Baumangel löst Untersuchungs- und Mitteilungspflicht aus! Sekundärhaftung!

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Der Fall

Im Jahr 1998 beauftragte der Bauherr den Architekten mit der Planung und Überwachung (HOAI-Leistungsphasen 1 bis 8) der Errichtung eines Bürogebäudes. Nach Inbetriebnahme des Gebäudes am 13. September 1999 wurde am 6. Juni 2000 die Schlussrechnung des Architekten beglichen. Im März 2002 wurde eindringende Feuchtigkeit an einem Dachflächenfenster festgestellt, was der Bauherr gegenüber dem Architekten am 7. März 2002 schriftlich gerügt hat. Dieser veranlasste die Nacherfüllung durch den Dachdecker. Dennoch traten später weitere Undichtigkeiten im Bereich der Dachflächenfenster auf. Mit Klage vom 23. November 2011 forderte der Bauherr vom Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern Schadenersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten; der Architekt hat sich mit der Einrede der Verjährung verteidigt.

Die Entscheidung

Die Beweisaufnahme hat bestätigt, dass die Undichtigkeiten auf einem Planungs-, zumindest aber auf einem Überwachungsfehler des Architekten beruhen; dieser haftet damit grundsätzlich für den entstandenen Schaden.

Das Gericht lässt die Verjährungseinrede des Architekten nicht durchgreifen: Zwar hätte die fünfjährige Verjährungsfrist mit der Bezahlung der Schlussrechnung (als konkludente Abnahme) am 5. Juni 2000 begonnen und wäre am 6. Juni 2005 abgelaufen. Allerdings kann sich der Architekt nach den Grundsätzen der Sekundärhaftung nicht auf eine Einrede der Verjährung berufen: Er hätte nach Kenntnis von den Wassereinbrüchen im Jahr 2002 deren Ursache untersuchen und den Bauherrn darauf hinweisen müssen, dass hierfür auch seine eigenen Versäumnisse verantwortlich sind; der Bauherr hätte dann gegen den Architekten verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen können. Der „Sekundäranspruch“ unterliegt der regelmäßigen Verjährung, die mit der Verletzung der Untersuchungs- und Hinweispflicht begann, womit frühestens seit dem Jahr 2002 die 10-jährige Verjährung des § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB lief. Erst durch ein Gutachten aus dem Jahr 2011 hatte der Bauherr von der Verantwortlichkeit des Architekten Kenntnis erlangt, sodass die dreijährige Verjährung des § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst ab Ende des Jahres 2011 gelaufen wäre; damit war der Anspruch bei Klageerhebung nicht verjährt. Die beim BGH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen.

(OLG Celle, Urteil vom 5. März 2015 – Az.: 6 U 101/14; BGH, Beschluss vom 30. Juli 2015 – Az.: VII ZR 57/15)

Anmerkung

In Anbetracht dieser Rechtslage ist einem Bauherrn auch bei Nichtbeauftragung der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) dringend anzuraten, einen Architekten über nach Fertigstellung der Baumaßnahme aufgetretene Mängelsymptome zu unterrichten.



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