Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei längerem Getrenntleben?

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In seinem Beschluss vom 22.11.2021 - 4 UF 205/21 - beschäftigte sich das OLG Frankfurt am Main damit, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs auszuschließen ist, nachdem die Eheleute bereits mehrere Jahre lang getrennt gelebt haben.

In § 27 VersAusglG ist festgelegt, dass ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht stattfindet, soweit er grob unbillig wäre. Nach dieser Vorschrift wäre dies nur dann der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalles est rechtfertigen, von der Halbteilung der Rentenanwartschaften abzuweichen.

Wird der Versorgungsausgleich durchgeführt, kommt es zu einer Halbteilung der Rentenanwartschaften eines jeden Ehegatten, die dieser während der Ehezeit erwirtschaftet hat.

Von dieser Regel kann dann abgewichen werden, wenn die Halbteilung der Rentenanwartschaften grob unbillig wäre. Für eine derartige Abweichung von der Regel müssen die gesamten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung herangezogen werden. § 27 VersAusglG dient dazu, wirtschaftlich ungerechte Ergebnisse im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu vermeiden. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtabwägung der Lebensumstände der Eheleute sind sämtliche wirtschaftlichen Umstände der Vergangenheit einzubeziehen, außerdem hat ein Ausblick auf die Zukunft zu erfolgen, wie sich beim jeweiligen Ehegatten die wirtschaftlichen Umstände in der Zukunft entwickeln werden.

Lebten die Eheleute bereits jahrelang getrennt, bevor das Scheidungsverfahren eingeleitet wurde, kann die dadurch entstandene jahrelange Trennungszeit alleine einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG allerdings nicht rechtfertigen. Auch dann nicht, wenn, wie in dem dem OLG Frankfurt am Main vorliegenden Fall die Trennungszeit der Eheleute bereits annähernd ein Drittel der gesamten Ehezeit ausmachte. Um bei längerem Getrenntleben den Versorgungsausgleich wegen Unbilligkeit ausschließen zu können, müssen zu der langen Trennungsdauer noch weitere Gründe hinzukommen, die einen Ausschluss wegen Unbilligkeit rechtfertigen.

Eine verallgemeinernde Aussage dazu, wie viele Jahre das Getrenntleben bestanden haben muss oder welchen prozentualen Anteil das Getrenntleben an der gesamten Ehezeit haben muss, damit ein Versorgungsausgleich wegen Unbilligkeit ausgeschlossen werden kann, kann somit nicht getroffen werden. Es kommt immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Insbesondere ist in die Abwägung auch mit einzubeziehen, ob die Eheleute ihre eheliche Versorgungsgemeinschaft nach der Herbeiführung des Getrenntlebens zu 100 % aufgegeben haben oder ob es zwischen ihnen noch Berührungspunkte gibt, namentlich werden hier die Meldung eines Ehegatten mit einem Zweitwohnsitz beim anderen Ehegatten angeführt, oder der Umstand, dass sich die Ehegatten auch während der langen Trennungszeit immer noch gemeinsam steuerlich veranlagen ließen. Vorgenannte Aspekte nahm das OLG Frankfurt am Main zum Anlass, die Durchführung des Versorgungsausgleichs im vorliegenden Fall nicht als grob unbillig anzusehen, da die Eheleute eben gerade ihre eheliche Versorgungsgemeinschaft nach der Trennung nicht komplett aufgegeben hatten.


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