Autokauf ab 2022: Das neue Kaufrecht

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Seit Beginn des Jahres 2022 gelten neue Regelungen für Kaufverträge und für Rechte von Verbrauchern. Diese Regelungen betreffen all die Verträge, die ab dem 01.01.2022 geschlossen werden und sich auf Rechtsverhältnisse zwischen privat handelnden Käufern und gewerblichen Händlern beziehen. Im Einzelnen ändert sich Folgendes:

1. Hinweispflichten

Vor Abschluss des Kaufvertrages hat der gewerbliche Verkäufer den privaten Käufer gesondert darauf hinzuweisen, dass sein Fahrzeug eine andere Ausstattung hat als üblich, vgl. § 476 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt, wenn der Zustand des Fahrzeugs nicht dem Zustand von vergleichbaren Fahrzeugen entspricht.

2. Sachmangelbegriff

Eine weitere wichtige Änderung betrifft den Begriff des sog. Sachmangels. Dieser ist geregelt in § 434 BGB. Liegt ein Sachmangel vor, dann greift die gesetzliche Gewährleistung. Diese ist gesetzlich definiert und besagt, dass der Verkäufer für Mängel haftet, die zum Zeitpunkt des Kaufes bereits vorhanden waren.

Vor dem 01.01.2022 war eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit aufwies oder sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignete oder sich für die gewöhnliche Verwendung eignete und eine übliche Beschaffenheit aufwies.

Der neu gefasste § 434 BGB erweitert nun die Voraussetzungen für eine Mangelfreiheit. Eine Sache ist nach § 434 BGB nun frei von Mängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven und den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

Die subjektiven Anforderungen sind in § 434 Abs. 2 BGB geregelt. Den subjektiven Anforderungen entspricht der Kaufgegenstand, soweit er die vereinbarte Beschaffenheit hat und sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen übergeben wird. Zu der Beschaffenheit gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

Die objektiven Anforderungen sind in§ 434 Abs. 3 BGB geregelt. Den objektiven Anforderungen entspricht die Sache, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Die Art der Sache und die öffentlichen Äußerungen des Verkäufers und anderen Gliedern der Vertragskette, insbesondere in Form von Werbung oder Etiketten, sollen Berücksichtigung finden.

Der neue Mangelbegriff aus § 434 BGB wird somit gegenüber der alten Fassung erheblich erweitert und konkretisiert. Die Kaufsache muss nun der individuellen Beschaffenheitsvereinbarung entsprechen und zudem auch objektiv für die Verwendung geeignet sein bzw. eine Beschaffenheit aufweisen, die für Sachen der gleichen Art üblich ist.

Es muss zudem eine Montage- und Installationsanleitung für das Fahrzeug vorhanden sein. Fehlt diese, stellt das einen Sachmangel dar.

3. Nacherfüllung

Tritt nach dem Kauf des Autos ein Sachmangel auf, dann muss der Händler den Defekt beseitigen. Das war auch schon nach alter Rechtslage so.

Im Zuge des neuen Kaufrechts wird der Käufer verpflichtet, das Fahrzeug dem Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung zu überlassen (§ 439 Abs. 5 BGB). Im Gegenzug muss letztere die Kosten übernehmen, die im Rahmen der Nacherfüllung entstanden sind (§ 439 Abs. 6 S. 2 BGB). Darüber hinaus dürfen der Kaufpartei bei einer Ersatzlieferung keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Der Händler kann gegenüber dem privaten Käufer die Nachbesserung verweigern, wenn diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sind. Der private Käufer kann den Kaufpreis dann mindern oder bei einem erheblichen Mangel vom Vertrag zurücktreten.

4. Beweislastumkehr

Nach den neuen gesetzlichen Regelungen gilt bei der Frage, wer das Vorliegen des Mangels beweisen muss, Folgendes: Tritt ein Mangel innerhalb des ersten Jahres nach dem Kauf auf, so wird vermutet, dass der Mangel schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag. Die bisherige Frist von sechs Monaten wurde damit verdoppelt. Die Rechte des Käufers werden damit erheblich gestärkt. Daher muss der Verkäufer im ersten Jahr nach dem Kauf beweisen, dass das Fahrzeug bei Übergabe mangelfrei war. Nach dieser Zeit muss der Käufer beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.

5. Rücktritt

Nach dem alten Recht musste der Käufer dem gewerblichen Verkäufer im Falle eines Sachmangels eine angemessene Frist zur Nacherfüllung einräumen, um nach deren erfolglosem Ablauf vom Kaufvertrag zurücktreten zu können. Für ab dem 1.1.2022 geschlossene Verträge reicht es aus, wenn der Käufer den Händler nachweisbar über die Mängel informiert. Der Händler muss diese dann innerhalb einer angemessenen Frist beheben. Kommt er dem nicht nach oder schlägt die Nacherfüllung fehl (nach zwei Nachbesserungsversuchen), kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.

6. Verjährung

Die gesetzlichen Sachmängelansprüche verjähren beim Kauf eines Neuwagens in zwei Jahren ab Übergabe des Autos. Wird im Rahmen der Sachmängelhaftung nacherfüllt, beginnt – allerdings nur in Bezug auf den beseitigten Mangel – die zweijährige Sachmängelhaftung erneut zu laufen. Voraussetzung ist, dass der Verkäufer den Mangel anerkannt hat.

Darüber hinaus gilt bei Verträgen, die ab 1.1.2022 zwischen Unternehmer und Privatperson geschlossen werden Folgendes:

Tritt ein Mangel zum Beispiel wenige Tage vor Ablauf der zwei Jahre auf (und kann nicht mehr innerhalb der gesetzlichen Zeit der Sachmängelhaftung repariert werden), haftet der Händler ab dem Zeitpunkt, in dem der Mangel auftrat, für vier Monate. Das gilt auch dann, wenn die zwei Jahre schon abgelaufen sind.

Nach altem Recht konnte die Verjährung für Gewährleistungsansprüche für gebrauchte Fahrzeuge auf ein Jahr verkürzt werden. Dies ist nach neuem Recht zwar immer noch möglich, aber nur unter erschwerten Bedingungen für den Händler. Die Verkürzung kann nämlich nicht mehr durch AGB erfolgen. Auch genügt eine hervorgehobene Formulierung im Kaufvertrag nicht mehr.

Nach den neuen Regelungen ist der private Käufer vor Vertragsschluss eigens (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument) von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis zu setzen. Zudem muss die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden (§ 476 Abs. 2 S. 2 BGB).


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