Aufhebungsverträge für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder verhandeln

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Aufhebungsverträge Geschäftsführer Vorstandsmitglieder

In der Praxis werden Dienstverträge mit Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern in aller Regel im Wege eines Aufhebungsvertrags einvernehmlich beendet. Der Aufhebungsvertrag bedarf keiner besonderen Form. Sofern beide Vertragsparteien allerdings keine Rechtsrisiken eingehen wollen, ist unbedingt zur Schriftform zu raten.

Im Aufhebungsvertrag sind die Konsequenzen für die bis zum Aufhebungsdatum noch nicht erfüllten Ansprüche des Organmitglieds zu regeln. Einen entscheidenden Unterschied macht es dabei, ob es sich um einen mit fester Vertragslaufzeit versehenen (befristeten) oder einen ordentlich (unter Einhaltung der vertraglichen Frist) kündbaren Dienstvertrag handelt.

1. Beendigung von Organ- und Dienstverhältnis des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds

Hauptzweck des Aufhebungsvertrags ist die (vorzeitige) Beendigung des Dienstverhältnisses des Geschäftsführers oder des Vorstandsmitglieds zu einem zu definierenden Vertragsende. Es macht aber auch Sinn, beim regulären Auslaufen eines befristeten Dienstvertrags einen Abwicklungsvertrag zu schließen, in dem die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien vor und nach dem Vertragsende abschließend geregelt sind.

Das organschaftliche Verhältnis mit der Gesellschaft wird außerhalb des Aufhebungsvertrags durch die dafür zuständige Gesellschafter- oder Hauptversammlung beendet. Das Organmitglied sollte sich aber im Aufhebungsvertrag zusichern lassen, dass im Zusammenhang mit der Abberufung auch Entlastung für die vergangene Amtszeit gewährt wird.

Bei einem vorzeitigen Ausscheiden eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds wird häufig eine (vergütete) Freistellungsphase vereinbart. Hier ist es aus Sicht des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds wichtig, dass die Freistellung unwiderruflich erfolgt und sämtliche Gehaltsbestandteile – auch die Lohnnebenleistungen wie z.B. der Dienstwagen – weitergezahlt werden.

Um berufliche Flexibilität zu ermöglichen, sollte in den Aufhebungsvertrag noch eine sog. „Sprinter-Klausel“ hineinverhandelt werden. Darin wird geregelt, dass der Geschäftsführer oder das Vorstandsmitglied einseitig ein vorzeitiges Vertragsende herbeiführen kann und die ausstehenden Restansprüche zum vorzeitigen Vertragsende fällig werden.

2. Vertragliche Restansprüche des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds 

Neben der bis zum Vertragsende ausstehenden Jahresvergütung geht es in den Vertragsverhandlungen vor allem um kurzfristige und langfristige Bonusansprüche des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds.

Bei den jährlich zu zahlenden Boni macht es Sinn, sich im Aufhebungsvertrag auf feste Beträge zu einigen, so dass mit der Abrechnung und Auszahlung nicht erst auf die Feststellung des Jahresabschlusses für das vergangene Geschäftsjahr gewartet werden muss.

Für die Abgeltung der langfristigen (meist aktienbasierten) Boni kommt es in der Regel darauf an, auf wessen Veranlassung der Dienstvertrag aufgehoben wird. Hat der Geschäftsführer / das Vorstandsmitglied selbst um Aufhebung des Vertrags gebeten oder eine Verlängerung des Mandats zu angemessenen Konditionen abgelehnt, handelt es sich um einen sog. bad leaver-Fall. Für die aktienbasierten Boni ist dann in den meisten Vertragsbedingungen vorgesehen, dass die zukünftigen oder auch bereits erworbenen Ansprüche des bad leavers entfallen sollen. Hierbei kommt es genau auf die Formulierungen im Dienstvertrag oder in den begleitenden Bonus-Plänen an. Viele vertragliche Regelungen halten einer Inhaltskontrolle nicht stand und sollten daher vor Vertragsunterzeichnung auf die rechtliche Wirksamkeit überprüft werden.

