BAG: Arbeitsunfähigkeit nach Kündigung

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Arbeitgebern ist das Prozedere geläufig: Kaum ist ein Arbeitsverhältnis gekündigt - egal ob vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber - erhält er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die alleine oder mit Folgebescheinigungen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauern wird. Folge davon ist, dass er a) nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz das Arbeitsentgelt ungekürzt für mindestens 42 Tage zu zahlen hat, b) dass etwaige verbleibende Urlaubstage selbst bei einer Freistellung nicht verrechnet werden können und daher auszugleichen sind und c) dass eine ordentliche Übergabe des Arbeitsplatzes nicht erfolgen kann. 

Jahrzehntelang wurde diese Praxis von den Arbeitsgerichten akzeptiert, indem sie in der AU-Bescheinigung ein hinreichendes Indiz für die Arbeitsunfähigkeit sahen und dem Arbeitgeber auferlegten, darzulegen und nachzuweisen, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Das gelang nur in Ausnahmefällen. 

In den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung hierzu jedoch geändert. Schon im Jahr 2021 hat das BAG entschieden, dass der Beweiswert einer AU-Bescheinigung nicht ausreichen kann, wenn Beginn und Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit mit dem Zeitpunkt der Kündigungserklärung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses zusammenfallen. 

Seitdem stellt sich die Frage, in welchen Konstellationen noch Zweifel begründet sein können. 

Das BAG hat sich nun mit der Konstellation zu befassen, dass nicht nur die eine AU-Bescheinigung ausgestellt wurde, sondern dass mehrere Folgebescheinigungen erteilt wurden, die insgesamt passgenau die Kündigungsfrist abbildeten. Außerdem hat der Arbeitnehmer unmittelbar nach dem Ende der AU seine neue Tätigkeit angetreten. 

 Das BAG hat in seinem  Urteil vom 13.12.2023 – 5 AZR 137/23 entschieden, dass in dieser Konstellation der Beweiswert der (Folge-)Bescheinigungen erschüttert sein kann (Quelle: Pressemitteilung des BAG 45/23 vom 13.12.2023). 

Der Arbeitnehmer trägt in diesem Fall die volle Darlegungs- und Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit, die Voraussetzung für die Zahlung des Gehalts nach dem Entgeltfortzahlungsgesetzes ist. 

Es wird abzuwarten sein, wie sich diese neue Rechtsprechung des BAG weiter entwickelt. 

Foto(s): ©Adobe Stock/Pixel-Shot

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