Bank muss auf mögliche Schließung eines Fonds hinweisen

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OLG Frankfurt zur Hinweispflicht bei offenen Immobilienfonds

Seit 2009 haben viele der offenen Immobilienfonds zumindest zeitweise die Rücknahme der Anteilsscheine ausgesetzt. Die großen Fonds werden zwischenzeitlich auch nahezu alle liquidiert, weil nach Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist von 2 Jahren keine Besserung der Marktsituation festzustellen war. Viele Anleger fragen sich nun, ob sie gegenüber ihrer Hausbank Schadenersatzansprüche geltend machen können, um so ihre angelegten Gelder zurückzuerlangen.

Hierbei stellen sich im Prinzip zwei Fragen:

Die meisten Fälle „lösen" sich aus juristischer Sicht schon über die Verjährung, denn bis zum 04.08.2009 war (noch) der § 37a WpHG a.F. in Kraft, der für Schadenersatzansprüche aus Falschberatungen beim Erwerb von Wertpapieren eine absolute Verjährungsfrist von 3 Jahren ab Kauf vorsah. Zwar hatte die Rechtsprechung in der Vergangenheit schon entschieden, dass die kurze Verjährung von 3 Jahren nur auf fahrlässige Falschberatungen Anwendung findet. Der Anleger musste jedoch, wenn der Kauf vor dem 05.08.2009 stattfand, bei Erhebung der Verjährungseinrede den Vorsatz der Bank beweisen, was zum einen denkbar ist, wenn der konkrete Berater den Kunden bewusst und zielgerichtet falsch berät. Zum anderen ist auch möglich, dass die Leitungsebenen eines Instituts ihre eigenen Mitarbeiter nur unzureichend informieren, so dass ein Organisationsverschulden festgestellt werden kann. Beides kann zwar auch durch Indizienbeweis nachgewiesen werden, jedoch birgt die Beweislast für sich die Gefahr, allein wegen der Verjährung den Prozess zu verlieren.

Hinzu kam in der Vergangenheit noch die Ungewissheit, dass niemand einschätzen konnte, ob eine Bank überhaupt auf die Regelung des § 81 InvG, nach der die Rücknahme der Anteilsscheine ausgesetzt werden kann, hinweisen muss, und ab wann ggf. eine solche Pflicht bestand. Denn jedenfalls in der Vergangenheit war die Regelung selten bis nie zur Anwendung gekommen. Eine erste Entscheidung des LG Frankfurt half hier nicht weiter, da das Gericht in der Situation, dass der Kunde ausdrücklich erklärt hatte, jederzeit über das investierte Geld verfügen zu müssen, eine Aufklärungspflicht bejahte, wenn die Rücknahme der Anteilsscheine an dem verkauften Fonds zuvor bereits einmal ausgesetzt worden ist. Diese Sondersituation für Käufe ab Ende 2009/Anfang 2010 traf aber auf die Mehrzahl der Anleger nicht zu.

Das OLG Dresden hatte sich in seinem Urteil vom 15.11.2012 (8 U 512/12) noch dahingehend positioniert, dass jedenfalls im März 2008 die Beteiligung an einem offenen Immobilienfonds als sichere Wertanlage beworben und verkauft werden durfte.

Das OLG Frankfurt hat nun in seinem Urteil vom 13.02.2013 (9 U 131/11) die Möglichkeit genutzt, seine hiervon abweichende Ansicht niederzulegen.

Sachverhalt

Die Klägerin des Verfahrens hatte im Juli 2008 auf Beratung der beklagten Bank Anteilsscheine an einem offenen Immobilienfonds erworben. Sie ist dabei nicht ausdrücklich über die Möglichkeit aufgeklärt worden, dass die Rücknahme der Anteilsscheine ausgesetzt werden kann. Allerdings war ihr unstreitig ein ¾ Jahr vor dem Erwerb eine Broschüre „Basisinformationen zur Wertpapiervermögensanlage" überreicht worden, in der sich Ausführungen zu dieser Möglichkeit finden. Außerdem wird auf das Risiko auch in einer Werbebroschüre für den Fonds hingewiesen, die die Klägerin allerdings nach den gerichtlichen Feststellungen erst nach dem Erwerb erhielt.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt hat der Klage stattgegeben und die Bank wurde verurteilt, der Klägerin den Anlagebetrag unter Anrechnung der zwischenzeitlich erhaltenen Ausschüttungen Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere zu zahlen.

Der Senat hat dabei dogmatisch sehr sauber ausgeführt, dass es schon zur Erläuterung der Funktionsweise der Anlage in einem offenen Investmentfonds gehört, über die Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme aufzuklären. Denn es handele sich hierbei unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit um eine wesentliche Eigenschaft der Anlage, auf die auch dann hinzuweisen ist, wenn z.B. eine langfristige Anlage nachgefragt wird, weil sich das „Risiko" auch am Ende der Investitionsphase realisieren könne. Nach dieser Lesart handelt es sich somit um eine Frage der anlagegerechten Beratung.

Diese Einordnung führt dazu, dass die Aufklärungspflicht nicht daran hängt, dass von dem § 81 InvG ein konkretes Risiko ausgeht. Es ist somit irrelevant, ob die Möglichkeit bereits in der Vergangenheit in Anspruch genommen wurde oder nicht, sondern es hat nach Ansicht des OLG Frankfurt immer schon eine Hinweispflicht gegeben.

Deutlich wird durch die Entscheidung aber auch, dass der § 81 InvG eine Anlage in einem Investmentfonds nicht automatisch zu einer risikohaften Anlageform macht. Es ist also kein Widerspruch, dass die Anlage auch 2008 noch als sicher beworben werden konnte.

Interessant ist auch ein obiter dictum der Entscheidung, nach der die Subprimekrise im Sommer 2008 als gerichtsbekannt angesehen wurde.

Im zu entscheidenden Sachverhalt sah das Gericht eine Aufklärungspflichtverletzung als gegeben an. Die Risikohinweise in der Werbebroschüre konnte die unterlassene Aufklärung schon nicht heilen, weil sie erst nach dem Kaufentschluss übergeben wurde. Die Basisinformationen wiederum waren in keinem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der Anlage überreicht worden, so dass die Bank über die Risiken gesondert hätte aufklären müssen.

Das OLG hat gegen die Entscheidung die Revision zugelassen. Es ist somit abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof in der Angelegenheit noch Stellung nehmen kann.

Fazit

Die Entscheidung überrascht und es wird abzuwarten sein, ob der BGH noch Stellung nehmen wird.

Juristisch ist das Urteil jedoch gut nachvollziehbar. Dadurch, dass das OLG die Frage der Aufklärungspflicht von der anlagergerechten Beratung abkoppelt - also der Frage, ob die konkrete Anlage für den konkreten Anleger zu risikobehaftet ist - geraten auch eine Vielzahl von Fragen, die bislang die Diskussion in Fachkreisen beherrscht haben, etwas in den Hintergrund.

Sollte sich die Ansicht aber durchsetzen, werden viele Anleger, die zwischenzeitlich in andere Investmentfonds wie z.B. Dachfonds etc. umgeschichtet haben, ihrerseits Schadenersatzansprüche geltend machen können. Fraglich ist nur, ob der jeweilige Kunde von der Möglichkeit, einen offenen Fonds „zu schließen" Kenntnis hatte.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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