Bei der Abgeltung der Restansprüche sind auch die vertraglichen Nebenleistungen, z.B. Dienstwagen, Unfallversicherung, vermögenswirksame Leistungen etc., zu berücksichtigen und erhöhen die Verhandlungssumme.

3. Abfindung des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds 

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht für Organmitglieder nicht, da sie nicht als Arbeitnehmer gelten und nicht unter die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Dennoch enthalten manche Dienstverträge Abfindungsansprüche, deren Höhe sich meist an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientiert.

Bei der Abfindung von Vorstandsmitgliedern ist es wichtig, dass der Aufsichtsrat bei der Höhe das Angemessenheitsgebot beachtet (§ 87 Abs. 1 AktG) und berücksichtigt, dass die Summe im Vergütungsbericht offenzulegen ist.

4. Betriebliche Altersversorgung des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds 

Die betriebliche Altersversorgung ist, sofern vorhanden, in der Regel in eigenen Versorgungsbedingungen abschließend geregelt. Nach Ablauf von fünf Jahren Betriebszugehörigkeit können die Anwartschaften nicht mehr verfallen und sind nach den BAV-Bedingungen auszuzahlen (§ 3 BetrAVG ).

5. Rückgabe von Unterlagen und Arbeitsmitteln

Im Aufhebungsvertrag wird der Geschäftsführer / das Vorstandsmitglied meist verpflichtet, die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel sowie sämtliche geschäftlichen Unterlagen und Schriftstücke unverzüglich nach Vertragsende auszuhändigen.

Hierbei sollte sich das Organmitglied durch eine Klausel im Aufhebungsvertrag das Recht einräumen lassen, im Fall einer notwendigen Rechtsverteidigung gegen Haftungsansprüche der Gesellschaft in wichtige Geschäftsunterlagen der Gesellschaft einsehen zu können.

6. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds 

Ist im Anstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot enthalten, sind die Regelungen zunächst auf die rechtliche Wirksamkeit zu überprüfen. Hier liegt die Tücke oft im Detail und nicht selten operieren Gesellschaften über Jahre mit unwirksamen Vertragsklauseln.

Bei der Verhandlung der Konditionen des Aufhebungsvertrags ist dann insbesondere zu berücksichtigen, ob die Gesellschaft rechtzeitig auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichtet hat oder ob noch Karenzentschädigungsansprüche des Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds abzugelten sind.

Will die Gesellschaft am nachvertraglichen Wettbewerbsverbot festhalten, sind die Konditionen der Karenzentschädigungszahlung im Aufhebungsvertrag zu vereinbaren.

7. Vertraulichkeit/Loyalität

Der Geschäftsführer oder das Vorstandsmitglied wird im Aufhebungsvertrag auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft zur Verschwiegenheit über vertrauliche Angaben und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft und ihren Konzernunternehmen verpflichtet.

Für beide Vertragsparteien sollte auch vereinbart werden, die Regelungen des Aufhebungsvertrags vertraulich zu halten und sie sich auch für die Zeit nach dem Ausscheiden Loyalität zusichern.

8. Erledigungsklausel

Zur Vermeidung künftiger Vertragsstreitigkeiten ist es im Interesse beider Vertragsparteien zu vereinbaren, dass mit Erfüllung des Aufhebungsvertrags alle Ansprüche und Verpflichtungen der Vertragspartner aus dem Anstellungsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung – soweit gesetzlich zulässig – ausgeglichen und erledigt sind.

Dabei ist zu beachten, dass durch diese Klausel etwaige Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied nach § 93 AktG nicht erledigt werden können. Über einen solchen Verzicht kann die Gesellschaft erst drei Jahre nach deren Entstehen mit Zustimmung der Hauptversammlung entscheiden (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ).


Foto(s): ©Adobe Stock/fizkes

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