Auswirkungen des COVID-19 auf die vertragliche Pflichterfüllung in Spanien

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Die spanische Regierung hat am 14. März 2020 den Alarmzustand ausgerufen. In den folgenden Tagen wurden mehrere Gesetze verabschiedet, um Maßnahmen ergreifen zu können, aber auch um den Folgen des Alarmzustands gerecht zu werden. Im Zusammenhang mit Immobilien in Spanien gilt Folgendes zu beachten:

Gemäß des Königlichen Dekrets 463/2020 vom 14. März, der den Alarmzustand für die Bewältigung der durch COVID-19 verursachten gesundheitlichen Krisensituation regelt (im Folgenden: KD 463/2020), wurden alle prozessrechtliche, verwaltungsrechtliche und zivilrechtliche Verjährungsfristen ausgesetzt. Die im spanischen Zivilgesetzbuch (Código Civil, im Folgenden: ZGB) genannten Fristen werden also während des Alarmzustands unterbrochen. Dies gilt unter anderem für die Geltendmachung etwaiger Schäden beispielsweise aufgrund verdeckter Mängel.

Auf die in privatschriftlichen Verträgen vereinbarten Fristen wurde in dem KD 463/2020 allerdings nicht eingegangen.

Insofern stellt sich die Frage, was passiert, wenn beispielsweise die Frist in einem Anzahlungsvertrag für die Formalisierung der Kaufurkunde in die Zeit des Alarmzustandes fällt oder der Vermieter vor kurzem den Mietvertrag gekündigt hat und man derzeit gar keine neue Wohnung suchen kann. Verliert der Kaufinteressent seine Anzahlung und wird der Mieter im Zweifel obdachlos?

Diese Fälle müssen über das im ZGB geregelte Instrument der höheren Gewalt oder unter Heranziehung der entsprechenden Rechtsprechung gelöst werden.

Art. 1105 ZGB bestimmt, dass „abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen und denjenigen, in denen die Verpflichtung so festgelegt ist, haftet niemand für Ereignisse, die nicht vorhersehbar waren oder die, falls sie vorhergesehen wurden, unvermeidbar waren“. Die überwiegende Literaturmeinung stimmt darüber ein, dass der Ausruf des Alarmzustands unter diese Regelung fällt, sofern eine der Parteien tatsächlich verhindert ist, ihre vertragliche Pflicht auszuführen. Dies hat in erster Linie zur Folge, dass aufgrund der Nichterfüllung der vertraglichen Pflicht keine Schadensersatzansprüche entstehen. Sollte man also der Pflicht zur Formalisierung der Kaufurkunde innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist nicht nachkommen können, da man beispielsweise zur Beurkundung nicht nach Spanien reisen kann, fallen zunächst keine Schadensersatzzahlungen an. Im Falle eines Anzahlungsvertrages, verliert der Käufer also zunächst nicht die geleistete Anzahlung. Fällt aber der Umstand, der den Zustand der höheren Gewalt begründet weg, müssen die Pflichten aus dem Vertrag erfüllt werden.

Die Notare wurden angehalten ausschließlich dringende Beurkundungen vorzunehmen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Kauf von einer Bank finanziert wird und eine Hypothek zugunsten der Bank zu bestellen ist oder der Käufer die Immobilie als festen Wohnsitz nutzen möchte und seinen vorherigen bereits gekündigt hat. Sollte aber kein dringender Fall vorliegen, müsste das Notariat die Beurkundung verweigern und es würde ein Fall der höheren Gewalt vorliegen.

Die Heranziehung des Instruments der höheren Gewalt kann jedoch zwischen Privatpersonen vertraglich ausgeschlossen werden. In diesen Fällen hat die geltende Rechtsprechung entschieden, dass Verträge angepasst werden können, wenn sich die Umstände vollständig geändert haben.

Alle betroffenen Verträge sollten gründlich geprüft werden, um zu schauen, welche Maßnahmen ergriffen werden können. Idealerweise sollten die Parteien sich auf eine angemessene Fristverlängerung einigen und dies entsprechend vertraglich festhalten.

Rechtlich unklarer ist die Frage, inwiefern ein Mieter verpflichtet ist, seine Wohnung zu räumen, wenn er aufgrund des Alarmzustands gar nicht die Möglichkeit hat, eine geeignete Ersatzwohnung zu finden. Hier gibt es leider keine allgemeine geltende Lösung. Jeder Vertrag muss individuell betrachtet und bewertet werden. Hier wird es im Einzelnen auf die tatsächliche Dauer des Alarmzustands, den genauen Zeitpunkt der Kündigung und den Kündigungsgrund ankommen.



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