf einstweilige Verfügung einreichen wird.

Wenn bei einem Gericht somit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingeht, ist das Gericht verpflichtet, im Schutzschriftenregister zu überprüfen, ob eine Schutzschrift vorliegt.

Wann ist eine Schutzschrift sinnvoll?

Eine Schutzschrift ist immer dann sinnvoll, wenn es tatsächliche oder rechtliche Argumente gibt, die gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung sprechen. Eine Schutzschrift macht keinen Sinn, wenn das Unterlassungsbegehren des Abmahners berechtigt ist. Nur dann, wenn Argumente auf der Hand liegen, die zur Folge haben könnten, dass das Gericht die einstweilige Verfügung nicht erlässt, ist eine Schutzschrift ein sinnvolles Vorgehen.

Welche Folgen kann eine Schutzschrift haben?

Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass eine Schutzschrift unterschiedliche Rechtsfolgen haben kann. Ich hatte in meiner Beratungspraxis bereits Fälle, in denen ein Gericht einen Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung aufgrund einer von mir eingereichten Schutzschrift durch Beschluss zurückgewiesen hat.

Umgekehrt kann es natürlich auch sein, dass die Argumente in einer Schutzschrift das Gericht nicht überzeugen und das Gericht trotz Kenntnis der Schutzschrift eine einstweilige Verfügung erlässt. Dieser Umstand kann bedeutsam für die Frage sein, ob es Sinn macht, gegen eine einstweilige Verfügung später Widerspruch einzulegen, da das Gericht hier offensichtlich aufgrund der Argumente in der Schutzschrift den Anspruch dennoch als begründet angesehen hat.

Nicht selten ist der Fall, dass das Gericht aufgrund der Schutzschrift noch keine Entscheidung trifft, sondern eine mündliche Verhandlung anberaumt. Damit ist für den Abgemahnten schon einmal viel gewonnen, da Argumente gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung in einer mündlichen Verhandlung sehr viel besser ausgetauscht werden können als ausschließlich in einem Schriftsatz.

Bekommt der Rechtsanwalt des Abmahners die Schutzschrift zur Kenntnis?

Wenn ein Antrag auf einstweilige Verfügung eingereicht wird, wird die Schutzschrift dem Rechtsanwalt des Antragstellers übersandt. Es besteht jedoch seitens des Abmahners kein Anspruch darauf, vor Einreichung einer einstweiligen Verfügung beim Schutzschriftenregister zu erfahren, ob und welche Schutzschrift ggf. zu seinem Verfahren eingereicht wurde.

Warum eine Schutzschrift besser ist, als außergerichtliche Ausführungen gegenüber dem Abmahner

Man könnte einwenden, dass es der einfachere (und preiswertere) Weg wäre, die Argumente, die gegen die Berechtigung einer Abmahnung und damit einer einstweiligen Verfügung sprechen, dies dem Abmahner bereits außergerichtlich mitzuteilen. Ein derartiger außergerichtlicher Vortrag hat jedoch den Nachteil, dass der Abmahner die Argumente, die gegen die Berechtigung der Abmahnung sprechen, in seinem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bereits aufnehmen und widerlegen könnte. Er könnte  z. B. durch die Beschaffung von Beweismitteln versuchen, seine Ansprüche dann vor Gericht durchzusetzen. Die Frage, ob und welche Argumente man in einem Abmahnverfahren außergerichtlich dem Abmahner vorträgt, ist letztlich immer eine Frage des Einzelfalls.

Nach meiner Erfahrung macht es jedoch durchaus Sinn, dem Rechtsanwalt des Abmahners mitzuteilen, dass eine Schutzschrift eingereicht wurde. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes besteht die Verpflichtung, sämtlichen außergerichtlichen Schriftverkehr nach Aussprache einer Abmahnung bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorzulegen. Anderenfalls würde sich der Abmahner dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ausgesetzt sehen, wenn er das Gericht nicht vollumfänglich informiert. Die ausdrückliche Erwähnung einer Schutzschrift, die Vorlage entsprechender Schriftsätze sollte dazu führen, dass das Gericht etwas intensiver prüft, ob tatsächlich eine Schutzschrift eingereicht wurde.

Was kostet eine Schutzschrift?

Nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz fällt für eine Schutzschrift eine Verfahrensgebühr in Höhe des Streitwertes, den das Gericht mutmaßlich im einstweiligen Verfügungsverfahren annehmen wird sowie Gebühren des Schutzschriftenregisters in Höhe von 83,00 Euro.

Unabhängig von einer möglichen Honorarvereinbarung für die Einreichung einer Schutzschrift fällt jedoch dann keine weitere Verfahrensgebühr an, wenn es tatsächlich zu einer gerichtlichen Verhandlung kommt.

Fazit

Eine Schutzschrift kann ein sehr effektives Mittel sein, um den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verhindern. Es kommt immer auf den Sachverhalt an und auch darauf, ob es Argumente gibt, die gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung sprechen.

Teilweise ist es so, dass bereits die Erwähnung der Tatsache, dass man eine Schutzschrift eingereicht hat, dazu führt, dass Unterlassungsansprüche nicht mehr im Wege der einstweiligen Verfügung weiterverfolgt werden.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, bespreche ich gern mit Ihnen, ob die Einreichung einer Schutzschrift sinnvoll ist. Wir empfehlen nur dann das Instrument der Schutzschrift zu nutzen, wenn dies auch tatsächlich erfolgsversprechend ist.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung erhalten und überlegen, eine Schutzschrift einzureichen?

Wenn Sie auch eine Abmahnung erhalten haben und wissen möchten, ob eine Schutzschrift Sinn macht, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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