Bausummenüberschreitung – das sollten Sie beachten!

  • 3 Minuten Lesezeit

Wer heutzutage bauen möchte, braucht zweierlei: Einen gut durchdachten Projektplan und Kostensicherheit. Abschreckende Beispiele, wie es nicht laufen sollte, wie z. B. das Verkehrs- und Städtebauprojekt zur Neuordnung des Eisenbahnknotens „Stuttgart 21“, zeigt uns die Öffentlichkeit zur Genüge. Das lässt sich auch auf den Privatverbraucher übertragen. Fehlerhafte oder verspätete Baukostenermittlungen können für den kleinen Mann weitreichende Folgen haben. Die Finanzierungsmöglichkeiten müssen bereits im Vorfeld mit den Baukosten abgestimmt werden. Das OLG Schleswig hat am 22.03.2018 entschieden, dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen, ehe ein Architekt wegen einer Baukostenüberschreitung in Regress genommen werden kann.

In vorliegendem Fall erlangten die Kläger das Erbbaurecht an einem Baugrundstück und eine Bestandsimmobilie. Sie beauftragten einen Architekten (Beklagter) für die Planung der Gebäudesanierung. Für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen gaben sie eine Obergrenze von € 100.000 aus Eigen- und Fremdmitteln vor. Der Beklagte ermittelte Kosten knapp unterhalb des vorgegebenen Finanzrahmens. Die tatsächlich zu erwartenden Kosten für die Umbaumaßnahmen hätten sich nach Berechnung des Beklagten auf rund das Doppelte belaufen. Die Kläger behaupten, vom Architekten nicht hinreichend beraten worden zu sein. Unter diesen Umständen hätte sie die Umbaumaßnahmen nicht in Auftrag gegeben. Beide Parteien hatten lediglich die Leistungen mündlich vereinbart, nicht aber konkrete Ausbaustandards. Das OLG sieht die Kostenermittlung des Architekten lediglich als Grobkostenschätzung an. Gleichzeitig bleibt jedoch unklar, welcher Ausbaustandard vereinbart wurde.

Aufgrund fehlender Beweise müssen der Mindeststandard und die Einhaltung der bestehenden Gesetzeslage herangezogen werden.

  • Es dürfen keine die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Sachverhalte vorliegen.
  • Standsicherheit und Brandschutzvorgaben müssen erfüllt sein
  • Hygienisch einwandfreier Ausbau der Wohnverhältnisse

Das OLG geht davon aus, dass dem Kläger die Risiken des Bauvorhabens bereits im Vorfeld hätten klar sein müssen. Es lässt sich darüber streiten, ob der baufachliche Laie die erforderlichen Baumaßnahmen sinnvoll absehen und einschätzen kann. Zudem stellt das OLG aufgrund der kurzen Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags infrage, dass der Kläger bei Kenntnis der tatsächlichen Kosten sein Bauvorhaben tatsächlich abgebrochen hätte. Gleichwohl kann dem Bauherrn nicht unterstellt werden, dass er bei rechtzeitiger Information über die Höhe der tatsächlichen Baukosten sein Bauvorhaben dennoch realisiert hätte. Die Entscheidung des OLG zeigt die Probleme bei der Baukostenüberschreitung auf.

Das sollten Sie bei Vertragsabschluss beachten

Für ab dem 01. Januar 2018 abgeschlossene Architektenverträge gilt, dass der Architekt den Bauherrn rechtzeitig und fortlaufend über die Höhe der tatsächlichen Kosten informieren muss. Übermittelt der Architekt die Informationen über die tatsächliche Höhe der Baukosten nicht korrekt oder verspätet, dann kann der Bauherr den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. Nachträglich ermittelte Honoraransprüche, welche den vertraglich vereinbarten Preisrahmen übersteigen, dürfen nicht angerechnet werden. Hält der Architekt die vereinbarte Baukostenobergrenze nicht ein, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, so liegt ein Mangel seines Werkes vor (§§ 634 und 636 BGB). Wenn der Bauherr nicht von vorneherein auf seine begrenzten Mittel hinweist, sollten Vereinbarungen über eine Baukostenobergrenze einen Toleranzrahmen enthalten.

Aber Vorsicht: Nachträglich berücksichtigte Sonderwünsche vonseiten des Bauherrn, die zu einer Überschreitung der vereinbarten Bausumme führen, sind von dieser Regelung ausgenommen und entbinden den Architekten von der Preisbindungspflicht.

Konsequenzen bei Überschreitung der Baukostenobergrenze

Übersteigen die Baukosten trotz vereinbarter Obergrenze und Toleranz die vertraglich ermittelte Höhe, ist zu prüfen, ob dem Bauherrn dadurch ein kausaler Schaden entstanden ist.

Führen die erhöhten Baukosten zu einer Wertsteigerung des Objektes, dann ist dem Bauherrn kein Schaden entstanden. Allerdings können sich in solch einem Fall die Finanzierungskosten erhöhen, für welche der Bauherr Schadensersatz geltend machen kann. Voraussetzung dafür ist, dass sich der Bauherr bei ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Beratung durch den Architekten über die Änderung der Baukosten von dem Bauvorhaben oder zumindest von den Zusatzkosten auslösenden Maßnahmen distanziert hätte. Hier ist der Bauherr im Streitfall in der Beweispflicht.

Rechtsanwälte Streich & Kollegen

Herr Rechtsanwalt Finn Streich


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Finn Streich